Jean de La Fontaine, zum 400. ......

Protokoll zum Thema Literatur

von  eiskimo

Er kam am 8. Juli 1621 zur Welt, also heute genau vor 400 Jahren. Und aus ihm wurde ein ganz Großer!
Was er literarisch geschaffen hat, das müssen nach wie vor Millionen von Schulkindern auswendig lernen, nicht nur in seinem Heimatland Frankreich, sondern auf der ganz Welt. „Müssen“  ist sicherlich das falsche Wort, denn die Kinder haben mit den Versen dieses Autors ihren Spaß. Dies schon, weil sie sich perfekt reimen und .. weil sie Tiere lebendig werden lassen. Fuchs und Rabe, um nur einmal zwei zu nennen...
Klar, wir reden hier von Jean de La Fontaine, diesem großen französischen Poeten, der als junger Autor zunächst mit seinen „Contes“  in den Pariser Salons unterwegs war, geistreich und scharfzüngig: Erst später widmete er sich den Fabeln. Von denen verfasste er nicht weniger als 243 – viele davon nach antiken Vorlagen eines Äsop oder Phädrus, viele davon auch heute noch „Klassiker“ in unseren Schulbüchern, viele davon immer noch höchst lesenswert und aktuell.  Im Jahre 1684 wurde Jean de La Fontaine in die Académie Francaise berufen, elf Jahre vor seinem Tod.
Zu Lebzeiten La Fontaines stand  Frankreich unter Ludwig XIV. („der Staat, das bin ich“)  an der Spitze Europas, militärisch wie kulturell. Was die französische Literatur anbetrifft, da war das 17. Jahrhundert geprägt von einer Art Glaubenskrieg zwischen „Anciens et Modernes“ - Tradition gegen Fortschritt.  Es überrascht nicht, dass La Fontaine dabei vehement die Partei der „Anciens“ ergriff. Mit ihnen wollte er kämpferisch am Altbewährten festhalten und hielt als Gradmesser für literischer Qualität die klassischern Vorbilder der griechischen und römischen Antike hoch. An seiner Seite fanden sich ein Racine, Boileau, La Bruyère oder Fenelon wieder.
Die  Position dieser „Anciens“ war nicht ganz einfach, weil die „Modernes“, angeführt von Charles Perrault,  mit reichlich Opportunismus ihrem absolutistischen Sonnenkönig in Versailles  huldigten. Ihre These: Weil dessen Regierungszeit dank seiner politischen und religiösen Perfektion allen anderen Epochen überlegen sei, müsse auch die unter seiner „Sonne“ entstandene Literatur alles Vorausgegangene überragen.
Am Hof Ludwigs XIV.  hörte man das gern und honorierte die „Modernes“  mit allerlei Privilegien. Was man heute, vier Jahrhunderte später, sieht: Der Qualität und Relevanz eines Jean de La Fontaine konnte das keinen Abbruch tun.
Liest man im Jahre 2021 zum Beispiel „Der Wolf und das Lamm“, bekommt man höchst einprägsam und in eleganten Worten eine Lektion in tagesfrischer Machtpolitik serviert. Der Wolf  unterstellt dem Lamm völlig abwegige „Provokationen“, um pro forma zu legitimieren, dass er es dann frisst. „La raison du plus fort est toujours la meilleure-“ erkennt am Ende La Fontaine sehr ironisch: dass nämlich stets der Brutalere auch die „besseren“ Argumente präsentiert. Hatte das Lamm seine Heimat zuletzt auf der Krim?
Die Finesse und Leichtigkeit, mit der Jean de La Fontaine die menschlichen Schwächen aufgespießt und zur Schau gestellt hat, sind unübertroffen. Menschenkenntnis in Reimform. Wahrscheinlich ist er damit moderner, als es die „Modernes“ seiner Zeit je sein konnten.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (08.07.21)
Und ist in Frankreich nun großes Jean de La Fontaine-Jubiläumsjahr? Mit allem Pipapo?

 eiskimo meinte dazu am 08.07.21:
Mais oui! Seine Geburtsstadt Château-Thierry (Aisne) hat 230 Veranstaltungen im Visier, die landes- und weltweit stattfinden, siehe muséejeandelafontaine.fr
Ich habe noch einmal ausgiebig in seinen Fabeln gestöbert: Kann Die pestkranken Tiere, Der Hirsch am Wasser und Die Henne mit den goldenen Eiern empfehlen.
Übrigens: Übermorgen wäre Marcel Proust mit seinem 150. dran. Da werde ich mich nicht zu äußern, von wegen Verlorene Zeit...
salut
Eiskimo

 AZU20 (08.07.21)
Ja, den muss man auch als Deutscher gelesen haben. LG
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