Ein schwaches Gerüst auf Sand gebaut

Essay zum Thema Idee(n)

von  max.sternbauer

Warum die Online-Stream Serie, "Star Trek Discovery," die man sich auf Netflix anschauen kann und ein Teil des Star Trek-Franchise ist,  ein gutes Beispiel für schlechtes Storytelling ist.



Man kann sich kurz fassen, man kann ausschweifend erzählen, man kann beides in Etappen mit einander verbinden; und man kann nichts dabei sagen.
Bei Autoren gilt es als Auszeichnung, wenn kein Wort zu viel gebraucht, und in der Tat gibt es richtige Text-Maschinengewehre, die einem mit ihren Wörtern verschütten können, wie eine Lawine. Da fällt mir Dietmar Dath immer ein, bei dem ich mir wegen dieser Formel selten sicher bin. Seine Bücher haben oft Tausend Seiten.

Dann gibt es Geschichten, die mit einer blöden Idee anfangen, aber weiter geschrieben werden, warum auch immer. Es werden zwar vielleicht geniale Ideen nach geschossen.
Aber im Grunde bleibt die Grundidee Scheiße.

Als ich Discovery das erste Mal gesehen hatte, war ich verwirrt. Verwirrt, weil ich so eine inkonsistente Serie noch nie gesehen hatte. 
Versteht mich nicht falsch, das Zeug auf dem Bildschirm sah echt gut aus, ein paar Figuren fand ich ganz nett, und  die Geschichten einiger Folgen waren sogar gut.
Nur das Grundgerüst dieser Serie, ist mehr als wackelig. Im Grunde kann in Discovery in jeder Szene, zur jeder Sekunde, etwas komplett neues geschehen; also alles ist möglich.
Und genau deswegen ist diese Sendung stinklangweilig. 

Argumente, dass sei nur eine Streaming-Serie, noch dazu eine actiongeladene Science Fiction Serie, erwartet man sich dabei Shakespeare, sollten darauf hingewiesen werden, dass
selbst die dümmsten Komödien von Adam Sandler, so etwas wie ihre Standards haben.              Man mag zwar nicht glauben, aber so ist es, glaube ich zumindest.

Also fangen wir mal mit der nervigen Inhaltsangabe an, um was geht es?
Nun, der ganze Zirkus spielt einige Jahrzehnte vor der Indienstnahme der Enterprise.
Leutnant Burnham, ist unsere Heldin.
Eine Mission führt ihre Crew zur Grenze des klingonischen Reiches, mit dem die Föderation seit hundert Jahren kein Kontakt mehr hatte.
Durch einen blöden Fauxpas, von Burnham ausgelöst, werden die Klingonen brüskiert, worauf sie sich auf den Kriegspfad begeben.
Bunrham wird inhaftiert, aber ein Kapitän, der ein streng geheimes Projekt leitet, gibt ihr eine Chance auf Rehabilitation. Das Projekt ist ein Schiff, die Discovery, die ein besonderes Geheimnis birgt: Den Sporenantrieb.

Um mal einen Gedankensprung zu tätigen, wird hier nicht weiter auf den Inhalt der Serie eingegangen, sondern ich möchte mich vor allem auf die Idee dieses Antriebs versteifen.
Was im Endeffekt auf total sinnloses und Zeit raubendes Nerdgeplapper hinauslaufen wird.
Also, sie wurden gewarnt.

Die Idee hinter dem Antrieb und der Reiz der Entfernung.       

Auch sehr viele Nicht-Trekkies wissen, wie Picard und Kirk durch das Weltall düsen können, nämlich mithilfe des Warpantriebs. Der funktioniert, auf die barbarisch simpelste Erklärung gekürzt, so, dass
Überlichtgeschwindigkeitsreisen damit  ermöglicht werden, in dem die Raumzeit gekrümmt und so die Entfernung zwischen zwei Punkten minimiert wird.
Der Sporenantrieb, der die Discovery antreibt, geht andere Wege. Also die Theoretiker dieser Fortbewegungsart glauben, dass so eine Art Subraum-Pilzgeflecht im ganzen Universum gibt.
Also, die Fäden dieses Netzwerks sind überall, im ganzen physikalischen Raum verteilt.
Was bewirkt, dass die Discovery mit diesem Netzwerk reisen kann, es surft quasi auf Pilzfäden durch die Raumzeit.
Was wie eine Idee als Produkt einer Drogenorgie anhört, ist für mich nicht so abwegig, ich hab schon richtig bekloppte Sachen mitgekriegt.
Aber, als ich den Antrieb zum ersten Mal in Aktion gesehen hatte, war mir folgende Frage in den Sinn gekommen; hatten sich die Autoren nicht um Kopf und Kragen geschrieben, mit dieser Idee?
Weil, wenn man die Möglichkeit hat eine Sonde oder eine  Bombe in sekundenschnelle durch das Universum zu schicken, wozu brauche ich noch die Sternenflotte?
Für uns Zuseher stellen sich Fragen wie: wo sind da noch die Hürden für unsere Helden, bleibt da  das Abenteuer Weltraum nicht auf der Strecke?
Wenn Entfernungen scheißegal werden, dann werden viele Dinge auch einfach scheißegal und damit uninteressant, zumal eine Star Trek-Serie dieses Problem sehr gut beleuchtet: Voyager.

