Ehe für alle

Essay zum Thema Ehe

von  Graeculus

1. Prämisse: Alles, was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, ist erlaubt.
An irgendwelche religiösen und traditionellen Tabus mag sich halten, wer will – aber in einem weltanschaulich neutralen, liberalen Staat dürfen sie nicht gesetzlich vorgeschrieben werden. Tradition ist keine Verpflichtung für alle.

2. Prämisse: Gleiches Recht für alle.
Im nächsten Schritt heißt es daher, daß alle auf diese Weise entstehenden, auf Dauer angelegten Partnerschaften rechtlich gleichgestellt werden müssen; das ist dann das Recht auf Ehe für alle. Ebenso das Recht auf Adoption und Schwangerschaft, zur Not künstlich.

Zu dem, was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, gehören freilich auch: Dreier-, Vierer-, Fünfer-Beziehungen (Polygamie); Liebesbeziehungen zwischen Geschwistern, zwischen Mutter und Sohn, Vater und Tochter, Vater und Sohn ... kurz, alle Arten inzestuöser Beziehungen unter Volljährigen.

Gemäß den Prämissen, aus denen sich das Recht auf Ehe für alle ergeben soll, kann man nun nicht mehr sagen: Inzest? Polygamie? Um Himmelswillen! Das verbietet unsere Tradition, das ist tabu! – Tradition und Tabu als Kriterien hat man ja bereits verabschiedet, als es um die Ehe gleichgeschlechtlicher Partner ging.

Auch kann man nun gegen inzestuöse Ehen nicht mehr einwenden: Daraus können behinderte Kinder hervorgehen! – Denn man hat ja schon Ehen zugestanden, aus denen überhaupt nur auf künstlichem Wege Kinder hervorgehen können; also können auch Inzest-Partner auf Kinder verzichten oder sie durch künstliche Befruchtung entstehen lassen.

Die liberal-egalitäre Vorstellung von Gerechtigkeit - nicht „Jedem das Seine“, sondern „Jedem das Gleiche“ – hat sehr weitreichende Konsequenzen, die sich am Ende völlig von jeder Tradition lösen. Jedem alles, was überhaupt möglich ist, Hauptsache gleich.

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Kommentare zu diesem Text


 Judas (22.07.21)
Ich bin mir nicht sicher wie ich diesen Text verstehen soll und das macht mir Angst.

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Auch ich bin mir nicht sicher, wie ich diesen Text (das Thema) verstehen soll - er ist eher als Frage bzw. als Vorschlag gedacht, einmal über die Konsequenzen der beiden Prämissen nachzudenken.
Da kommen viele Gedanken und Empfindungen bei mir hoch, zumal ich beiden Prämissen zustimme, mir die Konsequenzen aber fragwürdig erscheinen.
In der Logik ist das ja so, daß man auch B und C sagen muß, wenn man A gesagt hat.

Was genau macht Dir Angst daran?

 Judas antwortete darauf am 22.07.21:
Ich hab zB Angst, dass du hier Ehe von Homosexuellen mit Inzucht vergleichst und das wäre nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sondern Äpfel mit, keine Ahnung, Vulkanausbrüchen.

 Graeculus schrieb daraufhin am 22.07.21:
Emotional mag das erschreckend sein, aber für mich ergibt sich etwas derartiges aus der Kombination zweier an sich einleuchtender Maximen: "Alles, was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, ist erlaubt" und "Gleiches Recht für alle".

Wobei ein großer Teil des Schrecklichen darin liegt, daß inzestuöse Beziehungen in der Regel eben genau das nicht sind: freiwillige Beziehungen mündiger Menschen. Aber solche meine ich nicht, sondern ich habe weiter unten andere Beispiele genannt, etwa das des Geschwisterpaares, das in mehreren Instanzen darum kämpfte, für seine Liebe nicht ins Gefängnis zu müssen.

Ein berühmtes Beispiel aus der Literatur ist Thomas Manns "Wälsungenblut".

 Judas äußerte darauf am 22.07.21:
Das ist doch Blödsinn. Du kannst doch nicht gleichgeschlechtliche Ehe mit Pädophilie oder Inzucht vergleichen. Letztere sind definitiv psychische Probleme und Homosexualität ist es nicht. Das hat auch mit Tradition nicht zu tun - in einer gesunden Familie mit gesunder Eltern-Kind-Beziehung werden Geschwister oder Eltern/Kinder niemals einander heiraten wollen oder emotional verliebt sein oder was auch immer und wenn das so ist, dann läuft da was gehörig falsch. Dass da vielleicht mal 1 in 10000000000000 Fällen vielleicht was anderes passiert, zB weil die Geschwister adoptiert worden sind von verschiedenen Familien, nicht zusammen aufwuchsen und sich dann als Erwachsene kennen lernen und verlieben - das sind ja wohl Einzelfälle. Und selbst dann suchen besagte Leute dann lieber einen Psychologen auf bzw empfinden Abscheu, wenn sie feststellen, dass sie genetisch eng verwandt sind.

Das hat doch auch nichts mit Traditionen oder Liberalität zu tun. Homosexualität ist vollkommen natürlich unter Menschen, da braucht es keine Tradition. Geschwisterliebe oder Eltern-Kind-Liebe auf sexuellem Niveau ist NICHT natürlich, da ist etwas im Kopf kaputt und sollte berichtigt werden. Wenn jemand Spaß daran hat, sich selbst die Finger abzuhacken, würdest du den doch auch eher zum Arzt schicken als auf seine persönliche Freiheit zu pochen, oder?

Dass du das doch tatsächlich so siehst, finde ich ... schade. Hätte ich nicht von dir erwartet, erhlich gesagt.

 Graeculus ergänzte dazu am 22.07.21:
Eine Meinungsverschiedenheit kann ich gut aushalten, und auch, daß jemand meine Gedanken als Blödsinn bezeichnet.
Vielleicht, so denke ich mir, habe ich unrecht, vielleicht auch nicht.

Ich lasse jetzt die Pädophilie beiseite, denn da ich von freiwilligen Beziehungen mündiger Menschen ausgehe, spielt sie für mich jetzt keine Rolle.

Wie Du aber jetzt inzestuöse Beziehungen (nochmals: unter Erwachsenen) umstandslos als unnatürlich und krank ansiehst und als minimal verbreitetes Phänomen (wegen des 'natürlichen Abscheus'), das halte ich für völlig falsch. Nicht moralisch, sondern empirisch falsch.

Man hat ja lange gebraucht, um festzustellen, daß Homosexualität auch bei anderen als den menschlichen Tieren vorkommt und insofern natürlich ist.
In gleicher Weise kommt Inzest bei Tieren vor. Ich bin mir nichtmal sicher, ob Tiere überhaupt wissen, wer ihre Eltern sind.
Ich erinnere mich an das Entsetzen eines englischen Biologen aus viktorianischer Zeit, als er in der Antaktis feststellen mußte, mit wem es wie die Pinguine trieben. (Wenn ich das sagen darf: Ich hätte Dir eine solche viktorianische Einstellung nicht zugetraut.)

Man hat zwar in allen Kulturen (kann ich nicht überprüfen, glaube ich jetzt einfach) ein Inzesttabu gefunden, aber dieses Tabu (also der Kreis der tabuisierten Personen) fällt sehr unterschiedlich aus und betrifft eher die Eltern-Kind- als die Geschwisterbeziehungen.
In den Kulturen, in denen ich mich selbst gut auskenne, kenne ich sogar 'reguläre' (also offizielle) Geschwisterehen. Bei den ägyptischen Pharaonen waren sie häufig, und der zweite Ptolemäerkönig hat wegen der Ehe mit seiner Schwester sogar den Beinamen "Philadelphos" (der Geschwisterliebende) erhalten. (Beachte den tieferen Sinn in dem Städtenamen Philadelphia.

Was Sigmund Freud über Inzestneigungen als 'natürliche' Anlage (Ödipuskomplex) geschrieben hat, ist Dir natürlich bekannt - ebenso wie die Kritik daran.

Er mag sich irren, ich mag mich irren - aber um mir plausibel zu machen, daß es eine natürliche Abneigung gegen sexuelle Beziehungen zu engen Verwandten gibt, mußt Du mir schon mehr sagen, als in Deinen Äußerungen des Abscheus liegt.

Damit sage ich nichts über meine eigenen sexuellen Neigungen, denn wir reden ja hier nicht über Dich und mich als Individuen, sondern über das, was wir an Neigungen bei Menschen vorfinden.

Im Laufe vieler Jahre hat sich bei mir die Einstellung herausgebildet, daß es im Bereich der Sexualität nichts gibt, was es nicht gibt, und daß vieles weitaus häufiger vorkommt, als es unsere moralische Prägung wahrhaben möchte.

Kennst Du die Novelle von Thomas Mann? Er schildert eine solche Liebesbeziehung ganz ohne Abscheu. Das konnte man schon um 1900 herum.
Die Natur und das Natürliche sehe ich moralfrei. Moral ist keine natürliche Kategorie.

