andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 31. Dezember 2009, 01:19
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Avatar

Es gibt Kinotitel, die alleine durch ihren Klang eine anziehende Wirkung ausüben. Für Internet-Nutzer gehört "Avatar" sicherlich zu diesen Begriffen; immerhin ist hiermit (auch) etwas gemeint, das direkt für einen Nutzer steht (oder stehen kann/soll).
Internet-Nutzer verstehen darunter ein Bild, das im eigenen Profil steht und bei Beiträgen angezeigt wird. Je nach Nutzung kann dies ein Wappen, ein Logo, eine (animierte) Grafik, ein Foto oder was auch immer sein. "Mein Avatar" ist darum eine benutzte oder zumindest gedachte Formulierung dafür.

Als Kinotitel ist Avatar also schon ein wenig belegt, weckt Erwartungen und Fantasien, lässt Assoziationen reifen oder gewisse Bilder ablaufen. Verbunden mit der Werbung (Trailer und so) wird die Erwartung zwar stärker eingeschränkt, aber das Grundgefühl bleibt doch irgendwie erhalten. - Es gibt da nur einen Haken: bei SF-Filmen ist die Chance für innovative, kreative oder inspirierende Werke nicht sehr gut. Mit etwas Glück wird die Sache unterhaltsam.
Nun ... es gibt natürlich auch Liebhaber von Science-Fiction, denen es völlig egal ist, ob die Geschichte nur aus den immer wieder gleichen Bausteinen der SF-Macher zusammengeschustert sind. Sie mögen Star-Wars trotz Prinzessinnen und unglaubwürdigen Schurkengestalten, sie interessieren sich nicht für unlogischen Aufbau oder einen Plot, der in praktisch jedem anderen Genre genauso funktionieren würde und sie wollen Action und inhaltliche Entwicklungen, die nicht überraschen.
Das erinnert vielleicht an das unsägliche Fantasy-Genre, das in 99 % der Fälle auch nur aufgebrühtes Bekanntes liefert. Und leider ist das gar nicht aus der Luft gegriffen (es findet sich aber auch in den meisten anderen Genres).

Und wie war jetzt der Film?

Nun ...

... gelangweilt habe ich mich nicht. Der Film hat extreme Überlänge (Dank einer Pause) und trumpft (in 3D) mit umwerfenden Bildern auf (was am Fernsehbildschirm vermutlich kitschig wirken wird). Dazu sind die Zuschauer nach dem Spektakel erschöpft und randvoll mit Eindrücken, was auf die Frage: "Und, wie fandest Du den Film?" gerade einmal ein müdes "gut, war gut" oder "mir hat es gefallen" zulässt.
Da es inzwischen sehr üblich ist (oder mir nach den Jahren zunehmend auffällt), dass ein Großteil der Ideen von anderer Stelle gemopst werden oder direkt aus dem Baukasten "wie mache ich einen erfolgreichen Film" stammen, ist es wohl nicht angemessen darauf hin zu weisen, dass es Bücher gibt, die das Thema besser umsetzen und dennoch im Film verwurstet werden (etwa: "Die denkenden Wälder" von Alan D. Foster). Auch die Parallelen zu anderen SF-Filmen müssen wohl nicht extra betont werden und über das Ende kann man eigentlich nur das Hollywood-Mäntelchen werfen.
Trotzdem sind die Bilder und Effekte sehr beeindruckend. Kaum jemand wird enttäuscht sein, wenn er/sie das Kino verlässt. - Und in einigen Jahren wird der Film unter SF-Öko-Schmonzette laufen.

Nur das Gefühl für den Titel könnte sich einen Stellenwert sichern. Ein Avatar, der am Ende zur neuen Hülle für das eigene Selbst wird. Ist das nicht ein Traum vieler Internet-Nutzer?

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Angelika Dirksen (62)
(31.12.09)
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