Afghanistan wird Deutschlands Vietnam

Gedankengedicht zum Thema Nachdenkliches

von  EkkehartMittelberg

Afghanistan wird Deutschlands Vietnam
Gedankengedicht zum Thema Nachdenkliches


Ich sehe ihn:
den letzten deutschen Hubschrauber,
der Kabul verlässt.

An Bord,
dicht zusammengedrängt,
mit vor Schreck erstarrten Gesichtern,
die letzten ausgeflogenen deutschen „Helden“.

Die Bild-Zeitung titelt:
„Geordneter Rückzug“.
“Warum nicht früher?“
schreiben jetzt die anderen.

Es ist das alte Spiel:
Ein Irrweg wird erst eingestanden,
wenn die Mahnrufe der Toten,
die Legion geworden sind,
durch verstopfte Ohren gedrungen sind.

Verantwortung wird vielleicht übernommen,
wenn der Zwang des Chaos
jede freie Entscheidung überflüssig gemacht hat.

Ekkehart Mittelberg, 2010

Anmerkung: Dies waren meine Befürchtungen 2010

 
 
Kommentare zu diesem Text


Kommentar von chichi† (80) (30.11.2010)
Du könntest Recht haben mit Deiner Prognose ... und das ist das Erschütternde daran.
LG Chichi
 
Ich meinte dazu am 30.11.2010:
Vielen Dank, Chichi, wie gern hätte ich unrecht.
Liebe Grüße von Ekki

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Kommentar von AZU20 (30.11.2010)
Da ist vieles richtig. LG
 
Ich antwortete darauf am 30.11.2010:
Vielen Dank, Azu, ich hoffe, dass sich dir noch andere anschließen können.
Lg von Ekki

Jorge schrieb daraufhin am 15.01.2011:
Ich schließe mich Armin an, weil ich die Mittelbergschen Gedanken teile.

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Kommentar von ViktorVanHynthersin (30.11.2010)
Leider lernt der Mensch nichts aus bereits geführten Kriegen. Kaum ist die nächste Generation heran gewachsen, wird die Friedenspfeife ein- und das Kriegsbeil ausgegraben. Ich glaube, der Mensch hat den Kopf nicht zum Denken, sondern zum gegenseitigen Einschlagen.
Dein Gedicht, lieber Ekkehart, ist sehr gut und sehr wichtig!
Herzlichst
Viktor
 
Ich äußerte darauf am 01.12.2010:
Vielen Dank, Viktor, aber gerade deswegen darf man den Kreistreibern die Meinungsbildung nicht überlassen.
Liebe Grüße von Ekki

Ich ergänzte dazu am 01.12.2010:
Vielen Dank, Viktor, aber gerade deswegen darf man den Kreistreibern die Meinungsbildung nicht überlassen.
Liebe Grüße von Ekki

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Kommentar von Fuchsiberlin (30.11.2010)
Hallo Ekki,

ein sehr wichtiger Text!

Leider kann dies durchaus Realität werden.

Ganz liebe Grüße
Jörg
 
Ich meinte dazu am 01.12.2010:
Lieber Jörg, ich freue mich über unsere gemeinsame Einschätzung.
Auch dir liebe Grüße Ekki

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Kommentar von SigrunAl-Badri (52) (30.11.2010)
Mission: erzwungener Frieden

Einsatz: Krieg

Opfer: viele... wie immer

Gewinner: ???


Ein denkwürdiges, gutes Gedicht!

Liebe Grüße
Sigrun
 
Ich meinte dazu am 01.12.2010:
Mir gefällt dein Kommentar im Telegrammstil sehr, Sigrun. Vielen Dank! LG von Ekki

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Kommentar von irakulani (01.12.2010)
Lieber Ekki, was du beschreibst, das lässt mich manchmal verzeifeln. Offenbar sind wir Menschen kaum (oder nicht?) in der Lage aus der Vergangenheit zu lernen.

Vielleicht helfen Texte wie deiner, dem Einen oder Anderen, die Dinge mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und den Widersinn zu erkennen.

