Auf der Spur der Hexen - Teil 1

Beschreibung zum Thema Sein

von  LotharAtzert

Schau’! - die Gebetsfahnen -
vom Winde geschüttelt,
fahren die Geister hinaus,
in den Garten, da,
zum Rausch in die Weide.
(9. Mai 016)

1.
Rupicapra - oder war’s Mondscheinsonate - schrieb von ihrem Garten, daß Löwezahn und Moos bei ihr das Gras immer mehr verdrängen. Soweit kenne ich das vom eigenen Garten. Ansonsten ist auf meinem Grudstück alles diametral anders:
Statt Moos und Löwenzahn zu bekämpfen, lasse ich alles Wachsen geschehen und nehme fast widerwillig dort Pflanzen aus ihrem Boden, wo mir der Gartengeist seine Erlaubnis erteilt. Ich selbst habe nämlich keinen Plan und bin auch viel zu bequem, mir beim Handanlegen ein Bein auszureißen.
Manchmal sitze ich stundenlang schweigend auf der überdachten Bank, versunken in Gewahrsein. Anfänglich hielt ich die Sache mit dem Gartengeist für reine Spekulation des Subjekts, das ich bin. Aber irgendwann nahm ich die Einflüsterungen als wirklicher zur Kentnis, da sie anderes, als die Logik eines Denkenden beinhalten, wie es gleich folgen soll. Und das, was ich heute als "die Einswerdung mit dem Objekt" bezeichne und das Geschehen selbst, sprachen zum Empfinden etwa so: "Beim Gestalten bedenke immer, wie alles sich zu Gemeinschaften fügt und sich dabei in jede Ritze, in jede freie Erdkrume schmiegt, wie die Hand einer Geliebten im Garten der Lüste. Zerreiße nicht die Gefüge. Fördere sie. Nur die Wege halte in der Bewegung".

2.
Die Menschen, um erträglich zu bleiben, wollen getäuscht und verführt werden, gekitzelt, damit sie was zu lachen haben. Ein Anglizismus, ein wenig Latein und schon klingt alles nach Konzept, innovativ, stylish-clever.
Lange war der Garten den Nachbarn ein Dorn im Auge ("Wenn das deine Eltern sehen könnten, die würden sich im Grab umdrehen. Bei denen war alles tipptopp, nicht so verwildert ...") Bis mir das Modewort einfiel - aus dem nach ihrer Vorstellung ungepflegten Areal wurde kurzerhand ein "Ethno-Garden", ohne daß sich etwas änderte.
Dann saß ich wieder, fast unsichtbar für Mensch und Tier und fand Ruhe. Jedenfalls nahmen die Vögel keine Notiz von dem Menschlein, das ihnen frisches Wasser brachte, turnten singend vor seinen Augen herum und um ein Haar hätte das Geschluchze einer Nachtigall mein Trommelfell zerrissen. Nicht das Herz, nicht-doch - dazu war es zu aufdringlich. Dieses Herz, es hing und blutete zu einer anderen ...
Da sprach jener, den ich in Ermangelung eines geeigneteren Begriffes als Gartengeist bezeichnete etwa Folgendes in mir: "Jetzt solltest Du auch ein paar "Ethnien" pflanzen, um den Vorstellungen der Offiziellen zu entsprechen - am Besten fängt Du mit dem "Krainer Tollkraut" an. Das passt zum blauen Eisenhut, der Akelei und  Petersilie. ("Petersilie hilft dem Mann auf’s Pferd; die Frau bringt er unter die Erd’" - ein Aphrodisiakum für Männer. Bei Frauen führt es zu Kontraktionen der Gebärmutter.)

Krainer Tollkraut - ich wusste, daß es sich dabei um eine mehrjährige Art der Bilsenkrautfamilie handelte, eines Nachtschattengewächses mit dem Alkaloid Hyoscyamus, den Flügel der Hexen, aber das war auch schon alles.
Und das Tollste daran: während harmlosere Pflanzen, wie Cannabis sativa, indica, ruderalis, in deutschen Gärten nach wie vor offiziell nicht erlaubt sind, stehen die vielen bei falscher Dosierung tödlichen Rauschdrogen auf keinerlei Index. Höchstens beim deutschen Bierbrauer findet das dem Pils einst namengebende Bilsenkraut seit 500 Jahren "Reinheitsgebot" keine Verwendung mehr.
Krainer Tolkraut, auch Hexenkraut genannt - vielleicht war es der Name, der mich so anzog .... die     Oberkrainer Polkamädels ... das muß ja ein tolles Kraut sein ...