Der Hintergrund dieser Serie ist, das dass  Raumschiff Voyager durch einen Unfall tief in das
Weltall geschleudert wird, und selbst mit Warp Jahrzehnte für die Rückreise brauchen würde.
Die Crew ist also verschollen.
Jetzt stelle man sich vor, die Discovery springt zur Voyager und, Commander Burnham funkt
Janeway an, ob sie denn einen Abschleppdienst bestellt hätte.
Wäre das lustig und spannend gewesen.
Kritiker mögen jetzt einwenden, dass ich viel zu speziell argumentieren würde, mit der Rolle der Entfernung in Geschichten.
Auf den blöden Planeten die sie besuchen würden, gebe es doch noch genug Abenteuer.

Naja, ich will mal anhand eines Beispiels erläutern, eines aus der Fantasy.
Unter Nerds gibt es die (mehr oder weniger) spaßige Frage, warum Frodo mit dem Ring der Macht nicht einfach auf den Rücken der Adler geflogen ist, anstatt der beschwerlichen Reise zu Fuß durch Mittelerde.
Tolkien hat ein paar Ausreden dazu in seinen Büchern eingebaut, aber die einfachste Antwort liegt in der Funktion von Abenteuergeschichten selbst. Denn der faule Held soll seinen Arsch von der Couch heben und auf einer langen und gefahrvollen Reise über sich selbst hinauswachsen.
Hätten die Hobbits einen Teleporter gehabt, wären die ganzen Metaphern umsonst, und das Buch hätte sich nicht verkauft.

Das Reisen ist ein elementarer Baustein von Star Trek.
Dass man schneller als das Licht reisen kann, wurde immer als große Leistung angesehen,  was die Überwindung dieser Hürde für den Fortschritt der Menschheit bedeutet hat. Das ist Star Trek, dass das Technologie einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, dass Menschen über ihre
Limitierungen hinauswachsen können.

Ich hatte das Gefühl, dass die Macher schon in der ersten Staffel nicht wussten, was sie mit dieser Idee des Sporenantriebes konkret anfangen wollten.
In den ersten Folgen funktioniert er nicht richtig, und man versucht ihn unter Schwierigkeiten  zum Laufen zu bringen.
Und dann fliegt man auch noch in eine andere Dimension, weil eigentlich ein Krieg gegen
Klingonen zu führen wäre, aber egal.     



Der Er-Kann-Alles-Automat.

Der Sporenantrieb ist eine fix eingebaute Deux Ex Machina, und eine die nicht zu einem unerwarteten Punkt am Schluss eingreift, sondern rund um die Uhr im Betrieb ist.
Aber  dieses Prinzip, dass muss man fairerweise sagen, lässt sich nicht alleine an dem Antrieb festmachen. Denn, so kann auch die Mutter von Burhnham plötzlich auftauchen, und mit Rat und Tat an der Seite ihrer Tochter stehen. Obwohl Sie zuerst Tod geglaubt, dann mehrmals in der Zeit verschollen galt.
Ich fand es richtig spannend zu sehen, wie die  Autoren es geschafft hatten sich aus Sackgassen wieder herauszuschreiben.
Wobei in vielen Fällen um so viele Ecken gedacht wurde, dass einem schwindelig werden konnte.
Okay, hier steige ich handlungtechnisch wieder in die Serie ein, aber das wird sich auszahlen.

