keinEinhorn

keinEskapismus, keinRosa, keineLiebe.


Die Kolumne des Teams " keinEinhorn"

Dienstag, 22. Oktober 2019, 20:04
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Ich bin müde

von  Judas


Es ist 16:34 und ich bin müde. Aufgestanden bin ich so gegen 11, glaube ich. Hab 12 Stunden geschlafen. Arbeit wurde heute abgesagt, ein Sturm fegt über's Land.
Aber ich bin nicht deshalb müde.

Ich bin müde von all dem bullshit. Die letzten Wochen habe ich viel darüber nachgedacht, worüber ich eine Kolumne schreiben möchte, wo ich gerne mal meinen Senf abgeben will. Da gab es einige Ideen.
Über Deutsche die in Norwegen leben, kein Norwegisch sprechen und darüber meckern, dass Ausländer (aka Polen und Rumänen) ihre Jobs wegnehmen. Im Ausland.
Oder über die neue Tendenz in den sozialen Medien jeden Scheiß zu hypen und zu befürworten. „Sei fett! Das ist besser als dünn! Fett ist auch schöner als dünn! Wir nennen das nicht mehr Größe XXL, wir nennen das jetzt Größe schön!“ Auch wenn ich der Meinung bin, dass Schönheit und Körperumfang generell wenig miteinander zu tun haben, finde ich es gefährlich, ungesunde Lebensweise als dufte zu verkaufen. Das ist als würde man daher gehen und plötzlich wieder sagen „Rauchen ist sexy, rauch Zigaretten!“
Oder über Mütter, die für ihre minderjährigen Söhne entscheiden, dass diese lieber Mädchen sein möchten und anfangen, ihnen Hormone zu geben um transgender zu werden - und die vor Gericht auch noch Recht bekommen, das weiter zu tun wenn der Vater des Sohnes versucht, dagegen vorzugehen.
Oder über Frauen, die nach Gleichberechtigung brüllen und dabei aber meinen, dass das weibliche Geschlecht dem männlichen bevorzugt werden sollte. In allen Angelegenheiten. Okay nur in jenen, die ihnen bequem und angenehm sind.
Oder über die Dummheit von Impf-Gegnern, deren Horizont sich auf fünf Meter Feldweg und fünf Minuten Google Recherche bewegt.
Oder die quasi kackdreiste Frechheit irgendwelcher arschreichen Lobbyisten die irgendein armes schwedisches Mädchen mit guten Gedanken aber wenig praktischen Ideen für ihre Lobby ausnutzen während Datenzentren (ihr wisst schon, womit unser Internet funktioniert, die Apps in unseren Smartphones und so weiter) mittlerweile für mehr Luftverschmutzung verantwortlich sind als der gesamte, weltweite Flugverkehr – nur da redet halt niemand drüber.

Da gibt’s noch genug andere Sachen, jede Woche kam mir da so ein Gedanke aber dann hielt ich inne und guckte mal in die Welt. Ein bisschen darüber hinaus, was die News so berichten. Bolivien. Hong Kong. Frankreich. Barcelona. Indonesien. Ecuador. Haiti. Irak. Ägypten. Rumänien. Chile. Serbien. Libanon.

Und eine gewisse Hilflosigkeit stellt sich ein. Erdrückend. Man wird müde. Und überlegt, ob so vielleicht das Ende der Welt aussieht.

Es gibt zu viele Idioten und zu viele Arschlöcher auf der Welt und auch eine recht großzüge Anzahl von dummen Arschlöchern.

Leute stressen sich an der Kasse, Plagiate auf kV - was tun, schubsen Kinder aus Straßenbahnen, lassen ihre Hunde auf den Fußweg kacken, kacken selbst auf den Fußweg, regen sich auf, wenn sie in Kacke treten, hetzen gegen Greta, befürworten Greta, „die da oben“ sind alle schuld, die Regierung ist kacke, AfD ist die Lösung, AfD ist kacke und ich atme grade irgendwie einmal durch und bin so komisch betäubt und denke nur: Hä? Worum geht’s hier eigentlich?

Der Amazonas Regenwald brennt immer noch. Das hat mal eine Woche lang die Leute interessiert. Jetzt interessiert es keine Sau mehr.
Wir sind zu schnell gelangweilt. Und abgelenkt.
Selbst von dem, was falsch läuft.
Kurz echauffiert man sich.
Aber dann kommt auch schon der nächste Schrecken, über den man den Kopf schütteln darf, nee muss.

Ich schau grad ein Video in dem irgendeine Mutter irgendwo auf der Welt ihrem Sohn, der infantile Zerebralparese hat, ein Gestell gebaut hat, damit er Skateboard fahren oder es zumindest erleben kann und am Ende des Videos lacht er und lacht und lacht. Und es ist ein gutes Lachen.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 IngeWrobel (23.10.19)
Guter Beitrag – gerne gelesen.
Diese Müdigkeit, auch Verdrossenheit, kenne ich gut.
Da hilft nur die Zurückbesinnung auf das (individuelle) Wesentliche ... allerdings erst, nachdem man es herausgelassen hat wie hier.
Gruß!

 Judas meinte dazu am 23.10.19:
Danke.
Nun dieses Rückbesinnen passiert ja, siehe letzter Absatz.

 Oreste (23.10.19)
Gern gelesen? Eher nicht. Aber mich selbst in diesem Frust-Kotz-Müdigkeitsding wiedergefunden. Ohne diese gelegentlichen Lichtblicke - wie eben der zum Schluss - müsste unsereins ... verzweifeln?

Grüß dich
O.

Kommentar geändert am 23.10.2019 um 19:09 Uhr

 Judas antwortete darauf am 23.10.19:
Manchmal wünsche ich mir eine Zeitung die nur gute Nachrichten enthält.
Stelzie (55)
(24.10.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas schrieb daraufhin am 24.10.19:
Du - ich hab keine Ahnung, woher diese Kraft kam. Aber irgendwo war offenbar noch was übrig, ja...
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