Die Planung

Geschichte zum Thema Fantasie

von  ThalayaBlackwing

Fortan verbrachten Alderic und Thalaya ihre Zeit entweder im Gebet, im Training oder bei der Planung ihrer Aufgabe. Sie brüteten stundenlang über den Grundrissen des Gebäudes, den bekannten Sicherheitsvorkehrungen und überlegten wo welche bisher nicht bekannten Sicherheits- und Schutzmaßnahmen zu erwarten waren. Es war eine akribische Arbeit. Bei diesem Haus hatte man mit dem besten Sicherheitsequipment zu rechnen, das für Geld zu bekommen war. Und davon vermutlich mehr, als nötig gewesen wäre. Jeder Schritt, jedes Öffnen einer Tür musste genau geplant sein.

Es war wieder Abend geworden im Tempel. Die Novizen zogen sich auf ihre Zimmer zurück, um ihre Wunden zu lecken und die Assassinen übten sich in ihren Spezialgebieten. Thalaya saß wie schon die vergangenen Abende mit Alderic zusammen und brütete mit ihm über einem Plan des Hauses.

„Wir müssen jetzt Nägel mit Köpfen machen. Ich denke wir gehen systematisch vor.“

„Damit der Plan endlich konkret wird, oder?“

„Ja, sonst sitzen wir in einem Jahr immer noch genauso hier und ehrlich gesagt, glaube ich, dann beginnt hier ne Meuterei gegen mich. Ich habe dann ein Jahr meine Weihe und noch keinen Auftrag erledigt, das wäre irgendwie unerfreulich.“

„Okay ... Dann fangen wir an. Wo meinst du, ist der beste Ort, um einzusteigen?“

„Das weiß ich nicht. Ich denke, es gibt einen Eingang über die Kanalisation oder Wartungsschächte, aber die werden entweder verschlossen oder alarmgesichert sein, vermutlich beides. Dann haben wir den Haupteingang, der reinste Selbstmord, Hintereingänge sind nicht bekannt. Geheimfluchtwege sind auch von uns nicht ermittelt worden. Fallen auch weg. Bleibt der Weg übers Dach, aber ich denke, da kommen wir nicht hoch, ohne gesehen zu werden. Das Haus steht einzeln. Und alles andere wäre direkt über das Gelände. Das heißt, als Erstes das Kamerasystem ausschalten. Bist du dazu in der Lage?“

„Hey Thalaya, du weißt doch, die Riten des Omnissiah sind meine Spezialität. Ich wollte schließlich immer für den Adeptus Mechanicus arbeiten.“

„Stimmt, tut mir Leid. Aber das ist gut. Dann ist die Sicherheitsanlage deine Aufgabe. Ein Störbild würde uns vermutlich kaum Zeit bringen, oder?“

„Das weiß ich nicht zu sagen. Je nachdem, wie genau und wie oft sie die Bänder und Bildschirme überprüfen. Es kann durchaus sein, dass sie da extra Personal haben, das nur die Videoüberwachung beaufsichtigt.“

„Anzunehmen. Okay ... dann … puh ... ich denke, am besten ein Bild des Geländes anzapfen, dass ruhig und verlassen ist, dann können wir das Bild einspielen anstatt der Live-Aufnahmen, wenn wir uns über das Gelände bewegen. Das ist doch möglich?“

„Ich denke schon. Warte einen Moment hier auf mich.“


Und mit diesen Worten verschwand Alderic. Thalaya nutzte die Zeit, um sich Gedanken zu machen, welchen der Wege, die ihnen bei einem solchen Manöver offen stünden, sie nehmen sollten. Soweit ihnen bekannt war, befanden sich im Erdgeschoss die Quartiere der Dienerschaft. Und das Lager. Natürlich das Lager. Sicher, es war bewacht, aber es war nur durch Diener des Omnissiah gesichert, nicht durch Menschen. Menschen machten zwar mehr Fehler, aber man konnte sie auch nicht so gut außer Gefecht setzen, ohne dass es auffiel. Und wenn Alderic tatsächlich so bewandert in der Kommunikation mit den Maschinengeistern war, dann würde das die kleinste Hürde sein.

'Gottimperator, danke, dass du mir genau den Menschen an die Seite gestellt hast, den ich für diese Mission brauchen werde. Jetzt muss er nur noch beweisen, dass er hält was er verspricht.'

Der Lagerraum würde leer sein, wenn die Zeit spät genug, aber noch nicht zu früh war. Sie hatten ein Zeitfenster von drei vielleicht vier Stunden. Das war nicht viel. Sie wussten nicht, wo sich das gesuchte Artefakt befand. Und das Gebäude war groß. Nun, den Adler wollten sie fliegen lassen, wenn seine Schwingen gewachsen waren.

