Abbild der Gesellschaft

Beschreibung zum Thema Hunger

von  eiskimo

Ein Einkaufszentrum. Ein Schulzentrum. Ein Gemeindezentrum. Dicht beieinander gelegen am Stadtrand von Köln.
Im Gemeindezentrum verteilen kirchliche Helfer zwei Mal die Woche ab 14 Uhr  "die Tafel". Dann stehen am Gemeindezentrum weit über 50 Menschen geduldig Schlange, und zwar bis weit in die Passage zum Einkaufszentrum hinein. In diese Passage strömen aber auch die Schüler/innen des benachbarten Gymnasiums. Sie haben Mittagspause und tun nichts lieber als sich im Einkaufszentrum zu verproviantieren. 
Mit ihren Smoothies, Burgern, Fritten-Tüten und Pizzas in Vorhalte säumen sie danach die Passage und überall, wo man sitzen oder sich gemütlich breit machen kann, hängen sie dann ab.
Zwei Gruppen bilden nun einen bemerkenswerten Kontrast: Die noch Unversorgten vor der "Tafel" und die munter mampfenden Jugendlichen;  die einen abgehängt, die anderen abhängend.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (14.09.21)
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 Graeculus (14.09.21)
Um die Ungleichheit in unserer Gesellschaft anschaulich zu machen, gibt es meines Erachtens größere Konstrastierungen als Leute, die um Lebensmittelspenden anstehen, einerseits und Schüler, die sich Fritten und Pizzen kaufen, andererseits.
Im Einkaufszentrum werden wohl weit größere Beträge an der Kasse gezahlt als die für diese Kleinigkeiten.

Interessant wäre, wo sich der Autor bzw. Beobachter selbst in dieser Gemengelage lokalisiert: bei den Mittellosen oder bei denen, die an der Kasse bezahlen? Im letzteren Fall: Sollte es hier um einen Appell gehen, inwieweit folgt er diesem seinem Appell? Oder ist er einer der Wegweiser, die den Weg, den sie weisen, nicht auch selber gehen?

Ich jedenfalls beließe es, schriebe ich einen solchen Text, eher bei einer schlichten Beobachtung.

 eiskimo meinte dazu am 14.09.21:
Danke für dieses Hinterfragen!
Ich wollte nicht nur auf die Ungleichheit aufmerksam machen, sondern auch auf die Abgestumpftheit, mit der das hingenommen wird.
Da kaufen sich Wohlstandskinder ihre Leckereien und haben keinerlei Problem damit, diese direkt vor den Notleidenden wegzuputzen.
Die wiederum scheint das auch nicht sonderlich zu berühren.
Wo leben wir?

Antwort geändert am 14.09.2021 um 17:30 Uhr

 niemand antwortete darauf am 14.09.21:
@ Eiskimo
Ich finde Deinen Text nicht schlecht. Zeigt er doch auf, dass in einer bestimmten Schicht, sogar Kinder und Jugendliche mehr Taschengeld zu besitzen scheinen als mancher Erwachsene
zum Leben wohl gebraucht hätte. Jetzt müsste man nur wissen warum und wer bei der Tafel ansteht, denn da wird es ganz sicher Unterschiede geben. Die Sozialleistungen in dieser Gesellschaft sind weltmäßig betrachtet weiß Gott nicht schlecht. Wenn es nämlich anders wäre, müssten eigentlich alle Hartz-Empfänger an den Tafeln stehen. Tun sie aber nicht, weil viele bei sorgsamer Einteilung der Mittel wenigstens einigermaßen über die Runden kommen. Verhungern muss keiner hier im Lande. Dennoch ist der Kontrast in Deinem Text gut, weil er eine Kluft zwischen den gesellschaftlichen Schichten verbildlicht. LG niemand

 DanceWith1Life schrieb daraufhin am 14.09.21:
nur so nebenbei, das überleben ist nicht so schwierig wie die mieten, ich zahle das 10fache im vergleich zu meinem ersten eigenen wgzimmer vor 45 jahren.
bei nur um wenige % höherem einkommen.
für hartzVI-empfänger gibt es mietzuschussgrenzen, innerhalb dieser grenzen gibt es kaum wohnungen.

 eiskimo äußerte darauf am 14.09.21:
Die angesprochene Kluft wird durch den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in bedrohlicher Weise vergrößert, das ist sozialer Sprengstoff, ganz klar.
Meine Frage ist: Wie sensibel sind wir noch dafür? Und wie kann man vor den Leuten, die bei der "Tafel" anstehen, ungeniert sein Mittags-Picknick halten?