 Judas meinte dazu am 22.07.21:
Naja du greifst hier bei deinen Beispielen die ganze Zeit nach irgendwelchen Sondernfällen, Einzelfälle usw. Ja, im alten Ägypten wurde der Adel untereinander verheiratet und nicht nur da. Was dabei so rauskam, sieht man ja. Genetisch verprüppelte Kinder. Gewollt haben die das auch nicht. Waren mehr als oft Zwangsehen. Von Liebe oder Freiwilligkeit kann man da also nicht sprechen, sag ich jetzt mal.
Dein nächster Vergleich, dass Tiere Inzest betreiben, ist auch wieder etwas haarsträubend. Tiere haben Mechaniken, die das verhindern. Zum Beispiel Hierarchien, wie es bei Wölfen der Fall ist. Oder Erdmännchen. Dass nur Alphamännchen und -weibchen sich paaren, sichert, dass die Geschwister es untereinander nicht tun.
Ja, ein männlicher Hase würde alles bumsen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Deshalb haben Hasen große Reviere und deshalb werden Junghasen sehr schnell von ihren Müttern verscheucht, damit die gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen. Das sind Instinkte, die dann da greifen.
Viele "intelligentere Tiere" wissen auch um ihre Verwandtschaft. Gibt genug Geschichten von Tigermüttern und ihren Söhnen, die sich auch Jahre nach der "Aufzucht" manchmal über den Weg läufen - und sich nicht gegenseitig bespringen.
Wenn du jetzt aber Hasen in einen Stall steckst und damit ihnen die Möglichkeit wegnimmst, den Instinkten zu folgen und sich voneinander zu trennen - ja dann hökert Vater auch schon mal Tochtern. In der Natur kommt das aber eher weniger vor.
Das Inzesttabu bei Menschen mag eine bewusste, gesellschaftliche Sanktion, um die sexuelle Anziehung zwischen Verwandten zu unterdrücken. (ist sich die Wissenschaft noch nicht 100% einig - gibt auch genug Wissenschaftler, die von einer biologischen Sperre ausgeht) Mutter Natur weiß, dass da nichts Gutes bei rum kommt. Deshalb hat sich bei Tieren (Evolution und bla) Mechaniken rauskristallisiert, die das verhindern (zB Alphaverhalten) da diese Tiergruppen dann eben genetisch gesünder waren und mit ihren Mechaniken überlebt haben. Beim Menschen ist es eben eine gesellschaftliche Sanktion, die zu unserem Wohl entstanden ist - aus gutem Grund.

Ganz egal, ob man da jetzt Einzelfälle und Moral bei Inzest diskutieren will - es im selbem Atemzug mit Homosexualität zu tun, finde ich nicht nur falsch, sondern den Homosexuellen gegenüber degradierend und mehr als fragwürdig. Weil du damit nämlich ein sehr schwieriges Thema (schwierig in allen Belangen und eigentlich zu komplex und schwierig um es in einem kV Kommentar zu diskutieren) - nämlich Inzest - damit gleichsetzt. Und das ist nicht okay.

Antwort geändert am 22.07.2021 um 19:54 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Meine Informationen über Tiere sind etwas andere (ich habe den Fall der Pinguine erwähnt), und Tiere in Gefangenschaft möchte ich dabei - weil unnatürlich - ausdrücklich aus der Betrachtung ausschließen.

Wenn Du die Weisheit von Mutter Natur in Anschlag bringst, die die optimale Aussttattung der Nachkommenschaft 'im Sinn' hat (d.h. bestimmte Eigenschaften durch Fortpflanzungserfolg belohnt und andere bestraft), dann sage mir doch einmal, bitte, welchen Fortpflanzungserfolg sie 'im Sinn' hat bei homosexuellen Lebewesen.
Nein, offenbar geht die Natur nicht (nicht immer) nach diesem Kriterium vor.

Weiterhin: Ich setze Homosexualität nicht mit Inzest gleich und schon gar nicht mit der von Dir erwähnten Pädophilie, sondern ich setze sie in einem für die rechtliche Beurteilung entscheidenden Kriterium gleich mit Inzestdef., nämlich mit Beziehungen, die von mündigen Partnern freiwillig eingegangen werden. Das habe ich von vornherein mit aller Deutlichkeit gesagt, und zwar durch die erste (!) Prämisse.
Nimmt man nun als zweite Prämisse die rechtliche Gleihstellung hinzu, dann ergibt sich für mich ein Problem: Wie weit will man damit im Hinblick auf die legalisierte Ehe gehen?

Das ist doch eine verständliche Frage, oder?

Ich denke auch historisch, und ich selbst habe die folgenden Phasen erlebt:
1. Die Strafbarkeit homosexueller Beziehungen unter Männern (nicht unter Frauen). Das war Tradition, und das galt weitgehend als selbstverständlich.
2. Die eingeschränkte Legalisierung homosexueller Beziehungen unter Männern (mit einer anderen Altersbegrenzung als bei Heterosexuellen).
3. Die uneingeschränkte Legalisierung.
4. Die Möglichkeit der legalen Verpartnerung unterhalb des Ehe-Niveaus.
5. Die völlige rechtliche Gleichstellung inkl. Ehe.

Nun frage ich mich, ob das historisch bereits der letzte Schritt in der Gleichberechtigungs-Diskussion ist.

Da fällt mir sofort auf, daß die rechtlichen Argumente (Prämissen 1 & 2) auch auf etliche andere Arten von Partnerschaften zutreffen, von denen ich zwei als Beispiele genannt habe.

Auch an anderen 'Fronten' werden noch interessante Diskussionen geführt; in erinnere an Peter Singers Anti-Speziesismus und die Einführung von Menschenrechten für Menschenaffen (Bsp. Neuseeland).

Also bitte, wie weit soll das gehen? Oder glaubst Du im Ernst, daß jetzt, mit der rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen die Zeit, die Entwicklung stillsteht?

Bei allem Respekt vor Deinem Standpunkt: Diese Frage muß doch erlaubt sein!
Ich halte die weitere Entwicklung für völlig offen und nehme für mich das Recht in Anspruch, darüber nachzudenken und Nachdenken darüber vorzuschlagen.

Auf das Thema bin ich übrigens gekommen durch ein Gespräch unter Freunden am letzten Samstag. Unter ihnen befand sich ein Freund, dessen Mutter nach seiner Geburt eine eheähnliche lesbische Beziehung eingegangen ist, wodurch er einen Halbbruder aus dieser Beziehung hat. Die Diskussion war sehr lebhaft und kontrovers, kann ich Dir sagen; aber anschließend konnten wir sagen, daß genau so eine kontroverse Diskussion ablaufen soll: mit Respekt und Argumenten.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
"Diese Frage muß doch erlaubt sein!" klar und es ist erlaubt, deine Frage kacke zu finden!
Merkst du denn nicht, warum genau dein Text auf so viel Widerstand stößt?
Und wo du Pinguine erwähnst: Homosexualtät im Tierreich hat seinen nutzen. Schwule Pinguinpaare ziehen zB Jungtiere ohne Eltern groß oder kümmern sich um verstoßene Eier. Die meisten Pinguinarten ziehen nur ein Ei groß - vor allem Kaiserpinguine tun das - manchmal werden aber zwei Eier gelegt. Das zweite Ei wäre zum Tode verurteilt gewesen. Da aber schwule Pinguinpaare selbst keine Eier legen können, brüten sie verstoßene Eier aus und ziehen die Küken groß.
Also erzähl mir nichts vom Pferd, das hätte für die Fortpflanzung keinen Sinn.

Dein Text liest sich eben so:
"Wie jetzt, Schwule dürfen heiraten? Wo kommen wir denn da hin? Als nächstes dürfen dann Mutter und Sohn heiraten? Und dann Teenager und Erwachsene? Und dann darf man seinen Hund heiraten oder was?" und das stößt sauer auf.
Und wäre Inzest so "Gang und Gäbe" wie DU es darstellst, dann würden wohl an einem CSD auch tausende Töchter und Väter und Geschwister usw auf die Straße rennen und für Gleichberechtigung kämpfen, oder nicht?
Aber das tun sie nicht und warum? Weil Inzest NICHT gewöhnlich/normal (Mangel eines besseren Wortes, blabla, was ist schon normal) ist und kritisch betrachtet werden MUSS und definitiv psychologisch genausten unter die Lupe genommen werden muss! Denn ich wette mit dir (gerne um meinen Arm), dass bei 99% der Fälle von "freiwilligen" und "mündigen" Inzestbeziehungen psychologische Traumata vorliegen!

Antwort geändert am 23.07.2021 um 14:32 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Ja, der Text stößt auf viel Widerstand - aber nicht nur. Auffallend ist auch (a) die Ablehnung bei Frauen und (b) daß der offen homosexuelle toltec-head ihn empfohlen hat (mit einem Kommentar, von dem ich - wie oft bei toltec-head - nicht weiß, was ich davon halten soll).
Beachtenswert erscheint mir ferner der Kommentar von Terminator.

Natürlich darfst Du meinen Text beschissen finden - das gehört zu den Regeln.
Tabus sollte es weder in den Meinungsäußerungen noch in den Reaktionen auf solche Äußerungen geben - außer denen, die das Grundgesetz für die Meinungsäußerung festlegt.

Das Argument mit der Eierfürsorge bei homosexuellen Pinguinen gefällt mir gut. Ist es verallgemeinerbar?

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Weil Frauen in der Regel emotionaler sind?

Btw ist Jack/Terminator so ziemlich der Letzte, dessen Kommentare ich irgendwelche Gültigkeit oder Beachtung zuspreche und toltec... naja toltec halt.

Wenn du willst, kann ich den Text gerne mal meiner lesbischen besten Freundin zeigen. Ich wette, die platzt vor Begeisterung.

So intensiv hab ich mit mit Homosexualität im Tierreich nicht beschäftigt. Das mit den Pinguinen weiß ich, weil ein schwules Pinguinpaar in Bergen dafür bekannt ist, sich um verstoßene Eier zu sorgen und weil Pinguine zu meinen Lieblingstieren zählen und ich deshalb viel zu viel Wissen über sie angehäuft habe.
2014 haben Pondus und Hermann ihr erstes Ei im Bergener Aquarium adoptiert und das Küken erfolgreich groß gezogen. Ist recht süß, btw, ihr Jungtier trägt ein Regenbogenflügelband statt das normale einfarbige.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Auch Terminator und toltec-head nehme ich zunächst einmal so, wie sie schreiben. Nicht mit allem kann ich etwas anfangen, aber es ist nicht so, daß ich das a priori nicht ernst nehme.

Deiner Freundin kannst Du diesen Text gerne zeigen. Ich bin auf jede Reaktion neugierig. Daß Du ihr das nicht mit den Worten "Schau dir mal diesen Blödsinn an!" überreichen wirst, davon gehe ich aus.

