Das Recht, seine Biographie zu schreiben - Warum LitForen Höhepunkt der Literaturgeschichte und ausschließlich was für Ältere sind

Essay zum Thema Resignation

von  toltec-head

Die oft gehörte Klage, dass unser schönes, kleines Literaturforum, wie alle anderen Literaturforen auch, vergreist und es an Frischfleisch fehle, beruht auf einem Mißverständnis. Zum Sterben jetzt auch schon in die Disco gehen ist eine Sache, die transponiert auf das Flaschenposten von Texten in Foren genau ins Schwarze trifft und es müsste genau umgekehrt für alle unter 40, die auch heute wieder so tun, als hätte sie etwas zu sagen, heißen: Gedicht vor Menschwerdung?

"Das Recht, nach seinem vierzigsten Jahre seine Biographie zu schreiben, mag jeder haben, denn auch der Geringste kann etwas erlebt und in größerer Nähe gesehen haben, was dem Denker wertvoll und beachtenswert ist." (Nietzsche in seinem Buch über Gutmensch-Bekenntnisse und Midcult in der neueren deutschen Literatur)

So wie die Politikgeschichte auf Frauenwahlrecht und das Recht, auch als Mann Frau zu sein, hinausläuft, so läuft die gesamte Literaturgeschichte auf die technische Möglichkeit der Zurverfügungstellung  für Menschen über 40 hinaus, davon zu bloggen, was ihnen heute so passiert ist. Kaulquappen aber müssen leider draussen bleiben!!!

Glanz und Elend der LitForen - Der Glanz von LitForen besteht wie der Glanz der westlichen Demokratien in ihrer Form: Jeder, auch die Krankenschwester und der Hartz4-Empfänger, können in ihnen biobloggen, ihre Perspektive zur Geltung bringen, gegenüber derer diejenige von Belletristik-Vertretern und Lyrikern von nun an zwangsläufig überholt und auch ein wenig lächerlich wirkt. Das Elend von LitForen ist ihr Inhalt: Kaulquappen und Ü40er spielen sich in ihnen als Lyriker, Essayisten und Produzenten von Belletristik auf, lenken sich und andere auf diese Weise von ihrem Leben ab und versauen das Ganze, das auf eine sehr viel einfacherer Weise, wenn diese dummen Flaschen nämlich einfach aus ihrer eigenen Perspektive und etwas ungekünstelter schrieben, genau das Richtige und sogar ein kleines Paradies sein könnte.

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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (30.08.21)
Hallo toltec-head, nirgends wird so viel erfunden und belletristisch gesupert wie in Autobiografien. Autobiografische und belletristische Ansätze sind gleichermaßen legitim und machen den Reichtum eines Forums, auch dieses Forums aus. Märchen sind wahrer als Reportagen! Gruß Quoth

 toltec-head meinte dazu am 30.08.21:
Nein.

 FrankReich antwortete darauf am 30.08.21:
Reportagen sind schon näher an der Wahrheit als Märchen, allerdings schadet es nicht, das eine mit dem anderen zu verknüpfen, wenn denn die Fähigkeit dazu besteht, die ich allerdings an kein Alter gebunden sehe, außerdem sind es keinesfalls die Texte, die "das Ganze versauen", genötigt wird schließlich niemand, sie zu lesen, somit liest sich die obige Stellungnahme eher wie der Aufruf zur Aussiebung "dummer Flaschen", die nämlich größtenteils gar nicht anders können, als ihre Art zu vertreten und hier eine Möglichkeit dazu geboten bekommen, inkl. der "dummen Flaschen", die sie rezipieren und mögen, was also spricht dagegen, ein "großes Paradies" in friedlicher Koexistenz anzustreben? Letztendlich ziehe ich ja auch keinem Rollstuhlfahrer das Gefährt unter dem Hintern weg, um ihn zum Gehen zu bewegen, und das ist wohl in manchem Forum das eigentliche Problem.

Ciao, Frank

 toltec-head schrieb daraufhin am 30.08.21:
Nein.
ich (54) äußerte darauf am 30.08.21:
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 FrankReich ergänzte dazu am 31.08.21:
Doch, für mich liest sie sich so, daran ändert ein lapidares Nein rein gar nichts und das Bild des Rollstuhlfahrers bezieht sich selbstverständlich auf die vorhergehende Gedankenführung, jemandem, dem z. B. die Beine fehlen, den Rollstuhl unter dem Hintern wegzuziehen, erzielt nicht nur nicht den gewünschten Effekt, sondern ist auch ziemlich link, weil dem Akteur eigentlich bewusst sein müsste, dass dem Rollstuhlfahrer die Fähigkeit zu gehen fehlt.

Ciao, Frank
ich (54)
(30.08.21)
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 toltec-head meinte dazu am 30.08.21:
Ja.

 DanceWith1Life meinte dazu am 30.08.21:
jein, wollten wir die Aufklebersammlung deses Textes (w)eiterdenken, von Frauenwahlrecht bis Menschwerdung von Nietzsche bis Flaschentext als Literaturgeschichte, käme wohl etwas dabei heraus, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt, aber ähnlich der damals weit verbreiteten Meinung, die Erde sei eine Scheibe, als Realität angenommene Gesprächsbasis kursierte.
Wie dieses Etwas, das es nicht gibt und die menschliche Realität, dann in der Kunst ihren Ausdruck fänden, ist wohl eine andere Geschichte, also meiner unbescheidenen Meinung nach.
Dieser Versuch Maßstäbe zu setzen zwischen Bestseller und Poesiealbum, in der Musikbranche Platin und Wochenendsession, mag zwar wirtschaftlich von Bedeutung sein, aber ich hoffe doch schwer, dass er die Literaturgeschichte, wie nannte das unser Lyrikguru gleich wieder, nur periphär tangiert.

Antwort geändert am 30.08.2021 um 17:31 Uhr

 toltec-head meinte dazu am 30.08.21:
ts ts ts

 DanceWith1Life meinte dazu am 30.08.21:
ui, was für eine qualifizierte Antwort auf so einen Kommentar zu so einem Text oder sollte das eine Aufmunterung sein, dann würde ich vorschlagen, du speckst den Titel auf das von dir beschriebene Eigene ab und erzählst uns was du von den im Text erwähnten Denkanstössen bereits verstanden hast.

wie wärs mit "ts ts ts" als Titel?

Antwort geändert am 30.08.2021 um 20:44 Uhr

 AchterZwerg (31.08.21)
Toltecscher Poesiealbeneintrag:

"Ich bin der Bruder, wills immer sein
und euch bequappen, ihr Userlein!"

"Ja."

 FrankReich meinte dazu am 31.08.21:
Ja, das habe ich jetzt auch verstanden. 🙃
Daniel (50)
(03.08.23, 13:10)
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