Was bleibt
Innerer Monolog zum Thema Alles und Nichts...
von Epiklord
Kommentare zu diesem Text
Mozart lebt und Diana kann nicht sterben. Wir anderen sind unbedeutend. Oder?
Es gibt eine berühmte, durch Herodot (VII 44-46) überlieferte Anekdote von den Tränen des persischen Großkönigs Xerxes. Dieser beobachtete sein Riesenheer, das er gegen Griechenland ins Feld führte, bei der Überquerung des Hellespont:
1. Ja, wir alle werden in 100 Jahren nicht mehr am Leben sein. Ein gewisses Über- oder Nachleben bleibt denen, die etwas Bedeutendes geleistet haben. Das mag Pythagoras mit seinem Lehrsatz, Mozart mit seiner Musik oder Marilyn Monroe mit ihren Filmen sein. In diesem Falle ist es auch Xerxes. Wir anderen werden in Kürze nicht nur tot, sondern auch vergessen sein.
2. Vielleicht ist es am besten, gar nicht da zu sein. Insofern sind wir nicht zu bedauern, wenn wir tot sind.
Als er den ganzen Hellespont unter seinen Schiffen verschwinden und alle Küsten und die Ebene der Abydener voll von Menschen sah, pries Xerxes sich glücklich; dann aber weinte er [μετὰ δὲ τοῦτο ἐδάκρυσε].
Als sein Oheim Artabanos dies bemerkte, – er hatte ja zuerst freimütig seine Meinung dargelegt, als er Xerxes den Feldzug gegen Griechenland ausreden wollte – als dieser also Xerxes weinen sah, fragte er ihn: „König [Ὦ βασιλεῦ], wie verschieden ist doch dein Verhalten jetzt und kurz vorher! Du hast dich erst glücklich gepriesen, und jetzt weinst du.“ Der König erwiderte: „Ja, mich erfaßte der Jammer, als ich bedachte, wie kurz das Menschenleben ist; denn von allen diesen vielen Leuten wird in 100 Jahren keiner mehr am Leben sein [εἰ τούτων γε ἐόντων τοσούτων οὐδεὶς ἐς ἑκατοστὸν ἔτος περιέσται].“
Da antwortete ihm Artabanos: „Es gibt noch viel Jammervolleres in unserem Leben. Denn in diesem kurzen Dasein ist keiner unter den Menschen glücklich geboren [ἐν γὰρ οὕτω βραχέϊ βίῳ οὐδεὶς οὕτως ἄνθρωπος ἐὼν εὐδαίμων πέφυκε] – und nicht nur unter diesen, sondern unter allen –, dem oftmals, nicht bloß einmal, der Gedanke gekommen wäre, lieber tot als am Leben zu sein [καὶ οὐκὶ ἅπαξ τεθνάναι βούλεσθαι μᾶλλον ἢ ζώειν]. Denn es kommen Unglücksfälle, Krankheiten beunruhigen uns und bewirken, daß dieses so kurze Leben dennoch so lang erscheint. So ist der Tod für den Menschen in seinem mühevollen Dasein eine sehr erwünschte Zuflucht [οὕτως ὁ μὲν θάνατος μοχθηρῆς ἐούσης τῆς ζόης καταφυγὴ αἱρετωτάτη τῷ ἀνθρώπῳ γέγονε]. Diese Gottheit, die uns die Süßigkeit des Lebens kosten ließ, zeigt sich darin als neidisch [ὁ δὲ θεὸς γλυκὺν γεύσας τὸν αἰῶνα φθονερὸς ἐν αὐτῷ εὑρίσκεται ἐών].“
Als sein Oheim Artabanos dies bemerkte, – er hatte ja zuerst freimütig seine Meinung dargelegt, als er Xerxes den Feldzug gegen Griechenland ausreden wollte – als dieser also Xerxes weinen sah, fragte er ihn: „König [Ὦ βασιλεῦ], wie verschieden ist doch dein Verhalten jetzt und kurz vorher! Du hast dich erst glücklich gepriesen, und jetzt weinst du.“ Der König erwiderte: „Ja, mich erfaßte der Jammer, als ich bedachte, wie kurz das Menschenleben ist; denn von allen diesen vielen Leuten wird in 100 Jahren keiner mehr am Leben sein [εἰ τούτων γε ἐόντων τοσούτων οὐδεὶς ἐς ἑκατοστὸν ἔτος περιέσται].“
Da antwortete ihm Artabanos: „Es gibt noch viel Jammervolleres in unserem Leben. Denn in diesem kurzen Dasein ist keiner unter den Menschen glücklich geboren [ἐν γὰρ οὕτω βραχέϊ βίῳ οὐδεὶς οὕτως ἄνθρωπος ἐὼν εὐδαίμων πέφυκε] – und nicht nur unter diesen, sondern unter allen –, dem oftmals, nicht bloß einmal, der Gedanke gekommen wäre, lieber tot als am Leben zu sein [καὶ οὐκὶ ἅπαξ τεθνάναι βούλεσθαι μᾶλλον ἢ ζώειν]. Denn es kommen Unglücksfälle, Krankheiten beunruhigen uns und bewirken, daß dieses so kurze Leben dennoch so lang erscheint. So ist der Tod für den Menschen in seinem mühevollen Dasein eine sehr erwünschte Zuflucht [οὕτως ὁ μὲν θάνατος μοχθηρῆς ἐούσης τῆς ζόης καταφυγὴ αἱρετωτάτη τῷ ἀνθρώπῳ γέγονε]. Diese Gottheit, die uns die Süßigkeit des Lebens kosten ließ, zeigt sich darin als neidisch [ὁ δὲ θεὸς γλυκὺν γεύσας τὸν αἰῶνα φθονερὸς ἐν αὐτῷ εὑρίσκεται ἐών].“
2. Vielleicht ist es am besten, gar nicht da zu sein. Insofern sind wir nicht zu bedauern, wenn wir tot sind.
Was aber wäre
könnte man mich
aus meiner Asche wieder
auferstehen lassen
mich wieder erschaffen
künstlich nach
meinem individuellen
genetischen Bauplan (u.a.)
zusammensetzen
Ich glaube
es würde jemand
anderer herauskommen
mit nicht demselben
Bewusstsein
könnte man mich
aus meiner Asche wieder
auferstehen lassen
mich wieder erschaffen
künstlich nach
meinem individuellen
genetischen Bauplan (u.a.)
zusammensetzen
Ich glaube
es würde jemand
anderer herauskommen
mit nicht demselben
Bewusstsein
Dieser Idee ist schon Stanislaw Lem in seinen "Dialogen" nachgegangen. Auch er gelangt zu dem - begründeten - Ergebnis: selbst bei komplett nachgebauter materieller Struktur wäre das nicht ich. Der andere könnte, würde man ihn vor meinem Tode in Betrieb setzen, sogar neben mir sitzen - und schon deshalb könnte ich ihn unmöglich "ich" nennen.
Es führt kein Weg am Tode vorbei.
Es führt kein Weg am Tode vorbei.