So, Frauen sind in der Regel emotionaler? Das ist in manchen Bereichen sicher gut, aber nicht gut (so meine ich), wenn es sich um eine juristische Frage handelt. Juristen denken in der Regel so, daß sie sich irgendeine Norm als Gesetz vorstellen und fragen, wohin das dann - im Zweifelsfalle vor Gericht - führt. Dabei spielt der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz eine wichtige Rolle.
Die Frage, ob etwas einen sensiblen Menschen verletzen könnte, ist eher eine emotionale.

Ich kann den Text mal meiner Frau zeigen und sehen, wie sie reagiert. Bei ihr verbinden sich logisch-wissenschaftliches Denken mit Psychologie.

Pinguine sind entzückend. Und die Idee der Eierfürsorge gefällt mir. Aber verallgemeinern kann man Deine Beobachtung anscheinend nicht.
Ich wünsche, ich könnte Dir die Beobachtungen des englischen Biologen über Pinguine in der Antarktis (nicht im Zoo!) zitieren. Als moralischer Mensch war er dermaßen entsetzt über das, was er beobachtet hat, daß er seine Beobachtungen in englischer Sprache mit griechischen Buchstaben aufgeschrieben hat - eine Art Geheimschrift also. Damit wirst Du nichts anfangen können.
Die Kurzfassung würde etwa so lauten: Es gibt in der Natur alles. Nekrophilie wäre ein Beispiel.

Die Idee, die Kinder anderer aufzuziehen, könnte man selbstverständlich für verschiedene Beziehungsformen verwenden und in die Form einer Ehe/Familie gießen. Das spricht nicht gegen die Ehe für alle.

 Terminator meinte dazu am 23.07.21:
Btw ist Jack/Terminator so ziemlich der Letzte, dessen Kommentare ich irgendwelche Gültigkeit oder Beachtung zuspreche
Gut zu wissen. Ich nehme auf [das moralische Urteil über solche Leute werde ich an dieser Stelle zurückbehalten] immer noch zu viel Rücksicht, bin halt zu anständig, meine Verachtung offen zu zeigen.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Deine Verachtung respektier ich, ich verachte auch ziemlich viel und ziemlich häufig.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Und da ich Dein "Blödsinn!" respektiere, können wir die starke Emotionalität, die das Thema auslöst, doch ein wenig dämpfen und uns mehr auf Argumente konzentrieren.

Hinweisen möchte ich auf Willibalds Beitrag (ganz unten) und meine Antwort darauf, inkl. die kleine Anekdote mit der jungen Frau, die am liebsten ihren Vater geheiratet hätte.

Ich möchte dem Thema in der Literatur und im Mythos einmal nachgehen. Die ganze griechische Götterwelt, mit der ich beginnen werde, ist durchzogen von Geschwisterehen.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Mein Beispiel mit den Pinguinen in Bergen war ein Beispiel. Gibt genug Beispiele, vor allem unter Kaiserpinguinen, in der Natur. Manchmal klauen schwule Pinguine sogar Eier.
Alles dabei.

Habe kein Interesse mehr an der Diskussion hier.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Eierklauen ist ja eher eine andere Strategie. Hätte man weiter drüber nachdenken können, aber bei Desinteresse halt nicht.
Hätte gerne gewußt, wie Deine Freundin darüber denkt, aber es ist, wie es ist.

Irgendeinen biologischen Sinn müssen die verschiedenen, nicht auf Fortpflanzung angelegten sexuellen Vorlieben wohl haben, sonst gäbe es sie nicht so häufig.
Aber wie wir schon festgestellt haben, ist Sexualität nicht identisch mit stabilen Beziehungen, um die es mir hier in erster Linie geht.

 Judas meinte dazu am 24.07.21:
Ja, tut mir Leid. Ich merke einfach, dass mich das hier wütend macht und ich nicht wirklich das Interesse habe, mich jetzt hier argumentativ rein zu steigern.

Text kann ich gerne zeigen und dir ihre Reaktion übermitteln aber ich fürchte, sie wird dir nicht gefallen.

 Graeculus meinte dazu am 24.07.21:
Ach, mach Dir keine Sorgen um das, was mir gefällt. Bei einer Diskussion spielt das für mich keine Rolle - da gehören kontroverse Ansichten dazu.
Kontroversen zu akzeptieren, gehört zu einer pluralen Gesellshaft.

Daß wir nicht weiter gekommen sind, ist eher etwas, das ich bedauere; aber auch das ist zu akzeptieren ... man kann nicht ewig weiterdiskutieren, bis man sich einig geworden ist.

 Graeculus meinte dazu am 25.07.21:
In der biblischen Tradition - das möchte ich noch irgendwie unterbringen - stellt sich das Problem des Inzests an zwei Stellen:
- bei den Kindern Adams und Evas (Kain, Abel, Seth - Töchter werden bemerkenswerterweise nicht erwähnt);
- bei Noah und seiner Nachkommenschaft.

Wenn ich es recht verstehe, will dieser Mythos (!) sagen, daß wir alle von inzestuösen Beziehungen abstammen.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Text kann ich gerne zeigen und dir ihre Reaktion übermitteln
Kommt da noch was?

 Judas meinte dazu am 04.08.21:
Sorry hatte da dieses Ding namens "real life" das mir in den Weg kam und mich doch glatt diesen schrecklichen Text vergessen lassen hatte...

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Nun, ich hatte mich auf Deine Zusage verlassen und habe deshalb nachgefragt.
Falls Du Deiner Freundin meinen Text in demselben sarkastischen Tonfall vorlegst und damit deutlich machst, welche Antwort Du von ihr erwartest, dürfte das Ergebnis für mich wenig informativ sein.

 Judas meinte dazu am 04.08.21:
Ich hab ihr den Text ohne Kommentar vorgelegt und einfach nur gesagt, sie soll's mal Lesen und mir sagen, was sie dazu denkt. Hier ihre Reaktion, Wort für Wort und unzensiert.
"erst dachte ich so, joar ist doch korrekt und dann fängt er mit inzucht usw an. wie in den kommentaren schon richtig erkannt relativiert er hier eindeutig homosexuelle mit inzest usw.
bei der ehe für alle geht es um sexuelle ausrichtungen, inzest ist keine. polygame ehen sind, meines erachtens, auch nicht erlaubt in D und auch eine ganz andere hausnummer als die gleichschaltung von homos und heteros die ihre:n partner:in heiraten möchten. das schließt sowohl mehr-ehen aus als auch inzest, absoluter verschwörungsgedanke, hat er angst die mutanten überrollen uns oder was..."
dann weiter:
"inzest ist ein absurders produkt zufälliger liebe. das kann auch mal passieren wenn geschwister früh getrennt wurden und sich später zufälliger- als auch unbekannterweise im erwachsenenalter kennenlernen. da gab es ende der 90er oder anfang 2000er mal so einen fall in deutschland, die haben auch mehrere, teils schwerbehinderte, kinder gezeugt trotz verbot und haft für ihn und am ende zwangssterilisation weil die sich so hart geliebt haben und die behörden und ämter einfach nur noch schadensminimierung machen konnten.
da fällt mir auf, der punkt fehlt noch bei den gegenargumenten. das kindeswohl! das ist nämlich hart gefährdert und steht auch nochmal gegen solche hanebüchenen argumente von ihm was passieren KÖNNTE aber NIEMALS WIRD.
mein homosexuelles, cis-weibliches, intersektional feministisches wesen empfindet diesen text als homofeindlich, absurd relativierend und völlig neben der spur. wo sind seine quellen für seine dystopischen schwurbelargumente der unmöglichkeit?"
und sie fügt noch hinzu:
"bzgl. inzest, da gibt's auch noch viele fälle die aus zwang hervorgehen, bspw. jahrelanger sex. missbrauch durch familienmitglied und folgendem stockholmsyndrom, ist also auch nicht alles immer so freiwillig wie man sich das denken möchte. wie gesagt, ganz andere ebene, keine sexuelle orientierung.
polygamie ist auch ne nummer die nicht immer freiwillig geschieht. zwangs-mehr-ehen, partner:innen die eigentlich nicht "teilen" wollen aber anderenfalls diese beziehung nicht aufgeben wollen und somit unfreiwillig zurückstecken...
"
und abschließend sagt sie:
"diese relativierungen sind einfach nur gefährlich und verletzend und sprechen homosexuellen jegliche gleichberechtigung ggü. heterosexuellen ab. "ihr seid freaks und wenn wir euch das erlauben kommen noch schlimmere freaks." "
Zitat Ende.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Gut. Danke.
Spontan denke ich mir, daß sie nicht ausreichend darauf Bezug genommen hat, daß ich nur von freiwilligen Beziehungen gesprochen habe und daß das - selbstverständlich - in vielen inzestuösen und polygamen Beziehungen nicht gegeben ist und deshalb von mir auch nicht toleriert wird.
Ansonsten vertritt sie genau den Standpunkt, gegen den ich mich wende: Sie zieht eine Grenze, die mir nicht einleuchet.
Übrigens halte ich Homosexuelle nicht für Freaks.

Das sind aber nur die allerersten Gedanken.

Ich weiß nun nicht, ob es für sie von Interesse ist, daß ich 'eigentlich' (d.h. überlegt und mit etwas Abstand) darauf antworte. Das müßtest Du mir dann mitteilen. Andernfalls kann ich das im Stillen für mich tun.

Ab Freitag bin ich jedenfalls erstmal für ein paar Tage weg.

 Judas meinte dazu am 04.08.21:
Ich werd jetzt hier nicht den Kommentarüberbringer spielen. Du wolltest ihre Meinung und jetzt hast du sie.
Vielleicht, so solltest du dir überlegen, hast du den Text falsch geschrieben, wenn eine Großzahl der Leser ihn so empfindet, wie er eben empfunden wird.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Okay.

Nein, ich habe den Text nicht falsch geschrieben; ich stehe zu jedem Wort.
Die Reaktionen sind nicht großenteils (mehrheitlich) auf Deiner Seite, sondern gemischt. So soll es sein.

Beachte, falls Du magst, den gerade eingegangen Beitrag von Regina, dem ich zustimme, seine Kritik an Reaktionen wie Deiner eingeschlossen.

 Judas meinte dazu am 04.08.21:
Mach was du willst, du wolltest 'ne Meinung von meiner lesbischen Freundin, da hast du sie, jetzt leb mit dieser Meinung. Daran kannst du jetzt dran wachsen und vielleicht überdenken, was du geschrieben hast - oder du lässt es und ruhst dich hinter Kommentaren, die dir besser gefallen, aus.
*Schulterzuck*
das ist ganz allein deine Sache.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Alles bisherige Überdenken hat in den Kommentaren, also in der Diskussion stattgefunden. Das sind nicht wenige, und ich bin detailliert darauf eingegangen.
Dazu war ich auch im Falle Deiner Freundin bereit, Du jedoch nicht, also nicht als Vermittlerin.

Ich stelle mich nicht auf die Straße und skandiere Parolen. Aber ich bin nicht bereit, von irgendjemandem kritisches Nachdenken über dieses Thema für ein Tabu erklären zu lassen.
'Diskussionen' à la DDR, in denen alle einer bestimmten Meinung sein müssen, sind mir sogar ein Greuel.
Und bei Unterstellungen werde ich bockig.

 toltec-head (22.07.21)
Bist du eigentlich der Chef der Stiko und wann heiratest du deinen Hund?

 AchterZwerg meinte dazu am 22.07.21:

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Dem Thomas Mertens sehe ich in der Tat sehr ähnlich. -
Unser Hund geht seinem Lebensende entgegen - da würde ich rasch Witwer.

 Graeculus meinte dazu am 24.07.21:
Mit halbem Ernst: Hunde schließe ich aus, weil die nicht wissen, was eine Ehe ist. Eine Ehe ist ein unbefristeter Vertrag, und Tiere 'verstehen' Gewohnheiten, aber keine Verträge.

 FrankReich meinte dazu am 26.07.21:
Egal, wie mündig Hunde auch immer sein mögen, volljährig wird von denen fast keiner und definitiv handelt es sich bei dieser Spezies auch um keine menschliche. 😂😂
Stelzie (55)
(22.07.21)
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 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Liebe Kerstin,

Du bist irritiert, und auch ich bin es. Deshalb möchte ich mit meinem Text eine Frage stellen.

Zu Deinen Gedanken:

- Homosexualität unter Männern (nicht unter Frauen!) war in unserer Kultur sehr lange Zeit strafbar. (Warum nicht auch unter Frauen? Ich weiß es nicht.) Gegen die Strafbarkeit möchte ich die 1. Prämisse stellen: Was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, ist ihre Privatsache. Aber muß der Staat homosexuelle Menschen auch in jeder Hinsicht rechtlich gleichstellen? Dafür spricht Prämisse 2: der Gleichheitsgrundsatz. Aber führt der nicht zu fragwürdigen Konsequenzen?

- Polygamie (die es als 'Vielweiberei' und als 'Vielmännerei' wie auch als bunte Mischung gibt) mag oft unfreiwillig sein - aber das haben wir ja dann schon durch Prämisse 1 ausgeschlossen. Sie ist nicht immer unfreiwillig! Ich habe mal eine Afrikanerin gehört, die sie leidenschaftlich verteidigt hat, und zwar im Hinblick auf ihre Stellung als Frau: Sie und die anderen Frauen ihres Mannes könnten sich ihm gegenüber viel besser behaupten, als wenn sie ihm alleine gegenüberstünde; außerdem müsse wie so nicht immer für ihn zur Verfügung stehen. Das kann man so sehen, habe ich mir gedacht. Ist das falsch? Ist das illegitim? Sollte man das nicht ebenfalls legalisieren, sofern es freiwillig ist?

- Auch Inzest (wohlgemerkt: unter Erwachsenen) ist keineswegs immer unfreiwillig. Vor einigen Jahren gingen die gerichtlichen Klagen eines Geschwisterpaares durch die Medien, das sich gegen eine Verurteilung, also gegen die Strafbarkeit wehrte. Ein Hinweis lautete, daß es in Schweden nicht strafbar sei. Klar war, daß die beiden einander liebten.
Und dann habe ich mal ein Paar erlebt, das aus Mutter (ca. 55) und Sohn (ca. 30) bestand. Sie wohnten zusammen und teilten das Bett - was immer sie dort gemacht haben mögen. Ist das falsch, oder sollte das in jeder Hinsicht - gleiches Recht für alle - gleichgestellt werden?

- Kinder können heute auf alle möglichen Weisen zustandekommen oder verhindert werden. Das macht weder bei homosexuellen noch bei polygamen oder anderen Beziehungen einen klaren Unterschied.

- Daß Du persönlich Dir manche Arten von Beziehungen nicht vorstellen kannst, ist klar - ich mir auch nicht für mich. Aber wir halten ja an dem Prinzip der Freiwilligkeit unter mündigen Menschen fest. Und da ist vieles, eigentlich fast alles möglich. Sogar sadomasochistische Beziehungen. Die dürfen sogar jetzt schon heiraten.

- Die Gefahr für das Seelenleben muß man m.E. angehen, indem man auf dem Prinzip 1 besteht. Zwar kann man das nur in Grenzen durchsetzen, aber das gilt ja ebenso für die traditionelle Ehe, wo auch nicht alles freiwillig abläuft. Aber all diese neuen Eheformen verstoßen gegen unsere Tradition, und das läßt mich nicht gleichgültig - ohne daß ich klar wüßte, wie ich mich dazu stellen soll.

Sollte jetzt immer noch ein Durcheinander in Deinem Kopf herrschen, kann ich nur sagen, daß mir das bei diesem Thema nicht fremd ist.

Herzlichen Gruß
Wolfgang
Stelzie (55) meinte dazu am 22.07.21:
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 Judas meinte dazu am 22.07.21:
Da kommt der Haken, beim "ohne dabei jemanden Schaden zuzufügen- einschließlich sich selbst".
Schwul sein schadet weder dir noch wem anders (außer du bist irgendwo schwul, wo du dafür gesteinigt wirst) aber ich behaupte mal, dass 99,9% der Psychologen zustimmen würden, wenn man sagt, dass Pädophilie und Sex unter Verwandten 1. Grades definitiv Schaden hinterlässt - und zwar in der Psyche. Wenn nicht sogar schon Schaden dort exisitiert, damit es überhaupt erst soweit kommt.

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Könnten wir die Pädophilie da rauslassen? Ich empfinde es nicht als fair, mich mit einem Phänomen in Verbindung zu bringen, das nichts mit der freiwilligen Beziehung mündiger Menschen zu tun hat und daß ich deshalb von vornherein aus meinen Überlegungen ausgeschlossen habe.

Ich möchte mich auch nicht dem bis in die 80er Jahre hinein von Sexualwissenschaftlern (Ernst Bornemann/Ernest Borneman) vertretenen Standpunkt identifizieren, daß 'gewaltloser' Sex mit Kindern unbedenklich sei.

Interessant ist aber das von Stelzie eingeführte Kriterium, man dürfe niemandem, auch sich selbst nicht, Schaden zufügen. Auch mündige (erwachsene) Menschen dürfen das nicht?
Mal abgesehen von der Frage, ob eine Geschwisterliebe den Beteiligten wirklich Schaden zufügt, hätten wir auf dieser Basis aber bald eine sehr patrimoniale, reglementierende Gesellschaft: ohne Alkohol, ohne Tabak, ohne Fastfood, ohne (psychologisch gesehen) Sekten, vermutlich auch ohne sadomasochistische Beziehungen etc. Das ist sicher sogar noch ausbaufähig, denn darf man Menschen ohne Gott, d.h. in Sünde leben lassen, obwohl sie dann doch in die Hölle kommen?

Ich meine, wer das alles nicht will, der mag es lassen; aber kann man andere das nicht anders sehen lassen?

Über die Polygamie haben wir damit noch gar nichts gesagt. Ich glaube nicht, daß Judas jetzt behaupten wird, auch Monogamie sei natürlich.

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Grundsätzlich: Ich mag es, wenn gegensätzliche Ansichten zur Sprache kommen und diskutiert werden können - solange mit Argumenten diskutiert wird. Und das tun wir bislang.

 Judas meinte dazu am 22.07.21:
Gegen Polygamie habe ich nichts. Ich kenne polygame Pärchen. Mein Problem liegt darin, dass du hier Inzest rein schmeißt.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Gut. Polygame Ehen (freiwillig usw.!) sind also akzeptabel.

Weiter oben habe ich soeben nochmals darauf hingewiesen, daß ich nicht Inzest mit Homosexualität verglichen habe, sondern Inzestdef.: eine spezielle Version des Inzests.

Was gegen eine rechtliche Anerkennung von auf Dauer angelegten inzestuösen Beziehungen freiwilliger Art unter mündigen Partnern sprechen soll, ist mir immer noch nicht klar.
Dein biologisches Argument überzeugt mich - auch abgesehen davon, daß uns die Natur keine Normen vorgibt - nicht, und interessanterweise führt es wiederum zu einem Vergleich mit Homosexualität. Wenn der Natur an optimalem Fortpflanzungserfolg gelegen ist, dann ergibt sich daraus ja wohl nicht nur eine Frage an den Inzest, sondern auch an die Homosexualität.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Trotzdem vergleichst du hier Sexualität mit Beziehungsformen (sei es jetzt Polygamie oder Inzest) und allein das ist schon als Ansatz komplett daneben.

