Das Leben skizziert Angst in mein Gesicht

Text zum Thema Schmerz

von  ZornDerFinsternis

In einer eigenartigen Mischung, aus orange-gelb und zartem Zuckerwattenrosa zeichnen sich die Wolken am tiefgrauen Himmel ab. Die Äste der dürren Bäume sind kahl. Der Wind weht eisig und rau. Treibt ein paar winzige Flocken vor sich her. Die dunkelblonden, langen Haare kleben an meiner Stirn. Hände und beinabwärts spüre ich nichts mehr. Kann gerade noch so die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger halten. Inhaliere den Rauch. Meine Schritte sind langsam. Sie mögen ziellos wirken. Doch, ich habe meinen Weg für heute und die nächsten Jahre gefunden. Die Dunkelheit kommt plötzlich, und doch schien es mir, als wäre sie schleichend über mich hereingebrochen. Diese Stille hier draußen im Wald ist überwältigend. Hier, hier kann ich die Einsamkeit schmerzlich spüren. In allen erdenglichen Farb- und Gefühlsnuancen. Und über mir, müsste der Himmel sein. Ich kann ihn nicht sehen. Unter mir befindet sich gefrorener Waldboden. Ich wühle in meiner Tasche nach dem mp3-Player, der mir so oft schon das „Leben gerettet“ hat, während ich die letzten Züge meiner Zigarette in mich aufsauge. Und in dieser Stille ziehen die ältesten Artefakte meiner Vergangenheit in meinen Geist. Hinterlassen Abgründe und Klüfte. Spüre den Wind mein Herz zerschneiden. Und ja, ich belächle diesen Gedanken. Meine Haut ist ganz rot von der Kälte. Die verblassenden Narben heben sich nun wieder deutlich ab. Und es riecht noch immer nach Blut. Ein wenig, wie die abgewetzten 5 Centstücke aus meinem Portemonnaie. Vor 2 Stunden habe ich mich von meinem alten Leben verabschiedet. Ein letztes Mal die wohltuende Ohnmacht über mich herfallen lassen. Die Klinge aus meinem Fleisch gezogen und den Duft des Blutes genossen. Diese Sekunden, die mich immer daran erinnert haben, viel mehr erinnern sollten, dass alles vergänglich ist. Alles. Jedes Leben. Nur Schmerz und Verzweiflung nicht. Vielleicht liegt diese Intensität der Depression heute darin, dass ich meine Pillen nicht genommen habe. Aber das ist Teil meines Weges. Ich will aufrecht gehen. Aufrecht leben. Aufrecht sterben. Habe mich viel zu lange diesem beschissen oberflächlichen System gefügt. Und jeder Tag ist nutzloser. Leerer. Kälter, als der davor. Und ja, ich habe mein Versprechen gegeben, ich werde die Schuld und die Fehler nicht mehr bei mir suchen. Niemandem mehr Kummer und Angst bereiten.

Weißt du? Ich habe diese lauen Spätsommerabende geliebt. Diese drückende Schwüle in der Luft. Meine ausgetrocknete Kehle, die das Atmen fast unmöglich machte. Und, was noch schöner war, als die vielen Sonnenblumenfelder hinter dem Wald, das war dieses Gefühl. Meinem Körper nichts zu trinken zu gewähren. Ihn mit Nikotin vollzupumpen, ausbluten und verkümmern zu lassen. Es war ein geiles Gefühl. Wohl das Einzige, das mich hier gehalten hat. Ich habe Schmerzen geliebt. Körperliche. Und ja, es ist naiv, wenn ich sage, dass ich gedacht habe, sie würden meinen seelischen Schmerz lindern.
Und heute lege ich mich in den Schnee – ein alter Kindheitstraum. Decke mich still und leise zu. Setze die 44’er an meiner Schläfe an. Sage Lebewohl. Meine Reise hat ihren Weg verloren.

Au revoir.

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Kommentare zu diesem Text


 Seelenfresserin (30.11.10)
Eindrücke gut beschrieben. Ich sehe dich gehen, über den Neuschnee.

Geh nicht.

-Drück- Jenny

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 30.11.10:
Ich gehe nicht. Nicht körperlich... mein Geist scheint noch einen winzigen Funken Freiheit zu besitzen -knuddel- Bin immer bei dir, Süße.

 Seelenfresserin antwortete darauf am 30.11.10:
Dann ist es gut. -knuff-
steyk (57)
(01.12.10)
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SigrunAl-Badri (52)
(01.12.10)
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