Also, der Höhepunkt der zweiten Staffel, besteht aus folgendem Szenario.
Die Discovery  tritt in Kontakt mit einer Sonde, die seit zig Tausend Jahren das Universum bereist, und eine Menge Daten gesammelt hat.
Zur Zeit kämpft die Föderation aber gegen ein Computerprogramm, dass gerade Amok läuft.
Dieses Programm war eigentlich dazu gedacht, Strategien für das Hauptquartier zu entwerfen,
hatte aber keine Lust mehr und möchte jetzt die Föderation vernichten.
Wer sich da an den Plot von Terminator erinnert fühlt, liegt 100% richtig.
Die Föderation möchte verhindert, dass dieses Programm die Kontrolle über die Sonde bekommt,
weil deren Datenschatz viel zu wertvoll ist.
Man kann die Daten der Sonde nicht löschen, und in die Luft sprengen geht auch nicht.
Aber, keine Sorge, bei Star Trek liegt immer Plan B herum, der immer sich als das ideale Mittel
bei Notfällen sich gezeigt hat. Und das ist eine Zeitreise.
Also, schießt man die Sonde Eintausend Jahre in die Zukunft, und die Discovery muss mit.

Wenn man dass so liest, könnte das spannender sein, als es auf der Leinwand gewesen war.
Denn die Umsetzung war so spannend wie eine Tasse kalter Kaffee.
Das hat jetzt nichts mit dem Sporenantrieb zu tun, aber dieser Ideenwust zeigt nur, dass
die Macher der Serie nie gewusst haben was deren Kern hätte sein sollen.

Da hätten sie gleich den Er-Kann-Alles-Automat aktivieren können.
Was der kann, einfach alles: Reinkarnation, oder eine echt gute Lasagne.
Wäre statt dieses Antriebes, dieser Automat auf der Discovery installiert worden, hätte sich an dem Konzept der Serie kaum was verändert.
Discovery ist seinen Konsequenzen vollkommen unklar.
Was mache ich mit einem Raumschiff, dass jede Sekunde überall sein kann?
Einen sinnlosen Krieg entfesseln; durch andere Dimensionen und die Zeit reisen; Tote Protagonisten nach einem unklaren Zufallsprinzip wieder auftauchen lassen.

Im Grunde hat Discovery nichts mit Star Trek zu tun.


Anmerkung von max.sternbauer:

Warum die Online-Stream Serie, "Star Trek Discovery," die man sich auf Netflix anschauen kann und ein Teil des Star Trek-Franchise ist, ein gutes Beispiel für schlechtes Storytelling ist.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (01.09.21)
Sehr guter Einstieg, aber dann verliere ich den Faden. Es geht um den "Discovery Channel"?

 max.sternbauer meinte dazu am 01.09.21:
Nein. dass ist eine Serie die man auch auf Netflix schauen kann

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 01.09.21:
Serie von was?
Max, du musst für den Leser genau kenntlich machen, was der Gegenstand deines Essays ist, sonst steht man auf dem Schlauch!

 Judas schrieb daraufhin am 01.09.21:
Man findet sehr schnell raus, dass das Essay sich um Star Trek Discovery dreht - sofern man es zu Ende liest. Oder einfach vorher in die Anmerkung guckt. Natürlich könnte man auch sagen, dass er das beim ersten Erwähnen von "Discovery" hätte Ausschreiben können (also Star Trek Discovery) aber es ist trotzdem zu 100% klar, was Gegenstand des Essays ist.
Wie gesagt.
Sofern man es halt liest.

Antwort geändert am 01.09.2021 um 13:58 Uhr

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 01.09.21:
Sorry, ich bin da halt anspruchsvoller. Vor allem, weil sich der Text Essay nennt und die einführenden Sätze gut gelungen sind. Es ist einfach handwerklich sauber, den Gegenstand wenigstens minimal kurz vorzustellen, z.B. ...die US-amerikanische Science Fiction-Serie "Star Trek Discovery". Ist das wirklich schon zu viel verlangt?
Ich lese vlt. bei Dostojewski o.ä. über so Stolpersteine hinweg, aber nicht bei kV-Texten, da sind viele so wirr und verquast (Teichhüpfer!), dass man nach dem Leser das Gefühl hat, Zeit verplempert zu haben.

P.S:: Inzwischen hat Max ja eine Art Unterzeile vorangestellt. So geht es natürlich auch.

Antwort geändert am 01.09.2021 um 14:07 Uhr

 max.sternbauer ergänzte dazu am 01.09.21:
Ähem, hüstel, ich muss einen kleinen Fehler meinerseits eingestehen. Als ich die Anmerkung geschrieben hatte, war mir entgangen, dass die Anmerkung ganz unten am Fuße des Texte, und nicht als Einleitung erscheint.
Deswegen war mir zuerst nicht klar, wo die Probleme lagen.
Also danke für eure Anmkerungen

 Dieter_Rotmund (01.09.21)
Nun habe ich alles gelesen und zweidrei Anmerkungen:

"Deus ex machina" ist ein Begriff aus der Dramatik und fest definiert. Der Schiffsantrieb kann daher nicht mit dieser Mittelbezeichnung belegt werden.

