andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Mittwoch, 18. November 2009, 21:39
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Neues von der Schweinegrippe

Offenbar hängt ein Teil der Panik vor der Schweinegrippe damit zusammen, dass Krankheitserreger etwas Mystisches und Nebulöses haben. Nachdem immer wieder festzustellen ist, dass die Menschen selbst offenkundigen Falschmeldungen glauben und bereit sind eher magischen als wissenschaftlichen Empfehlungen zu folgen, habe ich mich in meinem Bekanntenkreis umgehört.

„Was löst die Schweinegrippe aus?“ war meine Frage.

A.: „Erreger, Grippeerreger, so kleine Viecher halt. Die setzen sich in der Lunge fest und produzieren Schleim, in dem ihr Nachwuchs lebt.“
B.: „Viren. Das sind besonders kleine Bakterien, die unsere Zellen anknabbern. Dann entzündet sich alles und wir werden krank.“
C.: „Irgendwelche Mikroben, die einen von innen auffressen. Ihre Eier legen sie in den Schleim, den wir aushusten.“
D.: „So kleine Tierchen mit ekligen Beinchen, größer als Bakterien. Wie heißen die noch gleich?“
E.: „Diese Viren, die uns anstecken, wenn uns kalt ist. Darum heißt es Erkältung und darum habe ich jetzt immer zwei Pullis übereinander an.“

Besonders die letzte Antwort ließ mich diesen Teil meines Bekanntenkreises mit einer weiteren Frage nerven:

„Und wie bekommt man die Schweinegrippe?“

A.: „Die Viecher schwirren durch die Luft, wenn ein Kranker in der Nähe ist. Oder sie sitzen auf Türklinken und Toilettenschüsseln. Deswegen gehe ich auch nur noch zu Hause aufs Klo.“
B.: „Die bekommt man nur von denen, die sie schon haben. Darum sollen die Kranken auch nicht das Haus verlassen, ist doch klar.“
C.: „Die Eier kleben irgendwo fest. Dann schlüpfen die Jungen und suchen einen Menschen.“
D.: „Die Tierchen sind so klein, dass sie überall eindringen können. Durch das Blut kommen sie dann dahin, wo sie Schaden anrichten können. Dort machen sie es sich warm, weil sie das so mögen – und das Fieber müssen wir dann wieder runter bekommen.“
E.: „Wenn einem kalt ist oder man schon angeschlagen ist, kommen die Viren an den Wächtern in der Nase vorbei. In China benutzt man darum Atemmasken.“

Nun ja … ich gebe zu, dass ich eine gewisse Vorauswahl bei den Befragten getroffen habe. Von den acht “ProbandInnen“ haben drei recht vernünftige Antworten gegeben (die ich darum nicht zitiere, sorry), aber dennoch hat es mich erschreckt (und ein wenig belustigt), was die übrigen sagten. Denn: niemand davon war über fünfzig, was bedeutet, dass das Thema “Viren“ zu ihrem Schulwissen gehört und zumindest ein rudimentärer Rest hängen geblieben sein sollte (was wiederum gewisse Fragen zum langfristigen Sinn eines Schullehrstoffes aufwirft … “nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“ … wird das eigentlich auch von PISA nachgeprüft?).

Wundert es da, dass die Panikmache einen solchen Erfolg hat?



Andreas Gahmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Lisboeta (65)
(19.11.09)
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