Wanda und das Weltgeschehen

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Eine archivierte Kolumne von  Songline

Samstag, 24. März 2012, 20:20
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Die Männerwoche

Es war die Woche der älteren Herren. Joachim Gauck (72) wurde als Bundespräsident vereidigt und der ehemalige Tagesthemen-Frontmann Ulrich Wickert (69) Vater von Zwillingen.

Nun hat der Bundespräsident in seiner Antrittsrede die Bedeutung der Freiheit herausgehoben und da stimme ich ihm voll und ganz zu. Die persönliche Freiheit ist das höchste Gut, das ein Mensch haben kann. Frei von staatlicher oder privater Repression über das eigene Leben entscheiden zu können, ist unabdingbar für das persönliche Wohlbefinden. Aber: Muss die Freiheit eines 69-jährigen darin bestehen, noch Kinder in die Welt zu setzen? Ja, denn ihm dieses Recht abzusprechen würde bedeuten, die Freiheit einzuschränken. Gleichwohl tun mir die Kinder jetzt schon leid. „Nein, das ist nicht mein Opa, das ist mein Papa“, sehe ich sie erklären, im Kindergarten, in der Grundschule, auf dem Gymnasium. Falls der Papi denn noch lebt, wenn die Kinder ins Gymnasium kommen. Vielleicht hat Herr Wickert ja Glück und übertrumpft Jopi Heesters, dann sieht er seine Kinder sogar noch studieren und arbeiten. Wenn Herr Wickert allerdings nur ein „normales“ männliches Lebensalter erreicht, scheidet er während der Grundschulzeit seiner Kinder dahin. Deren Mutter hat dann die Freiheit, einen neuen Papi zu suchen oder nicht. Da erkläre mal einer den Kindern, was persönliche Freiheit ist, während sie weinend am Grab von Herrn Wickert stehen.

Aber zurück zu unserem Präsi. Sigmar Gabriel war von dessen Rede so begeistert, dass er meinte, das wäre die beste Rede gewesen, die er je im deutschen Bundestag gehört hat. Nun muss man dazu wissen, dass Herr Gabriel erst seit 2005 im Bundestag sitzt. Dass in dieser Zeit dort nicht viel Vernünftiges gesagt wurde, unterstreicht meine These, dass die Politiker heutzutage nicht mehr das Format haben, das sie früher mal hatten. Mag ja sein, dass man die Vergangenheit verklärt, aber wenn ich an einen „Macher“ denke, denke ich an Helmut Schmidt, und wenn ich an einen klugen Kopf denke, denke ich an Richard von Weizsäcker, der übrigens auch eine genial gute Rede gehalten hat, nämlich die vom 8 Mai 1985. Vielleicht hatten es die Politiker früher einfacher, sich zu profilieren, als noch handfeste Probleme im Inland zu lösen waren wie der Terrorismus der RAF oder die Wiedervereinigung, während die Angie, also unsere Bundeskanzlerin, ja überwiegend mit dem Geld beschäftigt ist, das andere Staaten ausgegeben haben, ohne es zu haben, und darüber nachdenken muss, ab wann unsere Soldaten unsere Freiheit nicht mehr schon am Hindukusch verteidigen sollen.

Aber ich darf ja jetzt nicht mehr schimpfen. Vertrauen soll ich, hat unser Präsident gesagt. Ihm und denen, die in unserem Land Verantwortung tragen. Und mir selbst auch. Ohne Selbstvertrauen geht nämlich nichts, hat er gesagt, und das hätte auch schon Gandhi gewusst. Ich wusste das übrigens auch, aber mich hat der gar nicht erwähnt.

Um Mut hat er geworben, der Herr Gauck. Darum, dass wir unsere Ängste überwinden und Verantwortung tragen. Dass es möglich ist, den Mut zu wählen, sollen wir unseren Kindern als Erbe mitgeben. Das hat er wirklich schön gesagt, finde ich.

So versöhnt mich die Vernunft des einen älteren Herrn mit der Unvernunft des anderen. Ich sehe Herrn Gauck nach Polen reisen und Herrn Wickert Windeln wechseln. Ich hoffe, beide werden ihrer Verantwortung gerecht.

Bis bald mal
Wanda

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 loslosch (25.03.12)
das ist alles nicht so ganz rund. schon mal daran gedacht, dass manche dames sich ein "andenken" schenken lassen wollen? picasso, hennes weisweiler etc.

die peinlichkeit gilt auch umgekehrt: max merkel, damals noch sehr vital, soll auf dem trainingsplatz seinem plötzlich erschienen kleinen enkelsohn ins öhrchen geflüstert haben: "sag bitte papa zu mir!" dann drückte er ihm heimlich 5 mark in die hand.

"Ohne Selbstvertrauen geht nämlich nichts, hat er gesagt, und das hätte auch schon Gandhi gewusst. Ich wusste das übrigens auch, aber mich hat der gar nicht erwähnt."

der war gut!

 BrigitteG (25.03.12)
Amüsant und treffend geschrieben.

Ja, ich finde auch, dass man mit 69 kein Vater mehr werden sollte. Da denkt jemand mehr an sein eigenes Glück als an das des Kindes. Außerdem bedeutet es automatisch, dass die Ehefrau mehrere Jahrzehnte jünger sein dürfte. Die Tochter aus der ersten Ehe (las ich gerade bei wiki) ist 1969 geboren, d.h. die erste Ehefrau dürfte ähnlich alt gewesen sein wie Wickert, und wurde dann durch jüngere ersetzt. Damit reiht er sich nahtlos ein in die Reihe der zahlreichen älteren Promi-Männer, die sich toll und männlich fühlen, wenn sie junge Frauen um sich haben.

Und zum zweiten Thema: ich hoffe, dass wir in fünf Jahren sagen werden: "Er war eine gute Wahl."
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