Edit:
"Was gegen eine rechtliche Anerkennung von auf Dauer angelegten inzestuösen Beziehungen freiwilliger Art unter mündigen Partnern sprechen soll, ist mir immer noch nicht klar." Ist dir nicht? Bist du nicht der Meinung, dass da offenbar ein psychologischer Schaden bei solchen Beziehungen vorliegt? Dass das nicht gesund sein KANN? Egal wie mündig oder augenscheinlich "freiwillig" es ist, aus einem medizinischen Standpunkt, fast nicht vorstellbar, dass diese Menschen gesund sind. Dass da kein Fall von Traumata in der Kindheit vorliegt, dass da kein Fall von psychischem Schaden vorliegt, ist nicht glaubwürdig. Geh zu einem Psychologen. Frag ihn. Und eben weil das so ist, ist dein Vergleich so pervers - denn er impliziert, dass das für Homosexualität auch gilt.

Antwort geändert am 23.07.2021 um 14:28 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Da die Ursachen dafür, warum ein Mensch homosexuell wird, meines Wissens ungeklärt sind und ich das auch für inzestuöse Beziehungen, die auf Neigungen (nicht auf Gewalt) beruhen, vermute, müßten wir dann vor der Eheschließung eine psychologische Untersuchung zur Pflicht machen?

Der Begriff "gesund" ist mir in diesem Falle völlig suspekt.

Waren die ägyptischen Pharaonen krank?

Ich neige dazu, die Entscheidungen mündiger Menschen zunächst einmal zu akzeptieren. Wenn sie es wollen, dann sollen sie es tun. Der Staat hat nicht die Aufgabe, Menschen vor sich selber und ihrem 'heiligen Willen' zu schützen. Jeder Mensch ist "der Sultan seiner selbst".

Auch bei Leopold von Sacher-Masoch, der lebenslänglich auf der Suche nach einer Frau war, der er sich dauerhaft als Sklave unterwefen konnte, bin ich mit moralischen Be- und Verurteilungen extrem zurückhaltend.

Krank ist jemand, der unter seinem eigenen Zustand leidet; und da muß man ja wohl als allererstes einmal nachfragen: Leidest du unter dem, was du bist?
Wenn Klaus Wowereit sagte: "Ich bin schwul, und das ist gut so!", dann war das für mich die entscheidende Auskunft.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Kein Mensch WIRD homosexuell. Allein von so einer Aussage solltest du dich ganz schnell verabschieden. Es gibt immer noch camps da draußen, vor allem in Amerika, in der Eltern ihre schwulen Söhne schicken, damit sie heterosexuell "gemacht" werden könnten. Ein Mensch IST homosexuell. Oder bisexuell. Oder pansexuell. Du schreibst das so, als wäre Sexualität 'ne Sache, die man erziehen oder lernen kann und das ist ganz ganz dünnes Eis, mein Freund.

Ist das so? Dass man nur krank ist, wenn man leidet? Kennst du das Stockholm Syndrom? Würdest du behaupten, jemand, der das hat, würde nicht leiden, nur weil seine Psyche zum Selbstschutz Liebe zu seinem Peiniger vortäuscht?

edit: so wie du das schreibst klingt es, als wäre heterosexuell die Norm und alles andere wären Neigungen aber das ist gefährliches Gedankengut!
"Da die Ursachen dafür, warum ein Mensch homosexuell wird" lies dir das doch mal durch, wie das klingt! Als hätten wir him Hirn ein "Standard" und das wäre auf heterosexuell aber irgendwelche Mechanismen können es auf homosexuell umstellen - stimmt nicht! So 'ne Art Norm-Mensch, oder wie?
Ganz ehrlich, ich werde gerade zu wütend beim Lesen deiner Kommentare.

Außerdem:
"Waren die ägyptischen Pharaonen krank?"
JA. Deren genetische Defekte, durch Inzucht verursacht, waren teilweise jenseits von Gut und Böse.

Antwort geändert am 23.07.2021 um 15:13 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Homosexuell werden ist von mir so gemeint wie man auch heterosexuell werden kann. Angefangen bei der Entwicklung des Embryos. Unterschiedliche Hormonausschüttungen während der Schwangerschaft sind eine Hypothese. Beziehungen zu den Eltern eine andere. Es gibt noch mehr.
Wir werden alle die, die wir dann letztlich sind.
Mit einer vorgegebenen Norm, von der man dann abweicht, hat das nichts zu tun.

Das Leiden als Kriterium für Krankheit ist das beste Kriterium, das ich kenne. Und warum soll ein Entführungsopfer mit Stockholm-Syndrom sich nicht als leidend empfinden? Das verstehe ich nicht.

Kritisch im Sinne unseres Themas wird die Sache bei Menschen, die unter ihrer Homosexualität leiden: Weininger (--> Suizid), Wittgenstein (--> jahrelange Suizidgedanken) usw.
Worin besteht dann ihre Krankheit? Rosa von Praunheim: in der Gesellschaft, in der sie leben: also nicht sie sind es, die krank sind. Offenbar kann Leiden auch eine 'natürliche/gesunde' Reaktion auf eine 'kranke' Gesellschaft sein.

Bei den ägyptischen Pharaonen bist Du nicht auf dem Stand der Forschung. Übrigens war die berühmte Kleopatra die Folge eines generationenlangen Inzests. Soweit ich weiß, verstärkt Inzest die bestehenden Veranlagungen - seien sie 'positiv' oder 'negativ'.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Gibt 'ne schöne Akte X Folge zum Thema Inzest.
"Home" im Englischen, Staffel 4, Folge 2.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Filme streamen kann ich hier auf dem Dorf nicht.
Unter den Filmen, die ich kenne, fällt mir gerade keiner mit diesem Thema ein.

 Vaga (22.07.21)
Ein mich mehrfach irritierender - als Essay deklarierter - Text. So richtig verstanden habe ich nämlich nicht, wer oder welche individuelle Verpartnerung mündiger Menschen demzufolge nun definitiv 'an den Pranger' - sprich' verurteilt - gehört.
Und im letzten Absatz sticht mir etwas ins Auge, das nach einem Einspruch verlangt! "Nur" ein Spruch?
https://www.buchenwald.de/1267/

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Ich weiß nicht, was verurteilt gehört, und ich weiß auch nicht, welchen Arten von Ehe ich zustimmen soll.

Ich gehe von den beiden Prämissen aus, denen ich zustimme, und merke dann, daß sie logisch-konsequent zu Folgen führen, von denen ich nicht weiß, was ich von ihnen halten soll.

Vielleicht kannst Du einmal sagen, welche Arten von Ehe Dir akzeptabel erscheinen, und warum.
Dürfen Polygamie und Geschwisterliebe zu einer Ehe führen? Wenn nein, warum nicht?

Die fragwürdige Konsequenz ergibt sich aus den beiden Prämissen. Deren erste halte ich für völlig klar, aber ich bemerke, daß es zur zweiten traditionell (nicht erst seit den Nazis) Alternativen gibt. Unter Gerechtigkeit kann man verstehen:
1. Jedem das Seine (z.B. Frau und Mann die Ehe, anderen eine andere Art von Partnerschaft)
2. Jedem das Gleiche (warum dann nicht auch den Polygamen etc.?)
3. Jedem die gleiche Chance (paßt das hier?)

(1) sollte man durchaus ernsthaft in Betracht ziehen, während die Nazis einen Zynismus daraus gemacht haben.

In Verbindung steht das alles noch mit der für mich sehr wichtigen Frage nach der Bedeutung von Tradition in einer Kultur. Ist es irrelevant, daß unsere (nicht jede!) Tradition unter Ehe eine Verbindung von einer Frau und einem Mann verstanden hat? Sollte man das dem Gleichheitsgrundsatz bedenkenlos opfern?

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
P.S.:
Da Dir das mit dem "Jedem das Seine" befremdlich vorkommt, möchte ich noch sagen, daß auch heute in der Bundesrepublik trotz des Artikels 3 im Grundgesetz ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.") nicht alle Menschen die gleichen Rechte haben:
- Ausländer nicht (sie haben nur die Menschen-, aber nicht die Bürgerrechte) und
- Kinder nicht (die in vielen Bereichen ihren Erziehungsberechtigten unterstehen).

Ist das nicht sogar selbstverständlich? Jedenfalls ist es so. Da gilt "Jedem das Seine": jedem seine Staatsbürgerschaft, aber nicht jedem die gleiche.

 FrankReich (22.07.21)
Wenn Du die Mündigkeit mit der Volljährigkeit gleichsetzt, wird immer noch der Vater bestraft, der seiner 14-jährigen Tochter beischläft, selbst wenn die ihn liebt, mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden ist und die notwendige Reife besitzt und sicher könnten Inzestpartner verhüten, aber beides dürfte von der tatsächlichen Mündigkeit der jeweiligen Menschen abhängen und deshalb halte ich die Idee hinter Deinem Essay, wenn ich sie denn ernst nehmen soll, auch über das Inzestproblem hinaus in absehbarer Zeit für unrealisierbar.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Ein 14jähriges Mädchen halte ich nicht für mündig. (Obwohl die Grünen und die FDP jetzt dafür sind, daß schon 14jährige ihr Geschlecht frei wählen dürfen, bis hin zum Anspruch auf Hormonbehandlungen und Operationen.)
Für Mündigkeit Volljährigkeit einzusetzen, ist eine Behelfslösung. Ich bin mir bewußt, daß auch manche Volljährige nicht mündig sind - was aber durch ein Gericht festgestellt werden kann (--> Betreuungsverhältnis).

Bitte mißverstehe die 'Idee' meines Essays nicht als Reformvorschlag. Ich sage nur: es wäre nichts weiter als konsequent, aber wollt ihr diese Konsequenz wirklich? Und wäre es nicht besser, die rechtlich-logische Konsequenz durch die Tradition zu vermitteln bzw. einzuschränken? Muß es wirklich die Ehe für alle sein - in Kenntnis der Konsequenz?

