Meine Cousine hat schöne Augen

Anekdote zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

Ohne es zu wissen, war ich schon früh berufen, Deutschlehrer zu werden. Meine Eltern berichteten, das zum ersten Male gemerkt zu haben, als ich mit 5 Jahren mit meiner vierjährigen Cousine im Sandkasten spielte.
Sie wuchs auf einem Bauernhof in Ostwestfalen auf und sprach nur Plattdeutsch. Ich kam aus der Stadt und konnte sie  nur teilweise verstehen.
Nachdem ich lange geschwiegen hatte, soll ich ihr lächelnd gesagt haben: „Du hast zwar schöne Augen, aber richtig Deutsch sprechen kannst du nicht.“ Leider konnten sich meine Eltern nicht erinnern, ob meine Cousine den hochdeutschen Tadel verstanden hat.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (20.08.21)
Das die Einwohner Ostwestfalens schon auf 5-jährige seltsam wirken, kann ich gut nachvollziehen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.08.21:
Merci Trekan, mir scheint, dass Ostwestfalen die Nachfolge Ostfrieslands antritt. Den Dialekt wird`s nicht kümmern, er ist ähnlich weich und klangvoll wie der ostfriesische.
Agnete (66) antwortete darauf am 22.08.21:
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 harzgebirgler (20.08.21)
sie wär' vermutlich glatt
gewesen ziemlich platt.

lg
henning

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 20.08.21:
Gracias, Henning, das kann sein, aber die schönen Augen hätten bestimmt gestrahlt. :)

LG
Ekki

 Vaga (20.08.21)
Was ist aus dieser Cousine geworden? Eine Deutschlehrerin?

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 20.08.21:
Danke der Nachfrage. Sie ist mehr als nur einer Sprache mächtig.

 Borek (20.08.21)
Lieber Ekki. ich lag mit Beinbruch im Bayrischen Wald im Kranken haus als ich aufwachte hörte ich Urlaute wie Hu Ab
Zich usw er war ein alter echter Niderbayer und so langsam mit
der Zeit gewöhnten ein Pilot und ich an seine schwer zu verstehende Sprache...... nein Dialekt
Allerdings war er ein Kopfschnellrechner und übertraf uns
und löste die Aufgaben schneller als wir.
Ja es sind Erinnerungen einer vergangenen interessanten Zeit
liebe Grüße Borek

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 20.08.21:
Merci, Borek, mir scheint, fast jeder wurde in seinem Leben einmal mit einem Dialekt konfrontiert, der ihm Schwierigkeiten bereitete.
Liebe Grüße
Ekki

 Teichhüpfer (20.08.21)
Nicht alles Geschriebene, das den Leser erheitert, ist aus fröhlicher Feder geschrieben. Tasso Tuwas, Tagesthema.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.08.21:
Hallo Teichhüpfer, Tasso hat da etwas Kluges gesagt. Aber meine kleine Anekdote ist aus fröhlicher Feder geschrieben, dessen kannst du sicher sein.
Heitere Grüße
Ekki

 TassoTuwas (21.08.21)
Hallo Ekki,
du weckst wieder Erinnerungen
Zu meiner Kinderzeit ließen es die finanziellen Verhältnisse nur zu die Ferien bei der Verwandtschaft zu verbringen. Da nach Flucht und Vertreibung Tanten und Onkel über die Westzonen verteilt waren, fuhr man mit der Bahn durchs Land, von Hamburg über Hessen bis Niederbayern. Bei jedem Bahnhofshalt wurde das Abteilfenster geöffnet und, oh Wunder, jedes Mal sprachen die Leute auf dem Bahnsteig eine andere Sprache!
Das war beeindruckend!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.08.21:
Merci, mein Freund, unsere Kreise waren damals kleiner, ob sie kleingeistiger waren, ist die Frage.
Herzliche Grüße
Ekki

 monalisa (24.08.21)
Lieber Ekki,
eine herzerwärmende kleine Anekdote, die in den Sandkasten zurückversetzt und mir Kleinekki altklug nahe bringt.

Abgesehen davon bedauere ich ein wenig, dass immer mehr Dialekte langsam in Vergessenheit geraten. Ich bin in den Ferien bei meinen Großeltern im niederöserreichischen Weinviertel noch mit der allgemein üblichen "UI-Mundart" konfrontiert gewesen, in der "Kuh" zu "Kui" und "Bub" zu "Bui" .... wird. Heute praktisch ausgestorben! Irgendwie schade.

Liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.08.21:
Grazie, Mona, zu dem bedauerlichen Aussterben der Dialekte ist dies bemerkenswert. Mein Cousin meldete sich bis vor kurzem auf seinem Anrufbeantworter mit einer plattdeutschen Begrüßung. Er musste sie löschen, weil er von der Mehrheit seiner Partner nicht mehr verstanden wurde.

Liebe Grüße
Ekki

 Dieter Wal (30.08.21)
Manchmal bedaure ich, Dich nicht als Deutschlehrer gehabt zu haben. Meine allermeisten Deutschlehrer waren fürchterliche Technokraten, die keinen Sinn für Literatur hatten, und es bedauerlicherweise unterrichteten. Nicht jeder hatte einen Künstler und Lehrer. Doch ich hatte sehr gute Kunstlehrer, die allesamt begnadete Künstler waren. Einer der wichtigsten: Burghart Eichloff in Coburg, der leider viel zu früh 1982 jämmerlich an Krebs starb. Ich lernte dabei seine Witwe kennen, da ich ihr im Namen der Klasse einen Kondulenzbrief schrieb, wozu mich die Klasse nie ermächtigt hatte. Doch ich wollte den Verlust des geliebten Lehrers nicht einfach so hinnehmen, sondern etwas tun. Die damalige Coburger Bühnen-Darstellerin Margot Eichloff-Paar entpuppte sich als wundervolle Witwe, die ihren Mann sehr geliebt hatte und mehr als berührend um ihrn trauerte und meine trockenen Klartextansagen, während wir ihre Wohnung räumen durften, erheiternd fand. Sie verließ eines Tages den Pfad ihrer Trauer.

Wie glücklich wäre ich, ihr wieder zu begegnen.

http://www.margot-paar.at/

Kommentar geändert am 30.08.2021 um 01:58 Uhr
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