Epochentypische Gedichte. Uwe Timm: Lob der Idylle
Interpretation zum Thema Betrachtung
von EkkehartMittelberg
Kommentare zu diesem Text
klausKuckuck (71)
(09.07.21)
(09.07.21)
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Merci, Klaus, ich vermute, dass Timms "Lob der Idylle" trotz "Milchpfennig" und "Kohlenhobel" als Klassiker moderner politischer Lyrik weiterhin Leser finden wird.
LG
Ekki
LG
Ekki
Eine feine Analyse, die - ohne Überanstrengung des Leserss - die Mikrostruktur bei Timm aufhellt. Wow.
Nebenbei:
Ohne Brechtsche Hammerdialektik und vielleicht auf eine raffinierte Art ambivalent: Den Hedonismus preisend, ohne ihn allzu politisch zu demontieren/disqualifizieren: Robert Gernhardt.
Und weiter für Lyrikaficionados:
GOTTFRIED BENN
Was schlimm ist
Wenn man kein Englisch kann,
von einem guten englischen Kriminalroman zu hören,
der nicht ins Deutsche übersetzt ist.
Bei Hitze ein Bier sehn,
das man nicht bezahlen kann.
Einen neuen Gedanken haben,
den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann,
wie es die Professoren tun.
Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören
und sich sagen, daß sie das immer tun.
Sehr schlimm: eingeladen sein,
wenn zu Hause die Räume stiller,
der Café besser
und keine Unterhaltung nötig ist.
Am schlimmsten:
nicht im Sommer sterben,
wenn alles hell ist
und die Erde für Spaten leicht.
Nebenbei:
Ohne Brechtsche Hammerdialektik und vielleicht auf eine raffinierte Art ambivalent: Den Hedonismus preisend, ohne ihn allzu politisch zu demontieren/disqualifizieren: Robert Gernhardt.
Schön, schöner, am schönsten
Schön ist es, Champagner bis zum Anschlag zu trinken
und dabei den süßen Mädels zuzuwinken: Das ist schön.
Schöner ist es, andere Menschen davor zu bewahren, allzusehr auf weltliche Werte abzufahren: Das ist schöner.
Noch schöner ist es, speziell der Jugend aller Rassen eine Ahnung von geistigen Gütern zukommen zu lassen: Das ist noch schöner.
Am schönsten ist es, mit so geretteten süßen Geschöpfen einige gute Flaschen Schampus zu köpfen: Das ist am allerschönsten.
Schön ist es, Champagner bis zum Anschlag zu trinken
und dabei den süßen Mädels zuzuwinken: Das ist schön.
Schöner ist es, andere Menschen davor zu bewahren, allzusehr auf weltliche Werte abzufahren: Das ist schöner.
Noch schöner ist es, speziell der Jugend aller Rassen eine Ahnung von geistigen Gütern zukommen zu lassen: Das ist noch schöner.
Am schönsten ist es, mit so geretteten süßen Geschöpfen einige gute Flaschen Schampus zu köpfen: Das ist am allerschönsten.
Und weiter für Lyrikaficionados:
GOTTFRIED BENN
Was schlimm ist
Wenn man kein Englisch kann,
von einem guten englischen Kriminalroman zu hören,
der nicht ins Deutsche übersetzt ist.
Bei Hitze ein Bier sehn,
das man nicht bezahlen kann.
Einen neuen Gedanken haben,
den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann,
wie es die Professoren tun.
Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören
und sich sagen, daß sie das immer tun.
Sehr schlimm: eingeladen sein,
wenn zu Hause die Räume stiller,
der Café besser
und keine Unterhaltung nötig ist.
Am schlimmsten:
nicht im Sommer sterben,
wenn alles hell ist
und die Erde für Spaten leicht.
Kommentar geändert am 09.07.2021 um 10:02 Uhr
Hallo Willibald,
ich bin immer wieder aufs Neue verblüfft, welch geistreiche Bezüge du in deinen Kommentaren dank deiner profunden Belesenheit herstellst. Grazie
Ekki
ich bin immer wieder aufs Neue verblüfft, welch geistreiche Bezüge du in deinen Kommentaren dank deiner profunden Belesenheit herstellst. Grazie
Ekki
Uwe Timm hat mal APO-Gedichte geschrieben? Der Autor von "Heißer Sommer", "Kerbels Flucht", "Johannisnacht" (sehr lustig!) und " Die Entdeckung der Currywurst" ??? Lese gerade "Am Beispiel meines Bruders".