3.
Die Melodien durch Wind und Blatt sind immer ursprünglich und klingen entsprechend zum Vorgefundenen: rauschend, raunend, flüsternd, pfeifend, stöhnend ... ach, die Liebste, ja, weit so weit ...
Nachbar Karl Ausrobber, (ausrobbe: hessisch für ausreißen) ein pensionierter Staatsbeamter, erzählte mir, er habe Weidenblätter von meiner Trauerweide in seinem Schlafzimmer gefunden. Ich solle doch, eine Sauerei sei das, die Weide endlich abscheiden. Das konnte ich ihm nicht versprechen, sicherte ihm jedoch zu,  nicht länger auf jene frechen Blätter und deren etwaig aufgesaugten Intimitäten zu hören. Das kapierte er nicht - mit solchen Menschen, deren Zahl Legion ist, mehr, als Blätter am Baum, darf man einfach nicht zu viel Zeit verschwenden, das färbt sonst ab. Oder wie Schiller einmal sagte: "Schlechter Umgang schadet mehr, als die beste Bildergallerie je wieder gut machen kann."
Die Trauer-Weide, ein dem Neptun geweihter Baum ... verleiht Entspannung, Lösung vom Althergebrachten und und und ...

Ich sollte lieber von Vaporizer und Dampf erzählen. Beim Rauchen entstehen nicht wenige krebserregende Stoffe, die sich als ölig-schwarzer Ruß an die Lungenbläschen heften und die freie Atmung zunehmend einschränken - die weiteren Folgen sind bekannt: Lungenkrebs, Raucherbein etc. Deshalb mein Aufruf an die Tütenraucher: Verzichtet endlich auf Joints, der Lunge wegen!
Auch die aufwendige Percbong ist tatsächlich nur wenig besser, selbst wenn das Blubbern des Wassers Angenehmeres suggerieren mag: die Mikropartikel gehen selbst durch die ausgefeiltesten Vorkühler mit Vielfach-Verwirbelern und finden den Weg zum Atemorgan, sicherer als Kerberos seine Beute.
Beim Verdampfen, der sogen. "Phyto-Inhalation", wie der Botanikfreak sagt, ist das nicht so. Es ist, im Zuge kalifornischer Hippiekultur entwickelt, die derzeit sauberste Art, Substanzen wie Tetrahydrocannabinol mittelst Erhitzung aus dem Pflanzengut zu ziehen, ohne daß dieses verbrannt wird. Das Geschmackserlebnis ist um ein Vielfaches feiner, intensiver, zugleich sanfter - ganz zu schweigen von der Wirkung. ...

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Kommentare zu diesem Text

Bette (70)
(12.05.16)
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 LotharAtzert meinte dazu am 12.05.16:
Sollte eine Bestätigung einmal erforderlich werden, weiß ich bescheid und werde auf Dich verweisen.
Danke und Gruß retour
AfD (38)
(12.05.16)
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 LotharAtzert antwortete darauf am 12.05.16:
Der "dünne Dampf" ist gewöhnungsbedürftig, da geb ich Dir recht. Der Tausch - ich verstehe, was Du sagen willst. Doch die Antwort ist nicht ganz einfach. Ich glaube, daß das auch Kalkül ist, wenn man zum Ausgleich für jeden Genuß eine adäquate Schmerz- oder Verlustbezahlung anbietet, sei diese symbolisch, oder real. Das Schicksal holt sich sowieso, was ihm zusteht. Will sagen: solange ich die Wahl habe zwischen schädlich und weniger schädlich, nehme ich das weniger schädliche, ohne weitere Gedanken. Nenne es von mir aus "Vernunft". Die ist zwar nicht alles, aber ganz ohne Vernunft hat man viel zusätzliche Scherereien im Leben - und da kommt wieder die Faulheit ins Spiel ...

Die Polkamädchen - als Kontrast: ist es nicht erschreckend, diese Pseudosauberkeit? Mir ging es aber in erster Linie um die geografische Zuordnung. Krain - Oberkrain - das muß die Gegend zwischen Österreich und Slowenien sein, dem das Kraut seinen Namen verdankt ... und dann machen die da so eine furchtbare Musik.
Danke Dir

Ach so, ja - das Vaporisieren bietet halt viel mehr Möglichkeiten. Man kann praktisch alles verdampfen. Pfefferminz zum Beispiel (oder Salbei) reinigt den Mundraum von Bakterien. Aber niemand käme auf die Idee, Pfefferminz zu rauchen. ...

PS: ab- und zu noch mal ne Bong ist ja ok.
(Antwort korrigiert am 12.05.2016)
Absinth (62)
(12.05.16)
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 12.05.16:
ja, ich seh’s auch ... the door ist open. Weißt du, was ich zu der Zeit ausgesäät habe, als Du den Kommentar schriebst? - Artemisia absinthium! Wermut-Tee ist zwar abscheulich, aber die Pflanze liefert halt das begehrte Thujon (- ist übrigens auch im Salbei).
Mit dem Verdampfer tun sich da ganz neue Möglichkeiten auf ...
Gruß und Dank
Lothar
MauritzFlieger (23)
(14.05.16)
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 LotharAtzert äußerte darauf am 15.05.16:
Danke, Mauritz.
Viel Spaß noch bei kV.
L.
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