Wieso ist die Serie eine Streaming-Serie? Ich habe ein paar Folgen auf DVD gesehen, ist es dann eine andere Serie??? Der Vorteil ist: Man kann sich die Serie OmU angucken, das geht bei den Streaming-Diensten nur sehr bedingt (Judas fragen).

Schlussendlich frage ich mich, warum ich denn die Serie auf andere Serien beziehen muss? Ist mir doch egal, ob dieser oder jener Held mit diesem oder jenem Raumschiff irgendwie anders geflogen ist. Wie Max richtig bemerkt, ist diese scheinbare Meta-Diskussion nur Nerdgeplapper. Also muss man sich nicht ausführlich mir ihr beschäftigen, finde ich.

 Judas meinte dazu am 01.09.21:
/Déus ex Máchina/
Substantiv, maskulin [der]
bildungssprachlich

"unerwarteter, im richtigen Moment auftauchender Helfer in einer Notlage; überraschende, unerwartete Lösung einer Schwierigkeit"

warum sollte der Schiffantrieb kein Deus ex Machina sein können? Ach Dieter. Du immer.

 max.sternbauer meinte dazu am 01.09.21:
Um auf den letzten Punkt von Dieters Fazit einzugehen, warum man sich auf andere Serien bezieht, muss ich kontern mit der Feststellung, dass der Antrieb sehr wohl wichtig ist.
Da die erste Staffel von Discovery einen Schwerpunkt auf dessen Handhabung legt, kann man dass nicht so einfach beiseite wischen und sagen, es ist doch egal, wie wer wo auch immer hinfliegen kann.
Die ganze Serie krankt an einem Phänomen, woran sehr viele andere Serien und Filme scheitern.
Nämlich Storytelling das Hand und Fuß hat, und nicht alle Fünf Minuten die Logik der eigenen Geschichte ändert, weil man sich in eine Sackgasse getippt hat.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 01.09.21:
Ja, sorry, aber ich achte lieber auf die Charaktere, Figurenentwicklung und innere Konflikte. Dazu hast Du nichts gesagt - schade.

Das überraschende Element ist ein wichtiges Merkmal, wenn nicht DAS wichtiges Merkmal einer Deus ex machina. Kommt zumeist gegen Ende des Stück, um eine mehr oder weniger verfahrene Situation aufzulösen. Beim Discovery-Antrieb sprich man eher vom entscheidenden "Impact", oder?
Internetdefinitionen sind für einen ersten Eindruck schön und gut, aber es fehlt oft der Kontext und/oder die historische Entwicklung.

Antwort geändert am 01.09.2021 um 14:55 Uhr

 Judas meinte dazu am 01.09.21:
Das ist keine Internetdefinition, das ist aus dem Oxford Language Dictionary...

 max.sternbauer meinte dazu am 01.09.21:
Der Grund warum nichts über die Charakterentwicklung gesagt wurden lag daran, dass ich nicht den Rahmen sprengen wollte und mich auf ein bestimmtes Thema fokussieren wollte, was auch ein
sehr seltsames Thema ist.
Und, es gibt da auch nicht viel zu sagen, außer dass ein paar Charaktere ganz nett geschrieben worden sind, zumindest im Ansatz. Aber deren Entwicklung ist genauso wirr, wie die Story an sich. Für mich war der Antrieb halt ein super Beispiel, wie man es nicht praktizieren sollte.
Innere Konflikte, also ja, es gab welche, nur haben sich die Prämissen genauso schnell geändert, wie die Twist.
Diese Serie ist noch schlimmer in seiner fehlerhaften Konstruktion, als der letzte Star Wars Film.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 01.09.21:
Nun, du musst bedenken, dass Du mit Star Trek und Star Wars zwei "Franchise" in den Fokus nimmst, die sich an ein jugendliches Publikum richten und per se einfach gestrickt sind. Tiefschürfende Analysen sind da vergebliche Liebesmühe. Warum schreibst Du z.B. nicht was über Tarkowskis "Solaris"? Gerne auch wieder als Gastkolumne für einen Donnerstag!

P.S.: Ein Lemma kann - sofern in einem einbändigen Lexikon . den Begriff natürlich nicht ausführlich genug beschreiben. Den beschr. Antrieb als deus ex machina zu beschreiben wäre möglich, aber setzte einen extrem weiten Begriff voraus.

 max.sternbauer meinte dazu am 01.09.21:
Danke für deine Kritik!
Solaris-Kritik schreib ich gerne, muss aber nicht gleich dieser Donnerstag sein. oder? ROFL

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 01.09.21:
:-) Für morgen habe ich schon was...
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