 Regina (15.09.21)
Das Fazit dieses Textes "Wohlstand konsumiert Fastfood, Arme stehen bei der Tafel an" erscheint mir unzutreffend. Hier fehlt es an einer Recherche, was bei den Tafeln abgeht. Darüber hat es Reportagen gegeben. Daneben wird nicht gefragt, warum Jugendliche sich in der Pause auf Fastfood stürzen. Sind sie es nicht, die vielleicht hungern, weil es an Angeboten gesunder Mahlzeiten fehlt, wie sie Ernährungsberater, Sozialpädagogen, Lehrer usw. nicht müde werden, zu empfehlen? Dann schauen wir mal in Schulkantinen, in die Pausenbrottüte und auf das beim Pizzaservice bestellte Abendessen. Die Klassengesellschaft zeigt sich, wie meine Vorredner schrieben, eher an Wohnsituationen, Umgebungen und dem Problem, Stromrechnungen usw. nicht mehr zahlen zu können. Und es ist nicht gesagt, dass alle Eltern dieser "mampfenden" Jugendlichen über die Maßen wohlhabend sind. Wodurch wird hier Einfühlsamkeit herausgefordert, wenn einige Leute ruhig in einer Schlange stehen und warten, aber nicht betteln oder Unzufriedenheit ausdrücken?

 eiskimo ergänzte dazu am 15.09.21:
Was mir hier aufstößt: Da vollzieht sich die öffentliche Fress-Lust der einen in unmittelbarem Kontakt zu den anderen, die um Essen anstehen müssen. Unschön!
Ich mag schon diese To-Go-Kultur nicht, denn Essen verdient für mich einfach einen würdigen Rahmen. Und wenn vor mir einer sitzt, der nichts hat, würde es mir nicht schmecken. Bin da vielleicht etwas altmodisch.
Dass Ungleichheit noch viele andere Hintergründe und drastischere Konsequenzen hat, ist natürlich auch klar.

 AchterZwerg (15.09.21)
Hallo Eiskimo,

hier geht es um eine alltägliche Beobachtung und den Zusammenhang, bzw. -klang von "abgehängt" und "abhängen."
Du schilderst dies unaufdringlich und verstehst dich offenbar nicht als Weltenretter.
Um diese Position zu stärken, könntest du aus meiner Sicht locker nach "abhängend" schließen und die Interpretation den Leser*innen überlassen.

Liebe Grüße
der8.

 eiskimo meinte dazu am 15.09.21:
Gut erkannt, Danke! Das Schluss-Lamento kann wirklich weg.
hoch8ungsvolle Grüße
Eiskimo
Agnete (66)
(15.09.21)
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 blauefrau (30.09.21)
Mir gefällt auch die Kontrastierung der beiden Gruppen. Bei uns leben die Pizza- und Dönerstände von den SchülerInnen und ihrem Taschengeld. Jugendliche haben da eine große Kaufkraft.

 eiskimo meinte dazu am 30.09.21:
... große Kaufkraft, aber wenig Mitgefühl.
Wo könnten die das lernen? Mir wird bange vor so einer gefühllosen Welt!
LG
Eiskimo

 blauefrau meinte dazu am 30.09.21:
Die Eltern der SchülerInnen arbeiten oder es ist zu weit, mittags von der Schule nach Hause zu fahren. Daher gibt man den Kindern Geld für die Mahlzeiten. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Jugendlichen kein Mitleid mit armen älteren Menschen haben. Sie sehen den Zusammenhang vielleicht nicht, aber ohne Verständnis sind sie nach meiner Erfahrung nicht.

Antwort geändert am 30.09.2021 um 17:10 Uhr
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