 FrankReich meinte dazu am 22.07.21:
Genau da hakt aber mein Komm ein, Du bspw. hältst eine 14-jährige für unmündig, aber das ist einfach zu pauschal und wer kann mir überhaupt garantieren, dass ein Richter, der über Mündigkeit urteilen darf, es selbst ist, bzw. stets die richtige Entscheidung trifft, vielleicht habe ich Dir ja auch die Problematik, die ich insgesamt bei diesem Thema sehe, im ersten Komm nicht begreiflich machen können, aber einmal davon abgesehen denke ich, Deine drei Fragen (für mich) schon beantwortet zu haben bevor Du sie stelltest.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Gewiß trifft ein Richter nicht immer die richtige Entscheidung - Personen, die sich zu einer Ehe entschließen, übrigens auch nicht.
Ich halte die Volljährigkeit für eine praktikable Hilfskonstruktion und Kulturen, in denen schon Vierzehnjährige (meist ja Mädchen) heiraten dürfen, für fehlgeleitet.
Richter müssen obendrein eine Ausbildung absolvieren und Prüfungen bestehen.
Die Mündigkeit kann noch in fortgeschrittenem Alter vor Gericht bezweifelt werden.
All das ist nicht perfekt (wie der Fall Britney Spears wohl zeigt), aber das Beste, was wir haben. Meine ich.

Wie hast Du denn die Fragen für Dich beantwortet? Für wen sollte die Ehe erlaubt werden?

 FrankReich meinte dazu am 26.07.21:
Auch Deine Fragen habe ich bereits in meinem Eröffnungskommentar beantwortet. 🤔

 Graeculus meinte dazu am 26.07.21:
Verstehe. D.h. wenn ich es recht verstehe, dann gibt es kein solides Kriterium für Mündigkeit. Das ist richtig. Ersatzweise - etwas Besseres habe ich nicht - plädiere ich für ein vorsichtiges Kriterium, das bei Kindern und Heranwachsenden sehr zurückhaltend ist mit dem Prädikat 'mündig'.

Für die Ehe liegt das Mindestalter ja bei 18, ausnahmsweise bei 16, wenn die Erziehungsbererchtigten zustimmen - was aber beim Inzest nicht akzeptabel ist. Daß ein Erziehungsberechtigter zugleich der Ehepartner sein soll, klingt ganz ungut.

 Terminator (22.07.21)
Das ist zu Ende gedachter Liberalismus: absolute soziale Freiheit für das Individuum (die nur dann eingeschränkt werden darf, wenn sie die Freiheit eines anderen Individuums einschränkt).

Die, die dies als Horrorvorstellung sehen, sind zu ängstlich und gewohnheitstierisch für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung. Freiheit lässt keinen Raum für ungeschriebene Verpflichtungen auf den Erhalt des Status Quo. "Lebe so, dass dein Lebensentwurf mit den Kindheitserfahrungen der Menschen zwischen 50 und 75 übereinstimmt und sie nicht zu sehr schockiert" ist eine zurückzuweisende narzisstische Anmaßung.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Darin stimme ich Dir zu. Um ein Gedankenexperiment in Sachen zu Ende gedachter Liberalismus handelt es sich.

Es ist erstaunlich, wie Menschen, die sich für die Gleichberechtigung freiwillig eingegangener Beziehungen engagieren, an einer bestimmten Stelle zurückzucken und sagen: Das gehört doch nicht dazu! Das wollen wir nicht!
Obwohl die Argumente genau die gleichen sind.

Eine solche Inkonsequenz hat, so meine ich, historisch keinen Bestand. Aber vielleicht schlägt das Pendel eher wieder zurück als weiter aus.

 Terminator meinte dazu am 23.07.21:
Manche stoßen sich daran, dass die zu Ende gedachten Konsequenzen der Ehe für alle unterschwellig als Horrorvision erscheinen, und der Text scheint ihnen dann auf der Appell-Ebene ein Ruf zum Rollback zu sein (als würdest du sagen wollen: Enweder Polygamie, Inzest, Inzucht usw. oder wie früher Ehe nur zwischen Mann und Frau).

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Die - wie Judas sagt - vor allem bei Frauen anzutreffende Emotionalität angesichts dieses Themas muß wohl eine spezielle Ursache haben.
Vielleicht ist es auch die Angst vor dem Mißbrauch, die mit dem Inzest in der Regel verbunden ist. Aber eben nicht immer ... und eher in der vertikalen als in der horizontalen Linie.

 Terminator meinte dazu am 24.07.21:
Emotionalität ist etwas sehr Schönes. Aber sie geht leider oft mit toxic femininity einher. Unter Letzterer verstehe ich eine bunte Mischung aus Cluster B, die noch unter der Diagnoseschwelle für z. B. narcissistic personality disorder liegt, aber halt knapp.

Und Männer (richtige Männer) reagieren sehr emotional auf Pädophil(i)e. Da kommen Beschützerinstinkte ins Spiel; wäre schlimmer, wenn es nicht so wäre.

 Graeculus meinte dazu am 25.07.21:
toxic femininity, das merke ich mir. Dein Begriff?

Pädophile mag wohl niemand, noch weniger als Tierquäler.

Es wäre auch eine interessante Frage, wer in den verschiedenen Kulturen moralisch an der untersten Stelle steht. Gut zu identifizieren z.B. in Dantes Inferno; bei ihm sind es die Verräter.

Aber das ist natürlich ein ganz anderes Thema. Vielleicht für später einmal.

 minze (22.07.21)
was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, ich würde hinzufügen, wenn man über Ehe spricht: und Verantwortung füreinander übernehmen wollen und zwar gleichrangig füreinander, denn diese Pflicht geht aus einer Eher hervor - das als Anspruch klingt gut. und so würde ich Ehe willkommen heißen.

ich finde, um so einen Wert kann es gehen. und aus meinem Werteverständnis heraus, müsste man aus dieser Haltung einzelne Beziehungen "bewerten" und könnte gesellschaftlich daraus auch Sicherheiten und Rechte verteilen. Das wäre gleiches Recht.

Zum Glück weiß jetzt (fast) jeder, dass homosexuelle Paare genauso frei lieben und Verantwortung füreinander übernehmen können.

Ich denke, dass man auch bei polyamoren Beziehungen das feststellen könnte - es ist vermutlich schwierig, weil oft auch Freiwilligkeit fragwürdig ist, gerade bei unterdrückten Verhältnissen von Mann-Frau - daher kann ich verstehen, wie schwierig dieses Thema zu bewerten ist "einfach so".

Ich glaube kaum, dass es viele inzestuöse, freiwillige Beziehungen gibt. Gerade nicht aus dem Macht und unmündigen Verhältnis, was sich aus einer Eltern-Kind-Beziehung ergeben kann. Sollte man im Einzelfall dies anders bewerten können - würde es einem Anspruch aus dem Wert heraus stand halten. Aber dieses Gedankenspiel finde ich nicht sehr realistisch. Da Inzest in den meisten Fällen als Missbrauch geschieht.

Und deswegen, jetzt werde ich doch deutlich bzw. emotional und ehrlich, kotzt mich dein Text ganz schön an. Weil deine Argumentation "Beziehungen" als "gleich" nebeneinander stellst, deren "Gleichheit" nur darin besteht, dass sie entgegen eines "traditionellen" Bildes von Beziehung/Ehe gestellt werden. Und das hat mit Werten nichts zu tun. Aus der Beziehung heraus muss ein Wert heraus gesehen werden, die Angst oder Art, zu sagen: also "bisher normal war das" und "soll jetzt alles andere auch normal sein"? ist einfach total an den Realitäten und inneren Qualitäten der gelebten Leben vorbeigelabert.

dein Text ist diffamierend gegenüber homosexuellen Paaren.

die Diskussion um Zeugung ist auch bescheuert. "natürliche Zeugung" vs "künstliche Befruchtung/bewusste Zeugung Behinderter"??????
für mich streifst du da etwas an, was null irgendeiner Frage gerecht wird.

wenn bei einem Heteropaar ein behindertes Kind ensteht oder abgetrieben wird bzw. eine Frau betroffen ist, die vergewaltigt wird, ist das Tradition. Aber will man entgegen dieser Tradtion ein behindertes Kind aus dem Reagenzglas im Uterus eines Transmannes oder aus der Vagina einer Bi-Frau, die polyamor mit ihren Cousins und Cousinen lebt?

mir ist übel, dein Text bekräftigt einen Fluchtimpuls von mir - aus KV raus :/

aber stehen lassen wollte ich das auch nicht.

 Judas meinte dazu am 22.07.21:
Bin da bei dir, minze. Vor allem der Teil:
"Und deswegen, jetzt werde ich doch deutlich bzw. emotional und ehrlich, kotzt mich dein Text ganz schön an. Weil deine Argumentation "Beziehungen" als "gleich" nebeneinander stellst, deren "Gleichheit" nur darin besteht, dass sie entgegen eines "traditionellen" Bildes von Beziehung/Ehe gestellt werden. Und das hat mit Werten nichts zu tun. Aus der Beziehung heraus muss ein Wert heraus gesehen werden, die Angst oder Art, zu sagen: also "bisher normal war das" und "soll jetzt alles andere auch normal sein"? ist einfach total an den Realitäten und inneren Qualitäten der gelebten Leben vorbeigelabert. "
Und: ja. Ist er mMn auch.
"dein Text ist diffamierend gegenüber homosexuellen Paaren."

Antwort geändert am 22.07.2021 um 17:40 Uhr

 minze meinte dazu am 22.07.21:
richtig dumm finde ich außerdem, die Art und Weise der Sexualität in einer Art der Bewertung von Beziehung hineinzunehmen.
ob jemand beim GV streichelt, küsst, haut, pisst, sich als Pelikan oder Bärchen verkleidet oder mit Licht an/aus oder oder macht - Alter!!!! das ist verdammt kurios, daraus etwas abzuleiten über die "gesellschaftliche" Wertigkeit einer Beziehung. oder anders gesagt: darüber, wie die Partner füreinander Verantwortung übernehmen und einander auf Augenhöhe begegnen.

 Graeculus meinte dazu am 22.07.21:
Mit dem Ankotzen, das sind jetzt doch starke Worte. Das lasse ich nun erst einmal sacken.

