Schicksal

Kurzprosa zum Thema Veränderung

von  ViolaKunterbunt

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Marienhospital – Aufwachstation
Die Operation ist gelungen, doch das Bein konnte nicht gerettet werden. Zerquetscht zwischen dem Motorblock des Porsches. Ganz langsam dringt es in sein Bewusstsein, was das für ihn bedeutet.
Noch vor ein paar Tagen war er der Star seines Fußballvereins – der Liebling des Trainers, umschwärmt von den Mädchen, geachtet von seinen Teamkollegen und gefürchtet von seinen Gegnern.
Dafür hatte er gekämpft, und endlich war es klar, dass er in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen würde. Die Zukunft lag glänzend  vor ihm. Er träumte von Haus und Jacht – von Frau und Kindern – von einer Karriereleiter, die ihn zur Fußballweltmeisterschaft führen könnte.
Bis da diese Kurve war – und der LKW. Scheinwerfer blendeten. Er konnte nichts machen. Ein ohrenbetäubender Knall, ein hässliches Kreischen der aneinander ratschenden Metallteile.
Sein Bein ist verloren - sein Leben ist zerstört.  -------

Marienhospital – Aufwachstation
Die Operation ist gelungen, doch das Bein konnte nicht gerettet werden. Zerfetzt von einer Handgranate. Ganz langsam dringt es in sein Bewusstsein, was das bedeutet.
Noch vor ein paar Tagen lag er schlammverschmiert im Schützengraben. Kugeln schlugen rechts und links neben ihm ein. In der Luft Geruch von Blut und Rauch. Eisige Kälte zog durch den hungrigen Körper. Nächtelang hatte sich der ganze Trupp an die Kampflinie vorgearbeitet.
Sie waren ein gutes Team, - das bei jedem Angriff ein wenig kleiner wurde. Freunde sah er sterben. Die Schreie sind in seinem Ohr. Und irgendwann war er selber zu nah am Einschlag. -  Als er getroffen wurde, befreite ihn eine gnädige Ohnmacht von der Wirklichkeit.
Vom Lazarett aus bekam er den letzten Platz im Hubschrauber, der Verletzte aus dem Krisengebiet flog.
Nun liegt er in sauberen, weißen Laken - seine Wunde versorgt - die Schmerzen sind betäubt – er hat zu essen - der Raum ist freundlich und warm – fürsorgliche Menschen um ihn herum.
Sein Bein ist verloren – sein Leben kann neu beginnen.



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Kommentare zu diesem Text


 mondenkind (28.01.06)
das ist gut.
zwei schicksale, so ähnlich und mit solch unterschiedlichen blickwinkeln betrachtet. ein gedankenanstoss. lg, nici

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 28.01.06:
Danke für Deinen Kommentar.
Ja, - ein Gedankenanstoß! Was für den einen die Katastrophe ist, kann für den anderen das neue Leben sein. Liebe Grüße, Viola
Eira (36)
(28.01.06)
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 ViolaKunterbunt antwortete darauf am 28.01.06:
Auch Dir ein Danke für Deinen Kommentar. Es kommt halt immer auf die Ausgangssituation an. Liebe Grüße, Viola

 Sonnenaufgang (28.01.06)
liebe viola, die unterschiedlichkeit beider schicksale kommen hier ganz klar rüber. so traurig auch der text ist, aber du hast ihn sehr gut formuliert. liebe grüsse von felicitas

 ViolaKunterbunt schrieb daraufhin am 28.01.06:
Danke Dir! Ja, einerseits ist es traurig, aber andererseits.... Das ist ja das Fatale!
Liebe Grüße, Viola
vain (34)
(28.01.06)
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 ViolaKunterbunt äußerte darauf am 28.01.06:
Wow ! Ein solches Lob vom King ! Jetzt bin ich von mir selber beeindruckt. - Ernsthaft: ich freu mich kringelig, dass es Dir so gut gefällt. Und dann noch die Empfehlung ... und sogar als Lieblingstext... ausdrucken... Sammlung.... Boah! (mit solchem Boah drückt der gemeine Ruhrpöttler höchstes Erstaunen und Ergriffenheit aus.)
Kann bitte mal jemand bei mir hier die Zimmerdecke höher legen?
Vielen Dank und kunterbunte Grüße, Viola

 Traumreisende (28.01.06)
ja es fällt schwer etwas zu einem solch tiefgreifendem bild zu schreiben... ein danke für das bewegen. ja,
lg silvi

 ViolaKunterbunt ergänzte dazu am 12.02.06:
Und ich danke Dir für Lesen und Kommentieren. Ich freu mich sehr. Liebe Grüße, Viola

 BrigitteG (29.01.06)
Jede der beiden Geschichten ist ist sich schlüssig fortentwickelt. Und genau dadurch wirkt es so, als ob es nur so und nicht anders weitergehen könnte, d.h. der Perspektivenwechsel wirkt um so krasser und beeindruckender.

Eine Freundin von mir hat mal erzählt, dass sie ein Spiel unter Frauen gemacht haben, und zwar haben sie einfach nur gegenseitig ihre Anziehsachen ausgetauscht. Hört sich auf Anhieb erst mal belanglos an, machen kleine Kinder bestimmt auch. Aber sie hat erzählt, wie völlig ungewohnt es war und wie stark die Hemmungen dabei waren. Ich habe versucht, mir das vorzustellen, und sie hatte recht - ungewohnte Kleidung verbinde ich automatisch mit einem unvertrauten Charakter. Eine Rolle, in die man sich hineinversetzt, die man zuerst als "fremd" empfindet, weil einem das eigene so "normal" ist.

