Im freien Fall

Erzählung zum Thema Abenteuer

von  obar75

Mein Name spielt keine Rolle, viel wichtiger ist meine Geschichte.
Alles fing ganz harmlos an. Wir suchten in unserer Stadt das Abenteuer, unser Ziel war es, immer höher, schneller und weiter zu sein als der Rest der Gesellschaft. Das normale und alltägliche Leben ödete uns an, wir suchten den ultimativen Kick.
Deswegen fingen wir bald mit Bungeejumping an, aber je häufiger wir dieses machten, desto mehr, wurde es zu einer Routine und es begann langweilig zu wirken. Währenddessen trieb uns unser Verlangen zu neuen Ufern und neuen Grenzerfahrungen.
Als nächstes machten wir Fallschirmspringen aus dem Flugzeug, der Reiz lag darin, möglichst lange im freien Fall zu sein und erst sehr spät die Reißleine zu ziehen. Aber unser Fallschirmspringerlehrer meinte, dass unser Verhalten nur eine unnötige Gefährdung sei, aber wir wollten nicht auf ihn hören.
Also mussten wir eine Möglichkeit finden, Fallschirmspringen zumachen, ohne unter der Kontrolle des Fallschirmspringerlehrers zu sein. So reifte in uns der entscheidende Gedanke, illegales Fallschirmspringen vom Hochhaus machen. Es war einfach nur das einzig wahre Erlebnis, dieses war der ultimative wahre Kick, den wir immer gesucht hatten. Häufig schrammten ganz knapp am Tode vorbei. Dieser Kick, weil er illegal und eine wirkliche Herausforderung war, war einfach lange Zeit nur die Krönung alles menschlichen Handels.
Aber irgendwann kam einer von uns auf die Idee, dass wir mal russisches Roulette spielen könnten. Er sah das als die neue Herausforderung an. Er hatte einen alten Trommelrevolver von seinem Vater entwendet und schon eine Kugel in die Trommel gesteckt. Er drehte die Trommel und gab den Revolver meiner Freundin, damit sie es als erstes ausprobieren könnte. Die hielt sich den Revolver gegen den Gaumen und drückte ab, ein Schuss löste sich. Danach brach sie tot zusammen. Schlagartig wurde mir damals klar: „Wir sind gierig nach dem neuen Kick und haben nun unser erstes Todesopfer.“

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Kommentare zu diesem Text

Schroebibri (48)
(24.02.05)
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 obar75 meinte dazu am 24.02.05:
Hallo Schroebibri, ich denke mir, das du mit deiner Meinung recht hast und das leben wirklich wertvoll ist, was mir bei meinen Geschichten noch auf gefallen ist, das ich sehr viele negative und abgründige Geschichten gezeichnet habe. In meinen Geschichten gehört Gewalt und der Tod schon fast zum Alltag dazu, der gewinnt eine dominante Stellung. Ich möchte vielleicht auch ein bißchen die Abgründe dieser Gesellschaft aufzeigen, das nicht immer alles rosarot und in sonstigen Bonbonfarben glänzt und blinkt. Überhaupt wird in unserer Gesellschaft viel zuviel alles immer weich gezeichnet und dadurch auch verfälscht. Wenn du aber mal eine positivere Geschichte von mir lesen möchtest, würde ich dir „In einer fremden Stadt“ ans Herz legen.
LG obar75

 DariusTech (24.02.05)
Menschen die die Gefahr brauchen, nur um sich lebendig zu fühlen sind eigentlich bemitleidenswert, und dann trifft es auch noch immer die falschen... Bleib dabei über die Grenzen der Gesellschaft hinauszugreifen, und etwas mit zurückzubringen, das tust Du mit diesen Geschichten, auch wenn sie "innerhalb" unserer Gesellschaft sind, sind sie dennoch abseits davon. Du tust genau das, was laut Roland Barthe die Aufgabe eines Künstlers ist... Versuch garnicht den Nerv der Zeit zu treffen, das wäre überflüssig. lg darius

 obar75 antwortete darauf am 25.02.05:
Hallo lieber DariusTech,
es freut mich, dieses von dir zu hören. Diese Welt ist voller Geschichten, man muss sie nur aufgreifen und erzählen. Ich selber bin nur ein Spiegel und werfe diese Geschichten, wie Lichtstrahlen, in die Gesellschaft wieder zurück. Habe vielleicht schon eine neuen Gedanken, handelt auch von Jugendlichen, die den Kick suchen. Überhaupt finde ich solche Themen auch äußerst interessant, ich mag es aus dem subkulturellen Blickwinkel die Geschichten zu schreiben, deswegen habe ich auch so häufig Geschichten über Graffiti geschrieben.
LG obar75
filius_delicti (23)
(26.02.05)
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 obar75 schrieb daraufhin am 19.04.05:
Lieber filius_delicti, ich habe deinen Kommentar nochmals gelesen und jetzt mit einem gewissen zeitlichen Abstand bemerke ich, das auch das Schreiben für mich eine Art von Abenteuer dargestellt hat und ich so auch neue Erfahrungen für mich selber gemacht habe. Es ist ein Abenteuer, welches nicht harmlos ist, sondern auch sehr gefährlich ist, weil man neue und verdrängte Seiten seiner eigenen Psyche entdeckt und dieses kann viel schmerzvoller und nachhaltiger sein, als vielleicht ein Armbruch bei einem physischen Abenteuer.
LG
Obar75

 Bergmann (08.12.05)
Bis zum Ende sehr flottes Spiel, Schluss aber zu traurig für solche Zyne - oder? Ich darf nicht kritisieren, habe auch so eine Geschichte, ich stell sie gleich rein. Totenblatt: Bungee.

 obar75 äußerte darauf am 09.12.05:
Lieber Bergmann,
das Leben ist ein wandelnder Prozess, wo es immer wieder vorkommt, das der Zynismus wie eine heiße Blase von Magma an die Oberfläche stößt. Ich selber bin nur der Zerrspiegel, der diesen Zynismus überspitzt und ihn mittels dieser Geschichte wieder in die Gesellschaft zurückwirft.
Liebe grüsse
Obar75

 obar75 ergänzte dazu am 21.07.06:
Lieber Bergmann,
ich habe über deinen Kommentar nochmals nachgedacht und „Ja, ich bin in manchen Momenten des Lebens ein Zyniker!“
Ich finde auch, dass Ironie und Sarkasmus ein Teil meines Lebens bzw. meiner Kommunikation ist! Ironie und Sarkasmus können eine gewisse Würze in ein Gespräch bringen, wenn der Empfänger dieses auch versteht und auch als solches akzeptiert, ansonsten kann es leider immer sehr hinderlich sein.
Liebe grüsse
Obar75

 Bergmann meinte dazu am 28.07.06:
Wenn Ironie dem Leben dient, ist nichts dagegen zu sagen. Zynismus aber ist eigentlich immer zu scharf und dient nicht dem Leben. Aber wenn du mit der Zyne 'nur' spielst, dann mag es gehen. Bild und Zerrbild der Welt geben - das ist AUCH Aufgabe des Dichters.

 obar75 meinte dazu am 29.07.06:
lieber bergmann,
ich kann dir nur sagen, das du recht hast und das jeder dichter ein abbild bzw. ein zerrbild der gesellschaft geben muss!
LG obar75
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