Alberto Manguel: Eine Geschichte des Lesens

Rezension zum Thema Wahrnehmung

von  EkkehartMittelberg

Alberto Manguel: Eine Geschichte des Lesens. Fischer Tb. EUR 14.99
zuerst in Englisch „History of reading“ 1997 erschienen



Ein Begleiter für lange Zeit
Um es gleich vorwegzunehmen: „Eine Geschichte des Lesens“ von Alberto Manguel zieht mit der Flutwelle amüsanter und spannender Fakten den Lesenden in ein Meer des Wissens, in das er viele Male eintauchen muss, wenn er sich Teile davon zu eigen machen will. Ich lese es gerade zum zweiten Male und stelle fest, wie sich mein Bewusstsein für die Möglichkeiten des Lesens schärft und der Genuss steigt.
Kein Wunder, dass der vielsprachige in Buenos Aires geborene Manguel dem Akt des Lesens so viele Aspekte abgewinnen konnte, wirkte er doch als Verlagslektor, Literaturdozent und Übersetzer in Städten, die für ihre Bibliotheken berühmt sind, wie zum Beispiel Mailand, London und Toronto.
Die Welt, „ein grandioses Buch“, in allen ihren Erscheinungsformen zu lesen, einschließlich der Menschen, die selber Bücher sind, auf kein geringeres Ziel richtet sich die Leidenschaft besessener Leser wie Manguel. Dieser hat seine „Geschichte des Lesens“ nicht fortlaufend diachron wie ein Geschichtsbuch angelegt. In dem Kreis von Autor, Buch und Leser stellen seine Kapitel Segmente dar, die nur in der jüngsten Gegenwart spielen könnten, zum Beispiel „Die stillen Leser“, „Bilder lesen“, „Vorlesen“, aber durch Rückblicke bis zu den Anfängen des Lesens Tiefendimension gewinnen.
Alle denkbaren Methoden des Lesens, immer wieder angereichert mit Skizzen, Bildern und Beispielen von Lesern aus allen Teilen der Welt, führt Manguel vor Augen. Nur einige seien hier erwähnt:
• das Lesen als physische Aktivität, die sich zwischen Zeichen, Augen und Gehirn ereignet,
• die Aufgabe des Lesens, sichtbar zu machen, „was die Schrift nur in Andeutungen und Schatten zu benennen weiß“ (Al Haytham),
• das laute und stille Lesen,
• das Buch als Gedächtnis, mit dessen Hilfe der interpretierende Leser einen neuen Text hervorbringt (Petrarca),
• das Erlernen noch unbekannter Kodierungen,
• das Erschließen eines Textes auf unterschiedlichen Ebenen, praktiziert zum Beispiel durch Talmudgelehrte,
• das Verständnis literarischer Texte als Gleichnisse in der Manier Kafkas, die voraussetzen, dass die in Dichtung gespiegelte Welt unfassbar ist,
• das Lesen der Zukunft, das von der „überzeitlichen Strahlkraft“ von Dichtung handelt,
• das Dekodieren von Bildern,
• das Vorlesen am Arbeitsplatz zum Zwecke der Unterhaltung und Bildung, das 1866 in kubanischen Tabakfabriken begann,
• der „symbolische Leser“, auf den der Symbolgehalt des von ihm gelesenen Buches übertragen wird.
So differenziert wie die Arten des Lesens so vielfältig sind auch die von Manguel dargestellten symbolträchtigen Orte des Lesens (etwa Babylon als Ursprungsland des Buches, die lesewütige Stadt Alexandria, die fatimidische Bibliothek von Kairo), die Räume des Lesens und die Körperhaltungen bei der Lektüre, zum Beispiel das einsame Lesen in der Natur oder im Bett, zerstreut oder konzentriert, das Lesen hinter Mauern [besonders fesselnd der Bericht über die bedeutenden literarischen Werke japanischer Hofdamen mit der von ihnen entwickelten Schriftsprache „kanbungaku“ (794-1185)], das weltvergessene Lesen, öffentliche Verkehrsmittel als Leseorte, das Lesen vor Publikum, Liebespaare bei gemeinsamer Lektüre, verbotenes Lesen.
Gelungene Visualisierungen spiegeln die Mannigfaltigkeit von Leserinnen und Lesern, von Schauplätzen der Lektüre, von Materialien, mit denen Botschaften transportiert wurden: Abbildungen aus einer Islamschule des 16. Jahrhunderts und von Schulszenen des europäischen Mittelalters, Dante mit der Göttlichen Komödie, Zeichen einer erfundenen Schrift, eine Seite aus der Heidelberger Armenbibel, die Darstellung eines Fabrikvorlesers, die Lesemaschine von Ramellis, das Mammutalbum mit Vögeln Amerikas und das kleinste Buch der Welt, die lesende Eleonore von Aquitanien, abgebildet auf ihrem Sarkophag, eine lesende Sklavin, ein Leser aus der Zeit vor fünftausend Jahren, Leserinnen mit „Verbotenen Früchten“ (verbotener Literatur), Kardinal Hugo de Saint Cher, der erste Brillenträger, der sich in einer längeren Exposition über die Erfindung und Bedeutung der Brille findet, sind wahllos herausgegriffene Beispiele.

