Das Wandern ohne Licht

Kurzgeschichte zum Thema Nacht

von  Aguaraha



Das Wandern ohne Licht

Es ist dunkel, doch schemenhaft kann ich alles gut erahnen. Ich las heute in einem wissenschaftlichen Magazin, dass Licht nachts schädlich für den Hormonhaushalt sei. Vor allem bei jungen Mädchen, denn diese würden schneller erwachsen. Ich bin kein Mädchen und auch bereits erwachsen – na ja, darüber reden wir lieber nicht. Aber ich nahm mir fest vor, nachts, wenn ich aufstehe, nicht das Licht anzumachen. Wer weiß? Nach jahrelanger intensiver nächtlicher Lichtbestrahlung sollte ich vielleicht wieder etwas gut machen. Außerdem mochte ich die Dunkelheit eigentlich gern.
Ich stand nun vor dem Kühlschrank und überlegte. Im Kühlschrank war ein Licht drin. Ein kleines zwar – aber ein Licht. Ich wollte nur etwas trinken und einfaches Leitungswasser macht es schließlich auch. Ich schlendere zum Wasserhahn und greife, ganz nebenbei, in der Dunkelheit des Einbauschranks hinein. Das war ein Fehler.
Ein Rollen, ein Klirren, ich sehe etwas aufblitzen. Zum Glück besitze ich gute Reflexe und kann das Weinglas noch vor der Arbeitsplatte greifen. Ich atme erleichtert auf. Moment! Es gluckert so. Noch im Sprung schaue ich mich um. Wer zum Teufel hat das halbe Tetrapack ausgerechnet an der Kante stehen lassen? – zugegeben, ich könnte es selbst gewesen sein. Ich rieche den aromatischen Inhalt. Es ist Apfelsaft! So eine Scheiße! Zum Glück sind meine nackten Füße trocken geblieben.
Also, ab zur Kammer und einen Wischlappen holen. Da gab es auch einen Eimer, dachte ich noch, als er laut polternd über mich fällt. Ich lausche in die Dunkelheit, ... alles ist still. Ich atme auf, niemand ist aufgewacht. Noch etwas Wasser und den Lappen ausgewrungen, dann begebe ich mich zum Ort des Verbrechens. Scheiße! Ich stehe mit nackten Füßen in einer schönen klebrigen Pfütze. Diese war doch größer, als ich dachte. Leise fluchend wische ich den Boden, die Arbeitsplatte und die Schranktüren ab.
Endlich fertig, doch meine Füße kleben noch. So kann ich nicht wieder ins Bett. Also, ab ins Bad.
Ich überlege noch so nebenbei, ob es eine gute Idee war, das wandern ohne Licht. Im Bad ist es heller, was kann hier schon geschehen. Ich setzte mich an den Badewannenrand, meine Beine an Wasserhahn und öffne es. Sofort ergießt sich ein breiter Strahl eiskaltes Wasser auf meinen Rücken. Ich bin so erschrocken, dass ich erst die Duschgardinen herunterreiße und dann in die Badewanne falle, bevor ich das Wasser endlich abstellen kann. Ich niese laut, wie ein nasser Kater sitze ich da. Wer diesen „Dusch- und Wasserhahn in einem“ erfunden hat gehört meiner Meinung nach erschossen!
Meine Frau ruft nach mir.
„Alles in Ordnung Liebling!“ – lüge ich.
Ich mache das Licht an und dusche mich warm, nachdem ich die Gardinen provisorisch wieder angebracht habe. Dann hole ich mir einen trockenen Pyjama und gehe in der Küche und koche Wasser für einen Tee. Ich sollte natürlich erwähnen, dass ich alle Lichter dabei anmache.
Der Tee ist fertig. Da entdecke ich auf dem Küchentisch das Magazin und blättere darin, als meine Frau durch die Tür schaut.
Sie schimpft und nörgelt verschlafen etwas von Rücksicht und Nachtruhe.
„Schatz, wir sollten Bild des Wissens abbestellen.“ – entgegnete ich trocken und zeige ihr das an allem schuldige Magazin.



Anmerkung von Aguaraha:

Ist natürlich alles erfunden, ...

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Kommentare zu diesem Text

kersmi (38)
(14.09.05)
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 Aguaraha meinte dazu am 15.09.05:
Oh nein, ... deine Ideen, blinde Schlampen (eigentlich nicht zum lachen, doch ich musste laut lachen), ich glaube, die gibt es nicht. Aber anders gefragt, ist es denn schlampig wenn du weiß wo alles liegt?
Danke für dein Lob!
kersmi (38) antwortete darauf am 15.09.05:
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vain (34)
(22.09.05)
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 Aguaraha schrieb daraufhin am 22.09.05:
Na ja, ... weis noch gar nicht wo hin, ... bei so viel Lob.
Ich hab mich im laufe der Jahre enorm gebessert (und es gibt ja auch noch Word , ... noch in der Schule hatte ich in einem Diktat ein Wort, was drei mal vorkam auch drei mal unterschiedlich falsch geschrieben, ... zum Glück meinte die Schulpsychologin, ich sei sehr intelligent und werde es irgendwann lernen – damals und in Paraguay gab es keine speziellen Lernmethoden wie heute.
vain (34) äußerte darauf am 22.09.05:
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 Aguaraha ergänzte dazu am 26.09.05:
Hab ich, ... und den Text auch endlich überarbeitet, ... Danke.
Dark_Soul (27)
(26.09.05)
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 Aguaraha meinte dazu am 26.09.05:
Danke ... schön, ... liebe Cheers.

 souldeep (29.09.05)
also, ich hab schon beim ersten mal gelacht und geschmunzelt und mich gewundert über deine fähigkeit, so ernsthaft selbstbeobachtend diese situationen fassbar zu beschreiben. ist dir echt gelungen!

liebe grüsse zu dir
kirsten
lichtlösch und stolpern lernend...

 Aguaraha meinte dazu am 29.09.05:
So viel Lob macht mich wirklich richtig verlegen ... (ich danke dir so sehr – das habe ich nämlich einfach gebraucht, ... nach dem Vain mich auf den Teppich der Tatsachen zurück geholt hatte)
daniela (39)
(21.10.05)
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 Aguaraha meinte dazu am 21.10.05:
Hallo Daniela, ... das ist aber ein ganz lieber Kommentar.
Jetzt kann den Tag locker kommen, ... so bestärkt wie jetzt – ich danke dir! ))
C.S.Steinberg (43)
(24.04.06)
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Sebastian (37)
(25.04.06)
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 Aguaraha meinte dazu am 25.04.06:
Danke das Sie nicht einfach zum nächsten Text übergegangen sind, denn Ihr Hinweis hat mir sehr geholfen – ich habe es auch gleich geändert. Viele haben mir bereits geholfen und ich habe eine Menge gelernt (siehe andere Kommentare).
Was ich schade finde ist, dass Sie nicht mehr über mich oder nicht einfach weiter gelesen haben. Warum ich das jetzt sage? Ihr Urteil war vernichtend, ... damit kommen sicher, nur wenige klar.
Ich wünschte jemand mir Ihren Können würde meine Texte – die, die mir wichtig sind – so gut rezensieren.

 mondenkind (28.04.06)
*lächel*
eine coole geschichte! und eine witzige idee! :))

 Aguaraha meinte dazu am 02.06.06:
Ich danke dir, ... nach der niederschmetternde Rüge von Sebastian tun mir deine Worte gut!
Und, danke auch für deine Tipps, ...
The_black_Death (31)
(17.10.06)
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