Wanda und das Weltgeschehen

Aktuelles


Eine archivierte Kolumne von  Songline

Samstag, 17. Dezember 2011, 22:36
(bisher 426x aufgerufen)

Die fortgesetzte Volksverarsche

Die Angela, also die Bundesangela, Ihr wisst schon, unsere Kanzlerin, die war ja diese Woche wieder in Sachen Euro beschäftigt. Manchmal glaube ich, die ist über jede Eurokrise froh, denn wenn sie nach durchberatener Nacht mit tiefer als sonst herunterhängenden Augenlidern vor die Presse tritt, denkt der deutsche Durchschnittsbundesbürger, sie würde ganz doll viel arbeiten, während sie bei innenpolitischen Themen so gut wie nie in Erscheinung tritt. Das aber nur am Rande.

„Europa geht gestärkt aus der Krise hervor“, hat die Angela gesagt. Nun kann die mir ja viel erzählen, glauben tue ich das deswegen noch lange nicht. Also habe ich mir das Krisenpaket mal angeschaut, das die da nächtelang beraten haben.

„Alle Länder führen eine gesetzliche Schuldenbremse – möglichst in den Verfassungen – mit dem Ziel ausgeglichener öffentlicher Haushalte ein.“ Da geht es ja schon los. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes steht doch in Deutschland schon in der Bundes- und den Landesverfassungen! Da frage ich mich ja, ob die Politik überhaupt weiß, was das ist: Also, liebe Politiker, ein ausgeglichener Haushalt ist, wenn man auf meinen Papa hört und höchstens so viel Geld ausgibt, wie man einnimmt. Da die Politik aber weder meinen Papa noch die eigenen Verfassungen kennt, hat sie unsere Staatverschuldung von 1950 mit umgerechnet 10 Milliarden auf heute 2.027 Milliarden Euro ansteigen lassen. Und mit jedem Haushalt, der ein Defizit hat, kommen wieder mehr Schulden hinzu.

„Ja …“, schreien da manche, „aber das Defizit wird doch immer kleiner!“ „Jaaa…“, schreie da ich, „aber ein Defizit bleibt ein Defizit und erhöht unsere Schuldenlast. Wenn ich dieses Jahr 48 Milliarden Euro Defizit habe und nächstes Jahr 31 Milliarden, dann habe ich in 2 Jahren immer noch 79 Milliarden Euro Schulden gemacht. Also versucht nicht, mir zu erzählen, wie toll ein kleineres Defizit ist!“
So. Nun haben wir also alle verstanden, dass die Schulden immer höher werden, obwohl in den Verfassungen steht, dass das nicht so sein sollte und obwohl das Defizit jedes Jahr sinkt. Wobei ja auch noch keiner weiß, ob es das wirklich tut. Denn nur, weil die Politiker das wollen, heißt das ja nicht, dass das dann auch so eintrifft. Aber egal, machen wir weiter mit den tollen Beschlüssen:

„Die EU kann Länder, die zu hohe Haushaltsdefizite haben, in Zukunft automatisch bestrafen.“ Ja nur – wie denn? Sicher nicht, indem man ihnen Strafzahlungen aufbrummt, denn mit jeder Strafzahlung würde ja das Haushaltsdefizit noch höher! Wie man bestraft, haben wir am Beispiel von Griechenland gelernt: Die dürfen jetzt nur noch die Hälfte ihrer Schulden zurückzahlen, obwohl sie doch unbedingt alles zurückzahlen wollten. Über diese Strafe sind die Griechen bis heute so empört, dass sie deswegen auf die Straßen gehen und protestieren. Ach nee, das war anders, die protestieren, weil die jetzt genauso lange arbeiten sollen wie wir und weil jetzt die Rentner erfasst werden, damit nicht wie bisher die Renten noch weitergezahlt werden, wenn die alten Leutchen schon 20 Jahre tot sind.

Also, wenn ihr mich fragt: Den ganzen Euro-Beschlüssen merkt man an, dass sie nach durchwachter Nacht in den frühen Morgenstunden gefasst wurden, als alle müde waren und nur noch ins Bett wollten. Deswegen konnten die alle nicht mehr klar denken.

Der einzige, der in dieser Situation den Durchblick behalten hätte, wurde übrigens nicht gefragt. Dabei ist er ein Meister im Sparen: Unser Christian. Also, ich meine natürlich den Herrn Bundespräsidenten Christian Wulff. Der hat das mit dem Sparen so richtig gut raus. Das hat er bewiesen, als er sich einen Privatkredit statt eines Bankkredits für sein Haus besorgte. Privatkredit zu 4 %, Bankkredit zu 6-6,5 %, macht bei einer Kreditsumme von 500.000 Euro und einer Laufzeit von 5 Jahren eine Ersparnis von 50.000 bis 60.000 Euro. Über die möglicherweise anrüchigen Abhängigkeiten eines staatlichen Funktionsträgers von einem Unternehmer sehen wir dabei mal großzügig hinweg.

Wenn Ihr mich fragt, sollten wir den Christian zum europäischen Finanzminister ernennen. Aber mich fragt ja keiner.

Bis bald mal, Wanda

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 loslosch (18.12.11)
für eine wanda ist das elegant geschrieben. dass volkswirtschaftliche überlegungen, wie sie in den maastricht-kriterien zum ausdruck kommen, hier ausgeblendet wurden, schadet der satire nicht.

vllt. hätte man sagen sollen, merkelchen fordere eine schuldenbremse und verletze die maastricht-kriterien, ohne mit ihren kurzen damen-wimpern zu zucken.

 Dieter_Rotmund (18.12.11)
Da ist zwar sauber und flüssig geschrieben und das ist ja leider keine Selbstverständlichkeit mehr, aber das Thema ist sowas von abgenudelt...
Gerade wir bei kV hier müssen uns nicht an mainstream-08/15-Themen halten, wie das oft bei Tageszeitungen gemacht wird, sondern habe die freie Wahl! Das sollte man auch nutzen, finde ich.

Nun, trotzdem wünsche ich "Wanda" (?) und ihrer Kolumne einen guten Start und für die Zukunft ein besseres Händchen, wie man so sagt, bei der Themenwahl...

 Bergmann (18.12.11)
Dieter Rotmund ist (wieder mal) etwas zu kritisch... Ab und zu reizt die Politik auch kv-ler, und warum auch nicht.
Gut geschrieben, finde ich. Ich wünsche ebenfalls - und hierin mit Dieter R. vollkommen einig - eine gute fortgesetzte kv-Kolumne!
Herzlichst: Uli
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram