Du Sonne...

Kurzgeschichte zum Thema Natur

von  Papalagi

Du, Sonne, woher nimmst du denn das Recht mir mit deinen Strahlen bis in das Hertz zu leuchten? Den Boden meines tiefen Schachtes, meines Wasserlochs mit deiner säuerlichen Lichtsubstanz zu schänden. Wieso ist der Himmel nicht mit den tausenden von Fetzen der Abgaswolken zugeschnürt. Wie eine Beleidigung blendet er mich von oben mit seinem ahnungslosen Blau. Und schon breitet sich diese Seuche aus.

Erst langsam und dann immer schneller. Zuerst verschwindet die Betonruhe der Stadtmassive. Die grauen Wolkenkratzer haben viele kleinere Gebäude um sich versammelt. So wie die Könige die Fürsten und die Armeen um sich scharen. Am Rande der Stadt befinden sich die Befestigungsanlagen. Die Hochspannungskabel schneiden jeden Sonnenstrahl entzwei. Die Metallrohre reflektieren das angreifende Licht und werfen es in Form von tausenden kleinen Blitzen zurück. Doch der Kampf dauert nicht lange. Nach und nach verschwindet der so lang gehegte Rost der Kanalisationsrohre. Die Schutzanlagen, Fallen und Weben der Überlandleitungen verschwinden in dem grellen Gelb. Die Panzerung aus Schmieröl und einer hochwertigen Kruste aus Staub und Rost löst sich auf in einer neuen Welle aus Licht und Farbe. Sie verschwindet aus dem Sichtfeld, geblendet von der ursprünglichen, nichts sagenden Sterilität des Lichtes.

Umringt von einigen wenigen seiner, sich noch tapfer wehrenden, Kameraden sieht der erste General seinem Ende entgegen. Seit mehreren Jahrzehnten stand er bereits hier. Mit seiner ganzen stattlichen Fabrik-Gestalt füllte er fast drei Quadratkilometer aus. Doch jetzt spürte er mit jedem der Betonmuskeln, mit jeder Faser des Metallkörpers das Ende kommen. Die Offiziere, die Fünfstockigen Gebäude, waren schon zum einem dreiviertel von dem Licht verschlungen. Hier und da klafften die leuchtenden Wunden an ihren Körpern. Diese Lichtflecken wuchsen und breiteten sich aus. Wie Ekzemen lösten sie die beruhigende dunkelgraue Oberfläche der Wände auf.

Das Ende. Nun ja, kam alles aus dem Licht? Waren die Dunkelheit und die Ruhe aber bereits vor dem Licht vorhanden? Was kann denn diese tödliche, blendende Helligkeit aufhalten. Um wie viel besser war da das Licht der Halogenlampen. Vorhersehbar und planbar, kontrolliert und so vertraut. Halogenlampe, Serie: Osram HaloPin, Leistung 40 Watt , Spannung: 230,0 Volt Sockel G9, Energie-Effizienzklasse: E, Lichtfarbe Weiß, /Lichtstrom: 460 lm, Lebensdauer 2.000 h. Wie süß war der statische Klang der technischen Spezifikationen. In dem riesigen Prozessorkopf des Regenten nisteten Terabits solcher Gedanken. Sie schossen Millionenfach in der Sekunde durch die Mikrofaser seines Körpers während er zusah wie sich sein Imperium in Nichts auflöste. War denn alles umsonst. Der so lange und beschwerliche Weg von einem kleinen Mikrochip, nicht viel größer als ein Häuflein Staub unter dem Radiator, bis zu der größten und der klügsten Maschine auf dem Planeten.

Und die letzte Botschaft des Urvaters der Weisheit, des Bewahrers aller geschriebenen Werke, alles Wissens einer gesamten Welt war an das heiße, unerbittliche und geistlose Gestirn gerichtet. Ein Sonett aus Einsen und Nullen voller Bitternis ob des nahen Todes einer gesamten Zivilisation.

Du, Sonne, woher nimmst du denn das Recht mir mit deinen Strahlen bis in das Herz zu leuchten? Den Boden meines tiefen Schachtes, meines Wasserlochs mit deiner säuerlichen Lichtsubstanz zu schänden. Wieso ist der Himmel nicht mit den tausenden von Fetzen der Abgaswolken zugeschnürt. Wie eine Beleidigung blendet er mich von oben mit seinem ahnungslosen Bla…..

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (15.09.19)
",,,mit deinen Strahlen bis in das Hertz zu leuchten"???
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