Nein!

Kritik

von  tastifix

Nein!

Es war Karnevalszeit.
Im Tanzlokal wurde gefeiert. Der Saal war mit bunten Luftballons und Luftschlangen an den Wänden geschmückt. Auf den Tischen und dem Boden häuften sich Berge von Konfetti. Auf dem Parkett wirbelten die Paare ausgelassenen herum. Angeheizt durch den Alkohol, überschätzten sie ihre Kondition und gönnten sich keinerlei Pause. Die Stimmung war toll. Es wurde gesungen. Ab und an flog ein derber Karnevalswitz durch die Luft. Die Menschen grölten.

Plötzlich unterbrach etwas die Fröhlichkeit. Noch tanzten sie alle. Noch waren es nur wenige, die stutzten. Doch immer mehr Paare unterbrachen ihren Tanz, standen wie angewurzelt da. Das Lächeln erstarb auf ihren Lippen. Sie starrten in die hintere Ecke der Tanzfläche, in der sich einige Personen im Halbkreis hingehockt hatten. Die Musik verstummte, die Neugierigen näherten sich langsam dieser Gruppe. Auf dem Boden lag ein Mann. mittleren Alters mit durch trainierter Figur. Seine Augen waren geschlossen und er rührte sich nicht mehr. Die  Umstehenden registrierten mit Schrecken, dass dessen Atmung ausgesetzt hatte. Sofort führte eine junge Frau verzweifelte Wiederbelebungsversuche durch. Dabei drückte sie vehement den Brustkorb des Mannes ein. Minutenlang. Ihre Zuschauer verlangten immer eindringlicher danach, einen Arzt zu rufen. Die erste Hilfe hatte Erfolg. Der Mann atmete wieder. Nach weiteren drei Minuten erschienen die sofort alarmierten Sanitäter, um den Mann an Ort und Stelle medizinisch zu versorgen und so transportfähig zu machen. Dann wurde er auf einer Trage aus dem Lokal geschoben..
Betretene Gesichter ringsum. Die munteren Gespräche waren vollends verstummt. Man konnte den Leuten ihre Gedanken förmlich ansehen. Sollte man trotz des eben Erlebten die Party fortsetzen, könnte man innerlich von diesem Schrecken Abstand gewinnen? Solches als zum Leben dazu gehörig betrachten, als wiederholten Beweis dafür ansehen, wie eng Leben und Tod mit einander verknüpft sind?
Man beruhigte sich damit, dies alles stünde für „Realität“, gehöre zu unserem Dasein dazu. Ein paar Menschen vertraten sogar die Ansicht, es sei dessen eigene Schuld gewesen, weil er sich durch Überanstrengung einer solchen Gefährdung leichtsinnig ausgesetzt habe.

Nach einer Viertelstunde war dieses schlimme Erlebnis mehr oder weniger gut verdrängt. Die Menschen tanzten wieder mit zunehmend fröhlicherer Miene.
Wenigstens wurde an diesem Abend kaum noch Karnevalsmusik gespielt.



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