Spontan möchte ich nur sagen, daß die Gleichwertigkeit der Partner in der Beziehung und das Verantwortung-Übernehmen weitere Kriterien sind, über die man sprechen kann.

Werden dadurch polygame Beziehungen ausgeschlossen? (siehe oben, die Afrikanerin, die ihrs polygames Leben als Entlastung gewertet hat)
Werden dadurch Liebesbeziehungen unter Geschwistern ausgeschlossen?
Werden dadurch Beziehungen ausgeschlossen, in denen ein Partner sich freiwillig und seiner eigenen Neigung gemäß unterordnet? (siehe den guten alten Leopold von Sacher-Masoch)

Sind das nicht alles Fragen, die man stellen darf, ohne daß gleich gekotzt wird?

 minze meinte dazu am 22.07.21:
Anscheinend hast du meinen Kommentar nicht so verstanden, wie ich's senden wollte.
Ich sagte, dass es das nicht ausschließt.

Ich sagte dass mich ankotzt, dass du in meinem Gefühl Homosexuelle diffamierst, indem du gleichgeschlechtliche Liebe in einem Atemzug zu inzestuösen Beziehungen nennst und auf der Ebene "gleiches Recht für alle" in Frage stellst, da m.E. nach inzestuöse Beziehungen meist missbräuchlich geschehen.

 Judas meinte dazu am 22.07.21:
Haha irgendwie versuch ich die ganze Zeit, dafür Worte zu finden, und du schaffst das.
Ja:
"Ich sagte dass mich ankotzt, dass du in meinem Gefühl Homosexuelle diffamierst, indem du gleichgeschlechtliche Liebe in einem Atemzug zu inzestuösen Beziehungen nennst und auf der Ebene "gleiches Recht für alle" in Frage stellst, da m.E. nach inzestuöse Beziehungen meist missbräuchlich geschehen."

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
indem du gleichgeschlechtliche Liebe in einem Atemzug zu inzestuösen Beziehungen nennst und auf der Ebene "gleiches Recht für alle" in Frage stellst, da m.E. nach inzestuöse Beziehungen meist missbräuchlich geschehen.
Aha.
Da stehe ich nun fassungs- bzw. hilflos vor, denn ich habe alles mir Mögliche getan, um deutlich zu machen, daß ich nicht von den inzestuösen Beziehungen rede, die Du hier im Sinn hast.
Ich habe die rechtlichen Voraussetzungen (Freiwilligkeit, Mündigkeit) genannt, ich habe Beispiele erwähnt - aber es hat den Reflex "der setzt Homosexualität mit Inzest gleich!" nicht verhindert.

Ist Thomas Manns Novelle "Wälsungenblut" wirklich so unbekannt?

Aus gleichen rechtlichen Voraussetzungen (Freiwilligkeit, Mündigkeit) müssen gleiche Rechte folgen. Das war damals das Argument bei der Einführung der Ehe für Homosexuelle, und dieses Prinzip denke ich weiter. Wie weit soll man damit gehen?

Und das betrifft selbstverständlich auch bestimmte inzestuöse Beziehungen (die übrigens m.W. in Schweden immerhin schon straffrei sind, so lautete jedenfalls das Argument, das die Geschwister seinerzeit in dem Strafprozeß vorgetragen haben).
finnegans.cake (39) meinte dazu am 24.07.21:
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 Graeculus meinte dazu am 24.07.21:
Was bist Du denn für ein Kommunikationstroll?

 minze meinte dazu am 24.07.21:
Du wirst auch emotional!

ich schließe auch mit einem lol

- sehe keine Möglichkeit einer Diskussion auf Augenhöhe

Antwort geändert am 24.07.2021 um 14:35 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 24.07.21:
Ich bin emotional geworden?
Emotionalität - von Mitgefühl bis Begeisterung - geht bei mir anders. Und zum Haß bin ich, glaube ich, unfähig.

Meine Reaktion auf finnegans.cake war kalt.

Was Du mit der Diskussion auf Augenhöhe meinst, verstehe ich nicht. Und da Du es nicht erklärst, sondern die Kommunikation beendet hast, werde ich wohl unbelehrt sterben.
reader (82) meinte dazu am 26.07.21:
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 Graeculus meinte dazu am 26.07.21:
Du irrst, sie war nicht feige, sondern kalt.
Ein feiger Autor stellt nicht einen solchen Text ein.
Über Feigheit könnte man allerdings bei Sockenpuppen-Kommentatoren und anderen Anonymi nachdenken.

 Graeculus meinte dazu am 26.07.21:
P.S.: Auch diese Antwort war kalt.

P.P.S.: Was der angebliche Antisemitismus in Thomas Manns "Wälsungenblut" überhaupt mit dem anstehenden Thema zu tun hat, erschließt sich mir nicht.
reader (82) meinte dazu am 26.07.21:
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reader (82) meinte dazu am 26.07.21:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 FrankReich meinte dazu am 26.07.21:
Das "angeblich" bezieht sich m. E. n. doch lediglich darauf, dass der antisemitische Aspekt von "Wälsungenblut" noch immer im Diskurs befindlich ist. 🤔

 Graeculus meinte dazu am 26.07.21:
Genau. Aber mit reader alias AronManfeld, der hier seit Jahren systematisch die Regeln der Kommunikation zersetzt, führe ich kein normales Gespräch.

Ich glaube, da warst Du noch nicht bei kV, als er die Planung eines kV-Treffens in Artern durch Blödeleien und Albernheiten obstruiert hat. Die Zahl seiner Sockenpuppen ist ja Legion.

Da heißt es einfach: Abwarten bis zur nächsten Löschung.

 Graeculus meinte dazu am 27.07.21:
Schon passiert: Der 82jährige (!) reader ist gelöscht.
Agnete (66)
(22.07.21)
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 Judas meinte dazu am 22.07.21:
"Dieser Text stellt irgendwie Homosexuelle und diffuse Beziehungen wertemäßig auf eine Stufe. Nicht nachvollziehbar." Ja, das ist auch mein Hauptproblem.

edit: zumal Sexualität und Beziehungen ja wohl zwei Paar Schuhe sind.

Antwort geändert am 22.07.2021 um 20:35 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Ich rede von diffusen Beziehungen?

Was könnte weniger diffus und noch klarer sein als: "Alles, was mündige Menschen freiwillig miteinander tun, ist erlaubt" und "Wenn auf Dauer und in gegenseitiger Verantwortung angelegte Beziehungen rechtlich privilegiert werden (Ehe), dann muß das für alle Beziehungen gleichermaßen gelten"?

Diffus ist, daß Euch beim Thema "Polygamie" und "Inzest" allerlei Assoziationen aufkommen, die ich in klarer Weise von vornherein aus meinen Überlegungen ausgeklammert habe.

Als Phänomen ist Sexualität freilich immer diffus, weil es alle möglichen Misch- und Übergangsformen gibt, weshalb man beim Gendern ja inzwischen von unbegrenzt vielen Geschlechtern ausgeht.
Die rechtliche Beurteilung jedoch kann nicht diffus sein.

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Dann frage ich mich, woher dein Bedürfnis kommt, Sexualität und Beziehungsformen miteinander zu vergleichen.

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Ich rede über Beziehungsformen, die auf Sexualität gründen. Sexualität, die nicht in eine auf Dauer angelegte Beziehung mündet, kommt ja bei der Frage nach dem Recht auf Ehe nicht in Betracht.
(Wir haben darüber einmal am Beispiel von parkfüralteprofs gesprochen. Danach war ja klar, daß es 'solche und solche' gibt - bei Homosexuellen und auch sonst.)

 Judas meinte dazu am 23.07.21:
Polygamie und Inzest (in deiner Definition) sind Beziehungsformen. Die können von Pan-, Bi-, Hetero- und Homosexuellen geführt werden.
Homosexualität ist keine Beziehungsform.
Dein Vergleich hinkt wie ein Esel mit zwei Beinen.

Antwort geändert am 23.07.2021 um 15:09 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Das ist richtig. Deshalb habe ich auch von der Ehe für Homosexuelle (und andere) gesprochen. Die Ehe ist mein Thema.
Für wen soll die Beziehungsform der Ehe legal sein?
Habe ich meine Frage so korrekt formuliert?

Wenn ich mal verkürzt von Homosexuellen gesprochen habe, dann habe ich immer dies gemeint.

 Willibald (23.07.21)
Mal zwischendurch und zu Entspannung... Kältephänomene bei Nathans (Zieh-)Tocher Recha

sei halbernst und halbkomisch auf Lessings Nathan-Drama hingewiesen. Da gibt es eine Recha/Blanda, die in Liebe zu einem Christen entbrennt, allerdings gibt es da einige Komplikationen. Eine erste ist, dass Rechas Feuerliebe bei der ersten intensiveren Begegnung mit ihm - da weiß sie nur wenig über ihn, vor allem kennt sie nicht ihren Verwandtschaftsgrad - ein Abebben des Gefühls - "mit Ruhe sehen - konstatieren muss. Lauschen wir dem Gespräch zwischen Daja, der Wirtschafterin und Recha:

DAJA. Daß etwas vorgeht innerhalb. Es kocht,
Und soll nicht überkochen. Laßt ihn nur.
Nun ists an Euch.
RECHA. Was ist an mir? Du wirst,
Wie er, mir unbegreiflich.
DAJA. Bald nun könnt
Ihr ihm die Unruh all vergelten, die
Er Euch gemacht hat. Seid nur aber auch
Nicht allzustreng, nicht allzu rachbegierig.
RECHA. Wovon du sprichst, das magst du selber wissen.
DAJA. Und seid denn Ihr bereits so ruhig wieder?
RECHA. Das bin ich; ja das bin ich ...
DAJA. Wenigstens
Gesteht, daß Ihr Euch seiner Unruh freut;
Und seiner Unruh danket, was Ihr itzt
Von Ruh' genießt.
RECHA. Mir völlig unbewußt!
Denn was ich höchstens dir gestehen könnte,
Wär', daß es mich – mich selbst befremdet, wie
Auf einen solchen Sturm in meinem Herzen
So eine Stille plötzlich folgen können.
Sein voller Anblick, sein Gespräch, sein Tun
Hat mich ...