Ich glaube, dass das wichtig ist, dieses Hineinschlüpfen in die fremde Haut, nicht um Alles anzunehmen, aber um ein offenes Herz zu behalten, und einen offenen Kopf. Ist schwierig, bleibt schwierig. Liebe Grüße, Brigitte.

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 12.02.06:
ja, ist schwierig. Ich wollte damit ausdrücken, dass so ziemlich jede Situation im Leben immer von zwei Seiten betrachtet werden kann. Beide sind in der genau gleichen momentanen Lage, aber die Einstellung, die sie dazu haben, hängt ganz und gar von dem Kontext ab, aus dem jeder der beiden kommt.
Danke Dir!
Viola

 EWIGESxxEIS (30.01.06)
finde ich gut geschrieben ,was ein Wort mit drei Buchstaben schon für eine andere Bedeutung haben kann im Leben
dieses "NUR" wirkt nach.
Gruß Heike

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 12.02.06:
Danke, ich freue mich, dass es Dir gefällt.
Liebe Grüße, Viola
orsoy (44)
(30.01.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 12.02.06:
Ja, und eigentlich ist das selbe eben doch das selbe, nur die Einstellung des Einzelnen macht es zu etwas Anderem.
Liebe Grüße, Viola
PraesidentDeath (24)
(12.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 12.02.06:
Danke, das freut mich.
Kunterbunte Grüße, Viola
Schroebibri (48)
(12.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 17.02.06:
Ich danke Dir. Freut mich sehr, dass es beeindruckt.
Liebe Grüße, Viola
AliseaAvery (32)
(15.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 17.02.06:
Da danke ich Dir aber. Freut mich, dass es gefällt.
Gruß, Viola
zackenbarsch† (74)
(15.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 15.02.06:
Hallo Zackenbarsch, wie schön Dich mal wieder zu lesen!
Zu Deinem Kommentar: Nein das glaube ich so nicht. - Ein amputiertes Bein ist zuerst einmal in beiden Fällen die sachliche Ausgangsposition. Aber wie man diese Tatsache empfindet und im Leben einordnet, das hängt sehr von der inneren Einstellung dazu ab. Und diese bildet sich natürlich aus dem vorhergegangenen Erlebten.
Natürlich habe ich hier eine Extremsituation genommen, - und dazu zwei ganz konkrete außergewöhnliche Einzelfälle.
Und bei diesen beiden Menschen bin ich mir sicher, dass sie tatsächlich die Situation völlig anders empfinden. Eben so oder so ähnlich, wie ich es beschrieben habe.
Damit will ich aber auf keinen Fall sagen, dass ein amputiertes Bein, das jemand im Krieg verloren hat, nicht so schlimm ist. Das kann ich von außen in keiner Weise beurteilen. Ob und wie schlimm man einen Schicksalsschlag empfindet liegt meiner Meinung nach in der Einstellung der einzelnen Person.
Liebe Grüße, Viola
Micchan (20)
(16.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 17.02.06:
Vielen Dank für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße, Viola
Blackrose (16)
(18.02.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 29.03.06:
Ja, ein krasses Beispiel, aber daran erkennt man ja immer am besten, worauf es ankommt.
Danke und liebe Grüße, Viola

 Bergmann (27.02.06)
parallelgeschichte - gute idee.

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 29.03.06:
Danke fürs Kommentieren.
Bonobo (38)
(14.03.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 29.03.06:
Vielen Dank!
Sehr interessant und neu war für mich die Überlegung, ob das Glas vielleicht einfach nur doppelt so groß wie benötigt sein könnte. Toller Gedanke.
Kunterbunte Grüße, Viola
Lurifax (45)
(28.03.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 29.03.06:
Vielen Dank fürs Nachsinnen. Liebe Grüße, Viola

 apple (08.04.06)
*grübel*

schon was dran, ja. schon. - ich werd's bedenken!

joghi

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 04.06.06:
Denke und bedenke!
Liebe Grüße, Viola
daniela (39)
(11.06.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 11.06.06:
Hallo Daniela, danke fürs lesen und verstehen, fürs Kommentieren und fürs Grüßen.
Liebe Grüße an Dich und sonnige Tage!
Viola
janna (60)
(19.08.06)
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 ViolaKunterbunt meinte dazu am 19.08.06:
Hallo Janna, Ja, es ging mir vor allem darum, zu zeigen, dass die gleiche Situation ein ganz anderes Erleben bringt, wenn die Vorgeschichte dermaßen unterschiedlich ist.
Ich danke sehr für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße, Viola

 Martina (29.09.06)
Ja, hier hat du sehr gut beschrieben wie unterschiedlich gleiche Schicksalsschläge verschiedene Menschen sehen. Da muss ich erst mal noch länger drüber nachdenken...Du schreibst aber auch Sachen...tze tze,...Echt anspruchsvoll, da ist es mit einmal so leicht überfliegen nicht getan...man wird ja regelrecht gefesslt ) Lg Tina

 ViolaKunterbunt meinte dazu am 30.09.06:
Gefesselt ... das ist sehr gut. Danke schön!
Ja, und es kommt immer auf die Ausgangslage an, wie etwas empfunden wird. Deshalb kann man als Außenstehender auch oft gar nicht mitreden.
Liebe Grüße und nochmal Dank für das viele Kommentieren.
Viola
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