Kaum hatte sie sich ihren Weg durch das Untergeschoss zur Treppe geplant, da kam auch Alderic zurück. Er lächelte und schien zufrieden zu sein. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln.

„Hast du gefunden, wonach du gesucht hast? Oder hast du einfach nur einen genialen Einfall?“,

fragte sie gerade heraus.

„Ja, tatsächlich. Ich habe das Gerät gefunden, mit dem die Aktion "Videoaufzeichnung übernehmen“ funktionieren sollte.“

Und so holte er ein einfaches, unscheinbares Gerät hervor. Er schloss es mit einigen gemurmelten Worten an den Strom an und mit weiteren gemurmelten Worten aktivierte er die heilige Rune des „on“. Der Maschinengeist trat ins Leben, meldete sich mit deutlichen Piepstönen. Bald leuchtete ein Bildschirm auf. Und Alderic begann hektisch auf der Tastatur zu tippen. Thalaya war die Kommunikation mit den Geistern der Diener des Omnissiah nur rudimentär bekannt, so dass sie alltägliche Geräte bedienen konnte. Aber sobald etwas nicht lief wie geplant, brauchte sie Hilfe, aber das war nicht so schlimm. Es gab immer andere, die darin besser bewandert waren, als Thalaya.

Nach einigen Minuten des Tippens, des Fluchens und des Neustartens, lehnte sich Alderic zufrieden zurück.

„Schritt eins erfolgreich abgeschlossen. Zugriff auf die Kameras des Zielgeländes. Ich habe bereits begonnen mitzuschneiden. Ob ich die Videos dann auch wieder einspielen kann, müssen wir morgen ausprobieren. Heute machen wir erst mal die Videos. Und du? Bist du vorangekommen?“

„Ja, ich denke, dass ich einen guten Platz gefunden habe, um einzusteigen. Der Lagerraum sollte nachts unbenutzt sein. Und in den gehobeneren Gegenden haben sie für gewöhnlich Fenster, da oftmals auch frische Kräuter gelagert werden. Die brauchen Licht. Die technische Überwachung überlasse ich dir.“

„Das klingt nach einem guten Plan. Ich denke das sollten wir so machen. Ich werde morgen einen Testlauf starten, ob ich die Videos von heute wieder auf die Monitore der Überwachungsräume einspeisen kann. Wenn das klappt, können wir in einer Woche starten.“

„Sehr gut. Ich werde Meister Madison Bescheid geben, dass wir in einer Woche die Operation„Artefaktbergung“durchzuführen gedenken. Brauchst du noch Ausrüstung?“

„Geh Meister Madison Bescheid sagen und ich besorge mir, was ich brauche.“

„Gut. Dann sehen wir uns morgen nach deinem Test.“


Und so trennten sich die Wege an diesem Abend. Thalaya ging nicht direkt zum Meister. Sie hatte in letzter Zeit zu wenig Zeit in der Kathedrale verbracht. Das Bedürfnis war jetzt übermächtig. Und wie eine vermisste Tochter begrüßte sie der Priester.

„Der Gottimperator schütze dich, Thalaya.“

„Der Gottimperator mit Euch, Pater Miroc.“

„Ich hab dich lange nicht mehr zu dieser Zeit hier gesehen. Was führt dich her?“

„Ich ... Alderic und ich sind mit unserer Planung zur Ausführung unseres Auftrags fast fertig geworden und wie es weitergeht, können wir erst morgen sehen und entscheiden. Und es zog mich hierher. Ich habe meine Pflichten sträflich vernachlässigt.“

„Du warst zu jeder Andacht anwesend ...?“

„Ja, das stimmt, Pater, aber … ich fühle mich nicht wohl, wenn ich nicht noch etwas Zeit im Gebet verbringen kann. Ich bin dann nicht ausgeglichen. Und ich muss dafür nicht zwangsweise in der Kathedrale sein, aber die Vorbereitung hat so viel Zeit in Anspruch genommen, dass ich nur zu dem nötigsten kam.“

„Ich verstehe. Nun, du weißt, du bist hier immer willkommen und ein gerngesehener Gast. Möge Sein Licht über dich wachen.“

„Danke, Pater. Gebe Er, dass Ihr Seine Kinder in Sein Licht führen könnt.“


Und mit diesen Worten verneigte sie sich kurz und schritt zielstrebig auf einen kleinen Seitenschrein zu. Es war das Bildnis einer jungen Frau, offensichtlich Assassine, wenn man sich ihre Ausrüstung ansah. Sie war die Schutzheilige der weiblichen Moritat-Assassinen. Und es war der Schrein mit den wenigsten Betenden davor. Denn zumeist waren es doch Männer, die die Ausbildung bestanden.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram