andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 29. April 2010, 02:53
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flusig

Für einen Kolumnisten drängen sich zur Zeit viele Themen auf. Griechenland ist pleite, die EU, die sich mehr und mehr als Ansammlung von weiteren Pleitekandidaten entpuppt, diskutiert über Hilfeleistungen und die deutsche Kanzlerin schafft es nicht dieses Thema bis hinter die NRW-Wahl zu verschieben. Zudem hatten wir einen Vulkan, der den Flugverkehr lahm legte, und in der Ukraine gibt es ein Parlament, das die Gewaltbereitschaft auf deutschen Gesamtschulschulhöfen in den Schatten stellt. Außerdem will der iranische Präsident Ahmadinedschad die USA besuchen und Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass Depressive mehr Schokolade essen und dass Raucher von den Genen zur Sucht getrieben werden.
Das sind alles hoch interessante Themen, die sogar Potential für Ironie und Zynismus in sich tragen. Auch zeigen sie, dass kleine und unbeachtete Ursachen oft hinter großen Ereignissen stehen (das gilt sogar für die Schokoladenindustrie, die nun ganz neue Werbebotschaften überbringen können).
Spannend, nicht?

Ich aber bleibe lieber im Rahmen von keinVerlag und erzähle von meiner Waschmaschine.

Was meine Waschmaschine (im Internet liebevoll WAMA genannt) mit dieser Plattform zu tun hat? – Na, ganz viel. Ohne keinVerlag hätte ich die Maschine gar nicht!
Gestern machte meine WAMA plötzlich quietschende Geräusche, aber viel schlimmer war es, dass einige der gewohnten Geräusche ausblieben. So zog sie zwar ordentlich Wasser und drehte die Trommel, aber das Schleudern kam nicht in Gang und der typische Klang des Abpumpens blieb aus.
Nach dem Ende des Programms fand ich darum nicht klamme oder feuchte Wäsche vor, sondern schwimmende. Bei einem Toplader ist das zwar nicht der Garant für eine Überschwemmung, aber unangenehm ist es dennoch. Ohne Badewanne ist es zudem eine benässende Tätigkeit, die nicht durchgespülte Wäsche am Waschbecken auszuwaschen und auszuwringen. Da wächst der Respekt vor früheren Zeiten, als das Waschen noch eine Arbeit von Tagen war.

Aber was tun mit einer kaputten WAMA?
Hat sich die Pumpe verabschiedet? Ist der Motor hin? Liegt der Teufel in einem kleinen elektronischen Detail?

Der Motor hatte noch das Programm des Waschens absolviert. Da konnte natürlich trotzdem der Schaden sein, aber wahrscheinlicher war die Pumpe oder ein steuerndes Bauteil. Von letzteren hat eine WOH 3010 zum Glück nicht viel verbaut, denn sie kommt mit einfachen und robusten Teilen aus (ein Vorteil der Toplader). Also die Pumpe …
Reparaturservice ist teuer, das weiß jeder. Schnell übersteigt ein Handwerkerbesuch den Wert eines Geräts, was eine Neuanschaffung verlockend macht. Was aber, wenn ein einfacher Fehler dahinter steckte?
Mir fiel das Flusensieb ein, das bei jeder modernen WAMA eine untergeordnete Rolle spielt und bei allen Frontladern (die ich eh viel praktischer finde … aber wer meckert schon über Geschenke?) so angebracht ist, dass es leicht zu reinigen ist und nicht stört. Mehr sogar: er stört normalerweise so wenig, dass ein Blockieren wichtiger Funktionen ausgeschlossen ist.
Eine Schnapsidee also, die meine nächste Aktion einleitete. Aber was macht man nicht alles, um Geld zu sparen und seine Neugier zu befriedigen?
Zuerst musste das Flusensieb gefunden werden, was bei einer glatten Oberfläche etwas albern wirken mag. Aber da waren zwei Kunststoffschrauben … Leider sind meine Kenntnisse über Waschmaschinen rudimentär und so ging ich davon aus, dass Flusensieb gleich Flusensieb sei. Ich klappte also die Abdeckung hinter den Kunststoffschrauben herunter, schraubte das Flusensieb kurzerhand auf und … na ja … stellte fest, dass ich die Ablauffunktion für nicht abgepumptes Wasser gefunden hatte.
Es folgte das Leerschöpfen der WAMA und das kontrollierte Ablaufenlassen durch die bodennah gelegene Abdeckung des Flusensiebs mittels Aufnehmer und Becher (da ich keinen Bodenablauf habe und den Raum nicht unter Wasser setzen wollte). Mehr als fünfundzwanzig Liter musste ich so entsorgen, was in Anbetracht der Erfolgswahrscheinlichkeit eher einer langwierige Vorsorge für den problemlosen (und trockenen) Abtransport der kaputten Maschine gleichkam, was die Arbeit zumindest nicht sinnlos machte.
Nach gut zwei Stunden war ich fertig und konnte endlich das Flusensieb ohne Wasserschwall öffnen … um darin eine schwarze Zehn-Cent-Münze, einen verbogenen Plastikdübel und überraschend wenig Flusen zu finden. Allerdings saß der verbogene Dübel in einem kleinen Flügelrad fest, was ein wenig Hoffnung machte, aber keinen funktionellen Sinn zu haben schien (wieso sollte so etwas konstruiert worden sein?).
Trotzdem entschloss ich mich danach für einen Probelauf, auch wenn ich die Aussicht auf erneute zwei Stunden Wasserschöpfen und Aufnehmerauswringen recht hoch einstufte.

Um es abzukürzen: die WAMA fiepte eine Viertelstunde, lief danach rund, schleuderte und pumpte ab. Auch zwei weitere Durchgänge mit Wäsche (das nasse Zeug musste ja gespült und geschleudert werden) verliefen problem- und geräuschlos (was unbekannte Klänge anging).
Mir ist nicht klar, wieso bei meiner alten WAMA ein verkeiltes Flügelrad am Flusensieb solch einen immensen Einfluss haben sollte, aber es gibt dem geflügelten Wort vom kleinen Rädchen einen neuen Inhalt.
Vielleicht sollte ich das Flusensieb “Eyjafjallajökull“ nennen oder “griechisches Rad“. Vielleicht sollte ich aber auch nur zwei KV’lern danken, dass sie mir solch eine seltsame und robuste WAMA geschenkt haben.


Andreas Gahmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (30.04.10)
Stirmschlag-Andi,

Du mußt Dich doch nicht rechtfertigen, dass Du nicht über die Themen geschrieben hast, die jetzt jeder dahergelaufene Horst Schlämmer zu bedienen müssen glaubt!
Ich habe den Waschmaschienentext gerne gelesen und begrüße jede halbwegs unkonventionelle Kolumne-Idee!
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