L.G.
Ira
 
Ich meinte dazu am 01.12.2010:
Herzlichen Dank! Deine Kommentare tu mir gut, Ira, einfach deshalb, weil du mich verstehst.
Liebe Grüße von Ekki

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Kommentar von FloravonBistram (61) (27.12.2010)
Meine Seele weint. Mein Sohn ist noch in Masar I-Sharif, seit Juli. Vor Ende Februar sehen wir ihn nicht, hoffen täglich aufs Neue.
Wir weinen um die Toten und Verletzten, es sind zu Viele, ihre Familien, Freunde und wir müssen jeden Tag neu leben.
Sie wollten Wasser aufbereiten, wollten lehren, wollten, dass auch dort die Mädchen die Schulen besuchen dürfen, dass Frauen ihren Wert kennen lernen.
Ruhet in Frieden Soldaten, ein Buch, dass ich mittlerweile las....
LG Flo
 
Ich meinte dazu am 28.12.2010:
Daran muss ich auch denken, Flora, und ich weiß nicht, ob die Opfer für die humanen Ziele, deren Durchsetzung ich sehr bezweifle, nicht zu hoch sind.
Vielen Dank und ein gesundes, kreatives neues Jahr für dich
Ekki

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Kommentar von Dart (27.12.2010)
Erstens:
In Vietnam von den USA im Kampf eingesetzte Kräfte: ~250.000 Mann, davon knapp 60.000 Ausfälle (Bin mir nicht sicher, ob die Verwundeten da mit reingehörten), also gut 20%.

In Afghanistan stationierte deutsche Soldaten: 4.300, davon 45 getötet, also ein klein wenig mehr als 1%, und das in 9 Jahren (Dauer Vietnamkrieg: 10 Jahre).
Und nebenbei gesagt: Im selben Zeitraum sind mehr als 200 Soldaten durch Selbstmord (immerhin viermal soviel!) umgekommen.

Zweitens:
Zum Trauma Vietnam (der Amerikaner) gehörten auch massive Verbrechen an der Zivilbevölkerung, die die Zustimmung für die Amerikaner ganz schnell zusammenbrechen ließ.

Deutsche Verbrechen? Hm...naja, die Sache mit den Tanklastern...ist garantiert vergleichbar! Definitiv! Unbedingt!

Falls noch jemand nicht genau über die Sache nachgedacht hat - die Toten gehen nicht auf das Konto der afghanischen Bevölkerung oder Armee oder sonst was, die wir ja so furchtbar behandeln, sondern der Taliban.

Stellt euch doch einfach mal die Frage so: Wenn in neun Jahren 45 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan durch die Taliban sterben - wie viele Menschen wären in derselben Zeit in einem unbesetzten, von den Taliban beherrschten Afghanistan gestorben?
Nur weil man etwas nicht versteht, ist es noch lange nicht schlecht! Und ich sage es ganz ehrlich: Ihr versteht es nicht!
 
Ich meinte dazu am 28.12.2010:
Du argumentierst, Dart, und aus deiner Sicht nicht schlecht. Mehr kann und darf man von einem Andersdenkenden nicht erwarten.
Mein Essential zu der Frage des Afghanistan-Einsates ist, dass dieser ursprünglich zivil sein sollte, inzwischen aber auch nach Ansicht der Kanzlerin Krieg ist und für einen Krieg in Afghanistan wurde niemals eine korrekte demokratische Zustimmung eingeholt.
Mit verbindlichen Grüßen wünsche ich dir ein gesundes, friedvolles neues Jahr.
Ekki

Dart meinte dazu am 28.12.2010:
Krieg...naja...laut Definition haben wir es im Moment mit einem bewaffneten Konflikt zu tun, was eine Unterform des Begriffs Krieg darstellt. Diese Form Krieg gab es als feste, anerkannte Form aber zu Zeiten der Festlegung unserer Verfassung noch nicht, daher wäre es schwierig, eine demokratische Zustimmung einzufordern. Möchte man weitere Einsätze dieser Art verhindern, sollte man also eher eine Erweiterung des Kriegsbegriffs in unserem Rechtssystem anstreben.
Und wenn ich mich nicht ganz irre, sollte nicht der Einsatz zivil sein, sondern dessen Ziele sollte der zivilen Wiederaufbau nach dem eigentlichen Afghanistanfeldzug (nach dem die Amerikaner einmal drübergewischt haben, kamen wir ja eigentlich erst) sein. Und den haben wir schon gefördert: Neue Schulen, Aufbau eines funktionsfähigen Polizeiapparates.

