Fast-FKK an der Wand

Bild zum Thema Wahnsinn

von  Fuchsiberlin

Was geschieht in sechzig Sekunden, was verändert sich in einer 60-maligen Zeigerbewegung? Ich stelle dir diese Fragen, ja genau dir, der Uhr an der Wand. Warum spreche ich nicht mit dem Kühlschrank, wer weiß was diesen alles bewegt!?

Der Wahnsinn in meinen Gedanken starrt an die Wand, an der du Zeitknechtender hängst, aufgehängt. Manche Menschen hängen sich auch auf, oder Hühner werden von Menschen kopfüber an der fließbandbewegenden Stange Richtung Schlachtung aufgehängt. Wer köpft wen? Manchmal köpfe ich mich selbst, bildlich betrachtet, dies in der Hoffnung, Gedanken zu eliminieren. Depression, das klingt scheiße, und als Modewort ists zum kotzen. Designer wünschen sich keine traurigen Stoffe. Psychiater und eine Pharmaindustrie lächeln beim Kontenblick. Halt! Antidepressiva wirken durchaus bei vielen Menschen. Eine Depression ist kein Kopfschmerz, der mal eben so wieder verschwinden kann. Seelisches Übergeben bleibt meist unsichtbar, das erspart zumindest das Putzmittel. Trotzdem stiebitze ich auf Flügen die sogenannten "Kotztüten" der  Airlines.

Nach zehn Minuten Wandstarrsinn frage ich mich, was sich in dieser Zeit veränderte. Sehr viel, doch ich sitze noch so da wie vor diesen 600 Sekunden. Die Zeit findet kein Ende in irgendeiner Ewigkeit, auch wenn ich gerade de Batterien aus der Wanduhr herausnehme.

Nach einer Stunde stehe ich immer noch vor dieser Wand, und bemerke in meinem Sein der unausgesprochenen Gedanken nicht, dass hier noch etwas am Rand existiert: Eine weitere Wand, allerdings ohne Uhr, mit einem Bild von einem Harlekin, der mich auch noch in 24 Stunden genauso melancholisch wie jetzt anschauen wird. Im Gegensatz zur Uhr tut er nichts, mein Zwilling in diesem Moment.

Ich könnte den MP3-Player auf on setzen, mich volldudeln lassen, oder via TV mir ein zeitliches Wirken ins Zimmer  hineinbeamen. Die Wirklichkeit ist weder ein MP-3-er noch ein Fernseher, den ich einst für knapp 30 Euro ersteigerte. Kein Flachbild-Plasma-TV, ein Retroteil vom Anfang der neunziger Jahre. Die Funkausstellung findet in Berlin statt, ich wohne in Berlin, doch ich kenne keine Gier nach der neuesten technischen Innovation. Auch ein älteres Noki-noki-Nuckel-Handy-Modell reicht mir, auf einen Appel 1, 2, 3, 4 oder 5, in den ich nicht hinein beißen kann, verzichte ich. Die Apfelernte neigt sich dem Verfall zu, das Haltbarkeitsdatum endet, körperlich und/oder seelisch.

Zwei Stunden vergingen mittlerweile, und ich frage mich, wie manche Menschen  leben, wenn der Tod die Technik vereinnahmt. Vielleicht verursacht manch moderne Technikinnovation einen Tod, eine Suizid. Im Internet bleben Tote am Leben, und sterben Lebende.

Mein Wahnsinn hängt tickend an der Wand, denn mittlerweile reanimierte ich diese Uhr mittels Batterien wieder. Ach quatsch, der Wahnsinn findet in meinem Kopf statt. "Seele", nee diese Begrifflichkeit ist für mich nicht greifbar, ich hätte lieber ein gebrochenes Bein, was leichter zu heilen ist.

Vielleicht sollte ich ein Bild von einem Regenbogen, und dies neben dieser tickenden Zeitmacht, an die Wand hängen. Ich mag Regenbögen.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (44)
(22.10.12)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 23.10.12:
Ich danke Dir für Deine ehrliche Einschätzung, John, die mich zum Nachdenken bewegt. Ich weiß, was und wie Du (es) meinst...

Im Leben verändert sich manches, welches sich direkt oder indirekt auf den Einzelnen auswirken kann. Mehr möchte ich dazu jetzt nicht schreiben.

Lg
Jörg
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