Die Weissagung

Märchen zum Thema Hoffnung/Hoffnungslosigkeit

von  Mondsichel

Und es begab sich vor sehr langer Zeit, als noch die Druiden ihre Zirkel in den tiefsten Wäldern hielten. Da wurde irgendwo auf dieser Welt einer jungen Frau geweissagt, dass ihr Kind, das bald geboren werden sollte, den ewigen Krieg zwischen König und Volke für immer beenden würde. Doch wie und wann dies geschehen solle, das konnten die weisen Druiden der jungen Frau nicht sagen. Denn „das Schicksal nimmt seinen Lauf“, so sagten sie. Die Nachricht über diese verheißungsvolle Weissagung ließ das Volk aufatmen, das schon nahe der Ohnmacht gelebt hatte... Der König des Volkes war ein grausamer Herrscher. Alles was ihn interessierte, waren Macht, Gold und Waffen. Der Krieg war seine größte Leidenschaft. Doch er führte nicht nur gegen seine Nachbarn Krieg, sondern auch gegen sein eigenes Volk. Wagte es jemand sich ihm entgegen zu stellen, so dachte er sich die grausamsten Foltermethoden aus und ließ den Gefangenen vor den Augen des Volkes hinrichten. Es waren Rituale von mehreren Stunden, die sich jeder, ob Groß oder Klein, anzuschauen hatte. Niemand sollte es wagen ihn stürzen zu wollen. Er wollte das jeder Bürger in Angst vor ihm lebte... Als schließlich auch ihm die Weissagung der alten Druiden zu Ohren kam, da ward er sehr zornig und veranlasste das alle Druiden von nun an Vogelfrei und somit jeglicher Gewalt ausgeliefert seien. Ein großes Massaker begann, dem so viele Druiden zum Opfer fielen, das man glaubte, der König wolle die Worte der Weissagung mit Blut fortwaschen. Schließlich brachte man den Ältesten der Druiden vor den Herrscher. Verächtlich blickte der alte Mann den König an und sprach mit gebrechlicher Stimme: „Glaubst Du wirklich Dein Schicksal ungeschehen zu machen, wenn Du jene die es aussprachen tötest? Du bist ein Narr König! Du wirst dieser Weissagung nicht entkommen, denn sie stand so in den Sternen. Das Schicksal nimmt immer seinen Lauf, auch Du wirst das nicht ändern können!“ Der König war so wütend über die Worte des alten Mannes, dass er sein Schwert zog und dem Druiden den Kopf mit einem Hieb abschlug. „Schweig, Du vermaledeiter Hund!“ Doch er schwieg nicht. Der Kopf lag nun ein Stückchen weiter weg am Boden und die Augen des Druiden durchbohrten des Königs Herzen. Immer wieder hörte er den alten Mann die Worte sprechen die ihn so wütend gemacht hatten: „Das Schicksal nimmt immer seinen Lauf!“ Immer lauter und kreischender schienen diese verfluchten Worte in seinen Ohren zu hämmern, bis die Stimme schließlich irgendwann verstummte. Der König ließ den Kadaver fortbringen und auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Diese Druiden sollten nicht glauben, das er sich so leicht geschlagen geben würde. Da er nicht wusste welcher Frau diese Weissagung gemacht worden war, veranlasste er, dass alle schwangeren Frauen und alle Neugeborenen Kinder getötet werden sollten... Die Häscher des Königs richteten ein Massaker unter dem Volke an. Und schließlich kamen sie auch zu der Frau, der das Schicksal der Sterne geweissagt wurde. Sie hatte nur wenige Tage zuvor ihr Kind geboren gehabt, das friedlich in einer Wiege lag und schlief. Die Frau erschrak als die Männer ihr Haus stürmten. Schnell nahm sie ihr Kind aus der Wiege und versuchte zu flüchten. Doch die Häscher bekamen sie zu fassen, umzingelten sie und forderten drohend das Kind von ihr...