Hast du den Anfang meiner Interpretation aufmerksam gelesen? Uwe Timm gehört zu den wichtigsten Autoren der 68er Generation. Er hebt sich wohltuend von der Tendenzliteratur der APO ab, obwohl er mit der Bewegung sympathisierte.
Jugendsünden...
Schön, dass Du an Uwe Tim erinnerst. LG
Merci, Armin, ich denke auch, dass er es verdient hat.
LG
Ekki
LG
Ekki
Hallo Ekki,
das nenn ich gelungen!
Keine aufdringliche Besserwisserei und ohne sauertöpfische Anklage, dafür am Beginn jeder Strophe heile Welt, die zum Ende, mit leichter Hand konterkariert wird.
Die beruhigend Gedanke am Schluss ist von zeitloser Gültigkeit
Herzliche Grüße
TT
das nenn ich gelungen!
Keine aufdringliche Besserwisserei und ohne sauertöpfische Anklage, dafür am Beginn jeder Strophe heile Welt, die zum Ende, mit leichter Hand konterkariert wird.
Die beruhigend Gedanke am Schluss ist von zeitloser Gültigkeit
Herzliche Grüße
TT
Kommentar geändert am 09.07.2021 um 13:12 Uhr
Gracias,Tasso,
ich hoffe, dass es immer wieder Menschen geben wird, die den Schönheitsgenuss satter Ausbeuter stören.
Herzliche Grüße
Ekki
ich hoffe, dass es immer wieder Menschen geben wird, die den Schönheitsgenuss satter Ausbeuter stören.
Herzliche Grüße
Ekki
Hallo EkkehardMittelberg, ein gut gefülltes Konto macht frei für die ästhetische Betrachtung der Welt, und nicht nur dafür, auch für die ästhetische Verarbeitung der Welt in Kunst und Literatur, sprich für's Kreative. Und dafür muss man gar kein Ausbeuter sein, sondern kann eine behagliche Pension beziehen! Vielen Dank für die Erinnerung an diesen hintersinnigen Text! Quoth
Merci, Quoth, ich halte "hintersinnig für eine gute Charakteristik dieses Textes.
Tja, für mich ist das Prosa, da kann der Autor die Zeilen noch so raffiniert verschieben. Lyrik und Agitation, geht das zusammen? Die Antwort für mich bleibt: nein.
Danke, FRP. Da war meine Mühe wohl umsonst, aufzuzeigen, dass es in diesem Text noch andere Stilmittel als Zeilenverschiebungen gibt.
Ich grenze ihn doch gerade gegen Agitprop ab. Er ist auf jeden Fall keine billige Agitation.
Ich grenze ihn doch gerade gegen Agitprop ab. Er ist auf jeden Fall keine billige Agitation.
Das war keinesfalls gegen Dich gerichtet, Deine Ausführungen sind sehr interessant. Und trotzdem: Mit einem Gedicht hat das Werk für mich nichts gemein. Abgesehen vom Inhalt ist hier jedes Wort Prosa. "Wissend, das die Tariflöhne nicht gekündigt werden"?! Nein warte, das ist keine Prosa, das ist ein Finanzbericht. Von billiger Agitation habe ich auch nichts geschrieben, obwohl ich sehr froh bin, dass die Ho-Ho-Ho-Chi-Minh Generation überwunden ist. Aber gut, genau mit dieser Form von "Gedichten" hat mich die DDR während meiner Schulzeit zu Tode genervt. Gerade darin ist es epochentypisch. Nichts für ungut.
Aus meiner Sicht ist Politische Lyrik prinzipiell für jeden Wortschatz offen, auch für den aus Finanzberichten. Es kommt immer darauf an, was der Autor mit dem Wortschatz kritisch entlarven will.
Ich kenne Politische Lyrik aus der DDR recht gut. Meistens fehlt ihr die geistreiche Eleganz des Gedichts von Timm.
Ich kenne Politische Lyrik aus der DDR recht gut. Meistens fehlt ihr die geistreiche Eleganz des Gedichts von Timm.
in des betrachters auge liegt
die schönheit, die's zu sehen kriegt
meinte einst zumindest goethe
dem sich heut noch manche böte.
lg
henning
die schönheit, die's zu sehen kriegt
meinte einst zumindest goethe
dem sich heut noch manche böte.
lg
henning
Merci, Henning.
Manche Augen kriegen nichts Schönes zu sehen,
weil sei von Schönheit nichts verstehen.
LG
Ekki
Manche Augen kriegen nichts Schönes zu sehen,
weil sei von Schönheit nichts verstehen.
LG
Ekki