Ansonsten ebenfalls ein frohes, neues Jahr und einen guten Rutsch.

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Kommentar von Scrag (23) (30.12.2010)
Zeilen, die mich nachdenklich stimmen.
Über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan habe ich vor einigen Tagen auch einen Text hier veröffentlicht.
Krieg ist in allen Formen grausam. Ich wünsche, wir Menschen könnten in Frieden miteinander leben.

LG Markus
 
Ich meinte dazu am 30.12.2010:
Lieber Markus, wenn wir ahnen würden, wie grausam Krieg wirklich ist (Das weiß man wohl nur, wenn man zum Beispiel mit einem Bauchschuss verreckt), dann würde uns jedes Argumentieren mit Zahlen von Toten vergehen.
Danke und LG Ekki

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Kommentar von TrekanBelluvitsh (16.06.2013)
Den letzten Absatz finde ich sehr bedeutend. Denn oft scheinen Handlungen in bedrängten Lagen klug und die Öffentlichkeit ist allzu gern bereit, dies löblich zu finden, weil sie vergessen hat, wie diese bedrängte Lage überhaupt entstanden ist.
(Kommentar korrigiert am 16.06.2013)
 
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Kommentar von TrekanBelluvitsh (10.12.2015)
Ich bin wieder hier gelandet. Nun, das Ganze wurde für uns doch nicht so blutig. Clever wie wir sind, haben wir die Verluste auf andere abgewälzt. Kollateralschaden nennt man das. Aber uns tut jeder tote Afghane total leid, wirklich jetzt...

Deshalb ist es noch um so unverständlicher, dass die nun zu uns kommen, wo wir doch alles getan haben, was in unserer Macht stand. Frag mal Flinten-Uschi oder Drohnen-Tommi. Der hat wegen dem ganzen Elend sogar tote Augen bekommen. Also, ihr lieben Afghanen, bleibt wo ihr seid, sonst machen wir eure Heimat zu einem "sichern Herkunftsland". Wir wissen das bestimmt besser als ihr, denn wir haben es ja sicher gemacht.
 
Ich meinte dazu am 10.12.2015:
Danke, Trekan. Der katastrophale Irrtum begann damit, dass der Westen die Freiheit des Kapitals am Hindukusch verteidigen wollte.

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Kommentare zu diesem Text


 eiskimo (17.08.21)
Für die Rüstungsindustrie machte dieser Wahnsinn Sinn ...
Ansonsten gibt es nur Verlierer.
demoralisierte Grüße
Eiskimo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.08.21:
Da hast du recht, Eiskimo, denn die Rüstungsindustrie verteidigt nichts anderes als die Freiheit eines schrankenlosen Kapitalismus.
Desillusionierte Grüße
Ekki

