andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 16. September 2010, 04:51
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vom Sinn

Bei den vielen Fragen, die in unserem Leben immer wieder auftauchen (und von denen die meisten unbeantwortet bleiben oder zumindest unbefriedigend beantwortet werden) wird ein Themenkomplex immer wieder als der wichtigste genannt: der Sinn des Lebens.
Warum leben wir? Was wird von uns erwartet? Wie sieht ein gutes Leben aus? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Sind wir genetisch vorprogrammiert? Steuert uns ein Schicksal? Prägt uns die Umwelt? Leben wir nur Roboterrollen in der Gesellschaft? Beurteilt uns ein höheres Wesen? Ist alles nur ein zufälliges Zusammenspiel chemischer und physikalischer Prozesse? Wie finde ich mein (wahres) Selbst? Wozu dient das Ganze?

Selbstverständlich möchte jeder eine genaue und detailreiche Antwort auf diese Fragen, die letztlich doch wieder nur in die eine Frage nach dem Sinn münden. Solche Antworten haben aber einige gravierende Nachteile, denn ausgefeilte Details können hinterfragt oder widerlegt werden. Sie können auch frustrierend sein oder extrem kompliziert. Und sie können starke Veränderungen unserer Lebensführung erfordern, uns einschränken oder unfähig machen in einer Gesellschaft zu leben. Aus diesen Gründen sind die erfolgreichen und weit verbreiteten Antworten meist schwammig, mystisch verbrämt und/oder nebulös. Oder anders ausgedrückt: frustrierend.
Die hauptberuflichen Antwortgeber sind seit vielen Jahrtausenden die Priester und Priesterinnen der unterschiedlichen Religionsrichtungen. Sie haben sich darauf spezialisiert den Sinn des Lebens zu erklären und vor allem die Methoden einer “richtigen“ Lebensführung zu beschreiben. Immer wird dabei auf eine Form des Danachs angespielt (zumindest bei den überlebenden Religionen) und oft wird mit Ängsten gespielt. Vor allem aber wird eine Form der Belohnung versprochen. Dagegen konnten die Konkurrenten aus Philosophie, Esoterik und Naturwissenschaft noch nie anstinken.
Aus der Wissenschaft kennen wir seit langer Zeit die Methoden der Analyse, Statistik, Empirie und Logik. Wir könnten also den Sinn des Lebens aus dem ableiten, was die Menschen aus ihrem Leben machen. Schauen wir doch mal auf das durchschnittliche Leben eines Deutschen (bezogen auf 2005):
- 25 Jahre verschliefen wir
- 3, 5 Jahre aßen und tranken wir
- 6 Monate waren wir auf dem Klo
- 12 Jahre telefonierten wir
- 3 Jahre quatschen wir
- 12 Jahre hingen wir vor der Glotze
- 2,5 Jahre befanden wir uns im Auto
- 8 Jahre arbeiteten wir (für Gehalt o. ä.)
- 12 Wochen hatten wir Sex (mit 16 Stunden Orgasmus)
- 2 Wochen küssten wir (wen auch immer)
- 2 Wochen beteten wir

(die Angaben sind natürlich starken individuellen Schwankungen unterworfen)

Jeder kann selber beurteilen, ob das Maß an Gebeten oder an Schlaf auf den “wahren“ Sinn des Lebens hindeutet – oder ob nichts davon einen “Sinn macht“. Vergessen darf natürlich nicht werden, dass diese Aufteilung der Lebenszeit eine Mischung aus lebenserhaltenden Bedürfnissen (biologisch-medizinisch, psychisch und finanztechnisch), Langeweilevermeidung und Suche nach dem Sinn sind. Gesellschaftspolitische Faktoren könnten auch noch eingerechnet werden (Für wen arbeiten wir? Mit wem telefonieren wir? Warum sind wir die meiste Zeit alleine im Auto?), aber der Sinn, soweit es ihn gibt, reduziert sich letztlich auf recht wenige Momente des Lebens. Oder sollte es doch die Arbeit sein? Oder der Schlaf? Oder die Kommunikation mit Anderen?


siehe etwa:  Wikipedia

Andreas Gahmann

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wupperzeit (58)
(16.09.10)
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