Sie versuchte vergeblich ihr Kind zu beschützen, schrie und schlug um sich. Doch alles half nichts. Man riss ihr das schreiende und weinende Kind aus dem Armen und tötete es brutal vor ihren Augen, während sie wimmernd und verletzt in einer Ecke festgehalten wurde. Es schien, als wäre nun alle Hoffnung verloren... Da die Häscher gleichzeitig an vielen Stellen des Ortes Kinder und Schwangere umbrachten, ließ man rasch einige Männer zum Hause des Kindes der Hoffnung entsenden. Doch es war zu spät. Es war schon geschehen als sie ankamen. Es war alles voller Blut und die Mutter hielt ihr Kind von Weinkrämpfen geschüttelt im Arm. Man kümmerte sich um sie und um das, was von ihrem Kinde übrig geblieben war. Die Nachricht über den Tod des Kindes der Hoffnung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Das Volk geriet darüber und über die Geschehnisse der letzten Nacht dermaßen in Wut, das sie zu allem möglichen griffen was als Waffe dienen könnte und zogen in Richtung Königsschloss. Eine Welle erhob sich und es war als würde sie über dem Schlosse mit aller Wucht zusammenbrechen... Auch der König erhielt schließlich die Nachricht, dass jenes Kind das ihm gefährlich werden sollte, tot sei. Nun glaubte er sicher vor dem Schicksal zu sein, das man ihm geweissagt hatte. Selbst als man ihm mitteilte, das sein Volk das Schloss stürmen wollte, glaubte er sich noch immer in Sicherheit. Er schickte seine Soldaten aus und ein harter Kampf fand vor den Toren des Königshauses statt, während der Herrscher selbst gemütlich an seiner Tafel saß und speiste. Das große Gemetzel fand fiele Opfer auf beiden Seiten, doch am Ende überwog schließlich das Volk und stürmte den Palast. Der König saß noch immer an seiner Tafel, als die Menschen den Saal stürmten und über ihn her fielen. Man schleppte ihn an eines der großen Fenster, wo er sich dem Volke zeigen musste. Die Menge johlte laut auf und schrie vor Freude auf, als er am Fenster erschien... Der König war sich nun bewusst, das er verloren hatte. Doch er wagte es nicht um Gnade zu winseln, vor diesem Abschaum, wie er sein Volk immer genannt hatte. Stattdessen zeigte er sich hochmütig wie eh und je, was das Volk noch wütender machte als je zuvor. Schließlich warf man ihn der aufgebrachten Menge regelrecht zum Fraß vor. In ihrer Wut zerfleischten sie den König regelrecht. Was am Ende vom Kadaver übrig blieb, das warfen sie den ausgehungerten Hunden zum Fraß vor. Und endlich hatte das Wort Frieden in diesem Lande wieder eine Bedeutung. Man baute das Land neu auf, formte es nach eigenen Vorstellungen und Wünschen. Schließlich wurde vom Volke ein neuer König gewählt, der gerecht über sein Volk herrschte... Die Mutter, die einst das Kind der Hoffnung geboren hatte, ging hinaus in den Wald um die Druiden zu suchen, die noch übrig geblieben waren. Die Druiden wussten, welchen Schmerz die Frau erlitten hatte und meinten zu ihr: „Es war Deinem Kind bestimmt zu sterben, das war sein Schicksal. Nur so konnte das Volk den Mut finden sich gegen ihren grausamen Herrscher zu erheben. Dein Kind hat mit seinem Tode den Krieg für immer beendet.“ So langsam verstand die junge Frau, doch die Trauer wollte ihr das Herz zerreißen. Da sprachen die Druiden zu ihr: „Sei nicht traurig Frau. Das Volk weiß um Deinen Schmerz, aber auch um den Verdienst den Du dem Mut in ihren Herzen geleistet hast. Sie werden Dir ewig dankbar sein.“ Sie lächelte und fand nach einer Weile auch den Mut zum Leben wieder. Und als sie nach einiger Zeit wieder schwanger war, ging sie abermals in den Wald, um die alten Druiden um eine Weissagung zu bitten...

(c)by Arcana Moon

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Kommentare zu diesem Text


 JohndeGraph (09.06.05)
Ich mag Märchen ... gute Geschichte ;). Grüße J.d.G.

 Mondsichel meinte dazu am 29.06.05:
Hehe, danke. Ich mag Märchen auch sehr. Auch wenn sie bei mir eher etwas düsterer als bei anderen sind. Und oftmals auch erst für Erwachsene geschrieben wurden... Diese kindliche Naivität für Kinder kann ich leider nicht in meine Texte einfließen lassen. ;)
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