 Regina (17.08.21)
Im Kabul der 70er Jahre herrschte das absolute Gastrecht, das besagt, dass der damalige (Hippie-)Gast machen durfte, was immer er wollte. Da besaß ein Österreicher eine Kneipe in der Stadt, wo er mitten auf muslimischem Gebiet Schweineschnitzel briet, und die Händler verschenkten ihre Waren, wenn ein hübsches Mädchen lange genug seine Augen auf einem Kleid oder anderem Gegenstand ruhen ließ. Später habe ich gehört, dass sie glauben, der Gast bringe einen Engel mit. Einen Engel mit Devisen, wenn auch damals Kost und Logis spottbillig und Drogen wohlfeil angeboten wurden. Die Stadtbewohner warnten vor den Taliban, unzivilisierte Stämme, die im Gebirge hausten und untereinander grausame Fehden austrugen. Am Khyberpass nahe der Grenze zu Pakistan sammelte der Busfahrer von jedem Rucksacktouristen 20 Dollar Passiergeld ein, das die Taliban entgegennahmen. Wurde nicht gezahlt, dann musste mit einem Überfall auf den Bus gerechnet werden.
Erst später, als es um eine Pipeline ging, die durchs Land gebaut wurde, geriet die Gegend in den Fokus internationaler Politik, und auch den Taliban fielen neue, politischere Rollen zu. Ihre Kompromisslosigkeit und Grausamkeit haben sie nicht abgelegt. Seither fliehen Afghanen nach Pakistan, Indien und, wenn es geht, nach Europa, USA oder Australien. Viele Grüße Gina

Kommentar geändert am 17.08.2021 um 13:29 Uhr

Kommentar geändert am 17.08.2021 um 13:30 Uhr

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 17.08.21:
Ich danke dir für diesen beeindruckenden Erlebnisbericht, Gina.
Beste Grüße
Ekki

 AZU20 (17.08.21)
Und jetzt: Versagen auf der ganzen Linie. LG

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 17.08.21:
Danke, Armin, das Versagen begann schon mit der Fehleinschätzung Strucks, dass die Freiheit am Hindukusch verteidigt werde, dem alle namhaften deutschen Politiker folgten.
LG
Ekki

 harzgebirgler (17.08.21)
unser vietnam wird's wohl nicht werden
trotz der sichtlich hilflosen gebärden
jetzt nach diesem flintenwurf ins korn -
was bleibt ist voll ein blick zurück im zorn.

lg
henning

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 17.08.21:
Merci, Henning. die Vietnam-Metapher trifft nur auf eines zu, auf den überstürzten erbärmlich hilflosen Abzug.

LG
Ekki

 TrekanBelluvitsh (17.08.21)
Von Seiten der Union und der FDP sieht man im Augenblick ein Verhalten, dass den Zeitgeist nicht treffender dokumentieren könnte: Entscheidungen treffen, mit den Folgen dieser aber nichts zu tun haben wollen.

Es geht bestimmt noch schäbiger. Nur fällt mir im Augenblick nicht ein wie.

 Terminator ergänzte dazu am 17.08.21:
Entscheidungen treffen, mit den Folgen dieser aber nichts zu tun haben wollen.
Ein Bravo im Stehen für diese Diagnose des Zeitgeistes.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.08.21:
Du verstehst zu wenig von Kunst, mein Freund.
Politik ist die Kunst, pausenlos Entscheidungen zu treffen und für keine geradezustehen. (EM) :)

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 19.08.21:
Politik ist die Kunst, pausenlos Entscheidungen zu treffen und für keine geradezustehen
Das mag so scheinen. Zuweilen mag es sogar so sein. Doch letztlich für diese Einstellung (fast) zwangsläifig in den eigenen Untergang. Vor der deutschen Sommeroffensive an der Ostfront im Sommer 1942 sagte Hitler (sinngemäß): "Wenn ich das Öl nicht bekomme, muss ich den Krieg liquidieren." Er bekam das Öl - gemeint war das von den Ölfeldern im Kaukasus - nicht. Den Krieg hat er allerdings nicht "liquidiert". Letztlich war es sein Untergang. Das er noch Millionen andere mit in den Untergang zog, ist eine andere Geschichte...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 07.12.21 um 22:52:
Vielen Dank für diese Erläuterung, Trekan.
LG
Ekki

 harzgebirgler (07.12.21, 08:43)
vom ausfliegen der ortskräfte hört man auch nicht mehr viel -
selbst deutschland treibt mit denen scheint's ein recht übles spiel.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 07.12.21 um 22:57:
Merci, Ein Hinweis mehr auf das Desaster "Freiheit am Hindukusch verteidigen, Henning
LG
Ekki
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