Wie sehr unsere heutige Lesekultur auf Lesegewohnheiten der Antike, der Kirchenväter, der Mönche des Mittelalters und der Gelehrten der Renaissance fußt, wird immer wieder mit Verweisen auf Aristoteles, Plinius den Jüngeren, Vergil, Konstantin den Großen, Augustinus, Dante und Petrarca dargelegt. Manguel ist aber alles andere als rückwärts gewandt. Dass mit der Erfindung des Computers der Absatz von Büchern gestiegen und eine andere Lesekultur entstanden ist, führt er gegen Kulturpessimisten ins Feld.
Angesichts der Exkurse in amerikanische, russische, englische, französische, italienische, arabische und japanische Weltliteratur könnte man Manguel verdächtigen als Bildungsbürger für eben solche geschrieben zu haben. Er ist aber selber ein ‚Büchernarr’ im positiven Sinne (Die Scheingelehrten führt er im letzten Kapitel seines Buches mit dem Holzschnitt von Dürer für die erste Ausgabe des Narrenschiffs (1494) von Sebastian Brant vor). In dieser Eigenschaft interessiert ihn selbstverständlich der subversive Leser und die Furcht der Diktatoren aller Epochen vor diesem, das heimlich heroische Lesen von Sklaven, die Geschichte der Bücherverbrennungen und die vom Vatikan verdammten Werke, der Leser, der sich seiner Macht bewusst ist, der symbolische Botschaften als Konterbande entdeckt, der als kreativer Leser ebenso wie der Autor Meister sein kann, der für seine Leidenschaft stiehlt, weil er „eine intime, körperliche Beziehung zum Buch“ mit niemandem teilen will, und der Leser, der den Reiz verbotener Lektüre auskostet.
Hat Manguels Buch eine erhebliche Schwäche? Vielleicht stößt sich jemand daran, dass ein großer Teil seiner Beispiele aus der Zeit vor der Aufklärung stammt. Andere mögen gerade eine Stärke darin sehen, dass er Lesehaltungen bis zu den Ursprüngen zurückverfolgt. Sein immenses Wissen, unterhaltsam vorgetragen, ganz das Gegenteil von Kathedergelehrsamkeit, wird die meisten Leser lange Zeit fesseln. Wer nach Anregungen für kreatives Lesen sucht, wird von Manguel inspiriert.

© Ekkehart Mittelberg, März 2014


Anmerkung von EkkehartMittelberg:

Ich habe diese Rezension schon 2008 im Autorenweb veröffentlicht, stelle sie aber mit gutem Gewissen hier noch einmal ein, weil sie nichts an Aktualität eingebüßt hat.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (14.03.14)
"Vielleicht stößt sich jemand daran, dass ein großer Teil seiner Beispiele aus der Zeit vor der Aufklärung stammt.
Mann muss natürlich immer zwischen der Aufklärung als Epoche, in der sich jenes Gedankengut durchsetzte und aufgeklärtem Denken unterscheiden. Um zu verdeutlichen, was ich damit meine, werfe ich hier einfach einmal die Behauptung in den Raum, dass Jesus ein Philosoph und Verbreiter von aufklärerischem Gedankengut war - nur 1700 Jahre vor der Epoche, so dass es kein Wunder ist, dass er dafür hingerichtet wurde.