DAJA. Gesättigt schon?
RECHA. Gesättigt, will
Ich nun nicht sagen; nein – bei weitem nicht –
DAJA. Den heißen Hunger nur gestillt.
RECHA. Nun ja;
Wenn du so willst.
DAJA. Ich eben nicht.
RECHA. Er wird
Mir ewig wert; mir ewig werter, als
Mein Leben bleiben: wenn auch schon mein Puls
Nicht mehr bei seinem bloßen Namen wechselt;
Nicht mehr mein Herz, so oft ich an ihn denke,
Geschwinder, stärker schlägt. – Was schwatz' ich? Komm,
Komm, liebe Daja, wieder an das Fenster,
Das auf die Palmen sieht.
DAJA. So ist er doch
Wohl noch nicht ganz gestillt, der heiße Hunger.
RECHA. Nun werd ich auch die Palmen wieder sehn:
Nicht ihn bloß untern Palmen.
DAJA. Diese Kälte
Beginnt auch wohl ein neues Fieber nur.
RECHA. Was Kält'? Ich bin nicht kalt. Ich sehe wahrlich
Nicht minder gern, was ich mit Ruhe sehe.


Eine Folge des historischen Inzesttabus, das hier in Lessings Text einfach durchschlägt? Oder doch auch ein biologisch fundierter Westermarck-Effekt ? Seltsam, in unserer Gymnasialklasse fühlten sich die Mädchen zu außerschulischen oder schulisch Älteren hingezogen. Auch als wir 16 Jahre alt waren und von daher recht gut geeignet. Ein Bruder-Schwester-Tabu des nahen Umfeldes, ihm geschuldet?

Wie auch immer:
Den Templer im Nathan ereilt – ähnlich wie Recha – ein besonders mieses Schicksal: Er weiß am Ende nicht mehr, wer er ist: Anfangs der stolze christliche deutsche Ritter des Templerordens Curd von Stauffen, soll er nun Leu von Filnek sein.

Und seine Geliebte Recha wird ihm entrissen, da sie seine Schwester sein soll. Dem jungen Mann gelingt keine eigene Familiengründung; er wird auf die Elternfamilie zurück-geworfen von Rechas Pflegevater, der sich als der Macher
der ganzen Tragödie behauptet: Nathan kann Recha behalten. Eine fast schon patriarchalisch-ödipale Situation.

Wie Odoardo integriert er den Schwiegersohn als eigenen Sohn durch Entsexualisierung, hier mittels des Inzesttabus.

Kommentar geändert am 23.07.2021 um 17:22 Uhr

Kommentar geändert am 23.07.2021 um 17:23 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 23.07.21:
Das ist eine interessante literarische Verarbeitung des Inzest-Themas. Herzlichen Dank. Das richtet mich wieder etwas auf, nachdem auf Thomas Mann niemand eingehen mochte.

Es ist eine spannende Aufgabe, dem Thema einmal durch die Literaturgeschichte nachzugehen. Elisabeth Frenzel hat in ihrem Buch "Motive der Weltliteratur" ein eigenes Stichwort dazu.

In der von mir geliebten Antike fängt es ja schon bei Zeus und Hera an. Und was die Götter tun, das kann ja zumindest für die Gehobeneren unter den Menschen nicht ganz tabu sein.

Frau Frenzel:
Dem Inzesttabu entgegen steht die Tatsache, daß bei bevorrechtigten Kasten bestimmter Kulturen Inzest nicht nur erlaubt, sondern sogar empfohlen wurde. Im alten Persien war er für die Herrscher und Priester sanktioniert, und bei den morgenländischen Dynastien der Pharaonen, Seleukiden und Ptolemäer war die Geschwisterehe Institution, ebenso wie bei den Dynastien von Siam und bei der Adelskaste der Inkas in Peru; wie weit diese Sitte sich auch - etwa in Ägypten - auf weitere Kreise des Volkes erstreckte, ist undeutlich.
(a.a.O., S. 402)

Die Geschwisterehe, wohlgemerkt.

Es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt. Eine junge Frau sagte mir einmal: "Schade, daß man seinen Vater nicht heiraten darf!" - Ich, irritiert: "Aha. Warum?" - Sie: "Dann bleibt das Geld in der Familie."
Ich hatte von der Gesprächssituation her nicht den Eindruck, daß das so ganz und gar scherzhaft gemeint war.

 Bergmann (23.07.21)
Alles in allem finde ich Graeculus' liberale Gedanken über die Freiheit aller mündigen/erwachsenen Menschen, verschiedene Formen des Zusammenlebens miteinander (in welcher Zahl auch immer) zu vereinbaren, interessant und in Ordnung,

- sofern die rechtsstaatlich verankerte Moral und Ordnung (Grundrechte und -pflichten im Grundgesetz bzw. in der Verfassung eines Staates eingehalten wird),

- sofern festgelegt ist, was erwachsen und was mündig ist,

- sofern sich die unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens in der Praxis bewähren - und das ist ein weites Feld, das muss ja alles erst heranwachsen,

- sofern die Psyche der betroffenen Menschen die je bestehende Form des Zusammenlebens aushält, und das schließt das Recht auf Freiheit des Austritts aus jeder solchen Lebensform ein,

und dergleichen mehr. Der Bedarf neuer Lebensordnungen wächst allmählich heran, und so auch die praktische Umsetzung.

Graeculus' Verdienst ist es, diese neuen Horizonte zunächst einmal allgemein (theoretisch) zu benennen.
Die Reaktionen darauf zeigen, dass viele Tabus und festsitzende Auffassungen vom Zusammenleben der Menschen noch immer so stark sind, dass ein derart maximaler Liberalismus, wie ihn Graeculus denkt, es schwer hat sich auf einer Ebene wie die Ehe zu entfalten.

Ich denke, das kann nur sehr langsam heranwachsen.
Nicht gut finde ich in der durchaus interessanten und aspektreichen Diskussion, dass mit sehr polemischen Beispielen argumentiert wird, auch mit Unterstellungen und absichtlichem Missverständnis.

 Graeculus meinte dazu am 24.07.21:
Alle von Dir genannten einschränkenden Bedingungen kann ich voll und ganz akzeptieren.

Die emotionalen Reaktionen (von Frauen, wie ich feststelle), einschließlich der Unterstellung, ich hätte homosexuelle Beziehungen in die Nähe von Pädophilie etc. gerückt (das war es, was Jens Spahn an der Äußerung von Friedrich Merz empört hat), sind befremdlich und mögen ein Symptom für irgendetwas sein, das mir unklar ist - zumal die Reaktionen nicht von Betroffenen, also Homosexuellen, stammten.

Aber der Kampf gegen die Diskriminierung oder angebliche Diskriminierung von Minderheiten liegt im Trend der Zeit und wird vermutlich bei dem jetzt erreichten Stand, der völligen rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen, nicht haltmachen.

 Regina meinte dazu am 01.08.21:
Die meisten Leute in unserer Kultur leben heute konsekutiv-polygam, echte Monogamie (ein einziger Partner lebenslang, nicht erzwungen) findet sich nur hie und da.
Die Gleichberechtigung aller Lebensformen, basierend auf Freiwilligkeit und Mündigkeit ist eine juristische Frage.
Psychologisch stellt es sich anders dar. Da muss ja betrachtet werden, welche Wertehaltung in die Beziehung hineingebracht werden soll. Was erwarten die Partner voneinander? Emotionale Sicherheit, Treue, Verantwortung für Kinder, finanziellen oder spirituellen Fortschritt oder lediglich Spaß usw.? Und: Hat das Unterfangen Auswirkungen auf die Gesellschaft und welche? Das alles ist nicht mehr so selbstverständlich wie früher und bedarf der Kommunikation.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Ja, heute leben die meisten mit Lebensabschnittspartnern. Dennoch ist die Ehe - juristisch - ein unbefristerer Vertrag; er kann gekündigt werden, hat jedoch kein vorgesehenes Verfallsdatum.

Juristisch geht es immer um die Gleichbehandlung von Gleichem, soweit es das Gesetz und damit den Staat betrifft. Da darf niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner Religion, seiner Rasse und auch nicht seiner sexuellen Orientierung benachteiligt werden. (Welcher sexuellen Orientierungen? Aller?)

Die größeren Probleme, darin stimme ich Dir zu, liegen im psychologischen Bereich. Und da gibt es persönliche Erwartungen, aber auch Werte und Tabus. Für mich (weil ich immer älter werde?) gehören dazu auch Traditionen. Jedenfalls ist das so kompliziert, daß es keinen selbstverständlichen Konsens mehr gibt (Du schreibst es), weshalb alles 'ausdiskutiert' werden muß. Das ergibt eine Flüssigkeit in den Beziehungen, bei der man nicht weiß, ob und wo die Veränderungen ihre Grenze finden werden.

Könnten wir 50 Jahre in die Zukunft schauen, würden wir wohl nicht nur über die technischen Veränderungen staunen.

 Graeculus meinte dazu am 01.08.21:
Danke übrigens für Deinen Kommentar!

 Bergmann meinte dazu am 01.08.21:
Prego! Wir sind d'accord.

 Graeculus meinte dazu am 02.08.21:
Genau. Und sogar Regina und ich.

 Regina meinte dazu am 04.08.21:
Grazie, ein wichtiges und kontroverses Thema hast du da gefunden.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
So soll es, so muß es sein, wenn man zum Nachdenken anregen will. Daß jemand meine Meinung einfach übernehme, liegt nicht in meiner Absicht.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
So soll es, so muß es sein, wenn man zum Nachdenken anregen will. Daß jemand meine Meinung einfach übernehme, liegt nicht in meiner Absicht.

 Graeculus meinte dazu am 04.08.21:
Es heißt ja so schön: Wer zur Quelle gelangen will, muß gegen den Strom schwimmen.
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