Was die Form des Lesens angeht, kann ich einen Anekdote beisteuern. Von dem amerikanische General Grant, der im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) die Armee der Nordstaaten befehligte, wird berichtet, dass, wenn er Berichte an seinem Schreibtisch las, derart konzentriert war, dass er, wenn er Bericht von einen anderen Tischen holen wollte, aufstand, das Papier in der Hand behielt, in der leicht vorgebeugten Haltung blieb, den andern Bericht holte und sich wieder an seinen Schreibtisch setzte. Die Haltung seines Oberkörpers hatte sich dabei also nie verändert.

Ach ja, gelesen habe ich das Buch, dass du hier rezensierst, nicht.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.14:
Merci, Stefan,ja, es ist richtig, zwischen aufgeklärtem Denken und der Aufklärung als Epoche zu unterscheiden Wie du richtig schreibst, liegen die Wurzeln aufgeklärten Denkens weit vor der Epoche. Du als Historiker weißt bestimmt, dass zum Beispiel aufklärende Geschichtsschreibung in dem Griechen Thukydides ( 454 v. Chr.; † wohl zwischen 399 v. Chr. und 396 v. Chr) einen Vorläufer hatte oder die der Aufklärung verpflichtete Philosophie in den Vorsokratikern.

Die konzentrierte Körperhaltung des General Grant beim Lesen ist als Beispiel ganz im Sinne von Manguels Unterscheidungen.
LottaManguetti (59)
(14.03.14)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 14.03.14:
Gracie especiale, Lotta, dein Unbehagen an der Kathedergelehrsamkeit in der Schule interessiert mich sehr.
Ich erlebe das Problem jetzt mit meiner Enkelin, die eine vierte Grundschulklasse in Bayern besucht. Mein Urteil über neuere Methoden dort ist gespalten.
Man verwendet zum Beispiel viel Aufmerksamketi auf die Schulung sinnerfassenden Lesens. Dabei hat die Lyrik leider nur einen geringen Stellenwert. Darin hast du ganz Recht. Jedoch sind die Methoden einer sinnerfassenden Texterschließung auf der Grundschule viel differenzierter geworden als noch zu der Grundschulzeit meiner Tochter. Das kommt rational eingestellten Kindern zugute. Es schließt aber eine individuelle Herangehensweise an den Text, die diesen als Grundlage für eigenes Fabulieren nimmt, nahezu aus. Das bedeutet, dass sich die Fantasie der Kinder immer nur in gelenkten Bahnen entfalten kann. Das analytische Denken freilich wird enorm geschult. Man kann nur hoffen, dass diese Fähigkeit später für kritisches Denken eingesetzt wird.
Die Frage ist, was mit den kreativen Fähigkeiten der Kinder passiert. Ich vermute, dass deren Vernachlässigung auch mit dem Problem einer halbwegs gerechten Benotung zusammenhängt, die von Eltern heute viel genauer überprüft und in Frage gestellt wird. Auf diesem diffizilen Gebiet ist didaktisch-methodisch noch unendlich viel aufzuarbeiten.
LG
Ekki
LottaManguetti (59) schrieb daraufhin am 14.03.14:
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 14.03.14:
Lotta, ich gebe dir jetzt mal in allem, was du schreibst, Recht (obwohl man deine Thesen sachlich kontrovers diskutieren könnte), um auf den entscheidenden Punkt zu kommen: Wenn das staatliche Bildungssystem durch Privatschulen ersetzt würde, bedeutete das eine vielfache Steigerung der Bildungsausgaben, um jedem Kind zu ermöglichen, eine Privatschule seiner Wahl besuchen zu können. Privatschulen, die für alle zugänglich wären, würden für elitär denkende Eltern ihre Attraktivität verlieren. Aber stellen wir uns das alles als lösbar vor.
Man könnte es nur durch geduldige Überzeugungsarbeit in politischen Gremien und in Bildungskommissionen erreichen. Du kannst dir, wenn du es nicht selbst erlebt hast, nicht vorstellen, was das wegen festgefahrender ideologischer Positionen für eine Kärrnerarbeit ist. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich Jahre meines Lebens bis an die Grenzen meiner Gesundheit damit verbracht habe, in Gesamtschulen mehr Freiräume für individuelles Lernen zu schaffen. Ich bereue diese Zeit nicht. Aber der Weg geht nur mit dem langen Marsch durch die Institutionen. Ohne ihn zeigen wir hier folgenlose Utopien auf, die freilich immer wieder benannt werden sollten.
LottaManguetti (59) ergänzte dazu am 15.03.14:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.03.14:
Lotta, ich wünsche dir mein Vergnügen.
Ein heiterer Sonntag. für dich!
MarieM (55) meinte dazu am 16.03.14:
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 AZU20 (14.03.14)
Interessante Rezension. Ich werde mir das Buch mal zu Gemüte führen. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.14:
Danke, Armin. Ich bin sicher, dass du es nicht bereuen wirst.
LG
Ekki

 susidie (14.03.14)
Eine wunderbare Rezension, lieber Ekki. Auf Manguel bin ich nur per Zufall gestossen im letzten Herbst, als mir eine Freundin "Die Bibliothek bei Nacht" mitbrachte. Dieses Buch hat mich absolut fasziniert und die "Geschichte des Lesens" sowie weitere Bücher Manguels stehen seitdem auf meiner Deutschland shopping list weit oben. Nun ja, jetzt auf Platz eins. Danke dafür.
Lieben Gruß an dich, Su :)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.14:
Grazie, Su, vielleicht solltest du dich zunächst mit "Eine Geschichte des Lesens" begnügen, denn sie bietet Stoff für lange Zeit. Aber nicht etwa deswegen, weil das Buch Verstehensbarrieren aufrichten würde. Ganz im Gegenteil, man versteht Manguels flüssige und nirgends versimpelnde Sprache sofort. Aber er versammelt auf engstem Raum so unendlich viele Fakten, dass man sich eine Langfrist-Lektüre verordnet, um wenigstens einen Teil davon zu behalten.
Aber wem sage ich das. Du hast ja "Die Bibliothek bei Nacht" gelesen.
Liebe Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (14.03.14)
Lieber Ekkehart,
ich das von Dir trefflich rezensierte Buch vor einiger Zeit gelesen und stimme Dir Zeile für Zeile, Wort für Wort zu. Vielleicht sollte ich es mal wieder zur Hand nehmen.
Herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.14:
Grazie, Viktor. Es freut mich sehr, dass ein so versierter Autor und Literaturkenner wie du mir zustimmt.
Herzliche Grüße
Ekki
Pocahontas (54)
(14.03.14)
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 irakulani meinte dazu am 14.03.14:
Mir geht es hier wie dir, liebe Sigi. Auch ich habe Lust bekommen, das Buch zu lesen. Insbesondere die Diskussion (weiter oben) von Lotta und dir, lieber Ekki, finde ich sehr interessant, da ich bei meinen Kindern auch beobachten kann, dass die Schule keineswegs in der Lage ist "die Lust am Lesen" zu wecken. Und das ist sehr schade!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.03.14:
Grazie, Liebe Sigi,
in deinem Kommentar erscheint das Schlüsselwort "leidenschaftlich". Das trifft es genau. Ich bin seit meiner Kindheit ein leidenschaftlicher Leser. Das ist gar nichts Besonderes, denn es gilt für viele User hier bei kV. Aber als ich dann Manguel gelesen hatte, wurde mir klar, dass die Community leidenschaftlicher Leser insofern sehr variabel ist, als fast jeder anders liest. Das muss zu unterschiedlichen Einschätzungen in Kommentaren führen, denen ich seit der Lektüre Manguels toleranter gegenüber stehe.
Liebe Grüße
Ekki

Merci, liebe Ira,
das Buch wird dich begeistern. Dessen bin ich mir sicher.
Dass "Schule keineswegs in der Lage ist, die Lust am Lesen zu wecken", kann ich so nicht unterschreiben. Zu meiner Schulzeit reichte es, dass der Deutschlehrer am Samstag eine Kiste mit Leihbüchern in den Unterricht brachte. Wir haben sie uns fast aus der Hand gerissen. Ich habe später Kollegen gekannt, die ein Maximum an Motivationskünsten entfaltet haben und dennoch nur mäßigen Erfolg hatten. Man darf heute den Einfluss der anderen Massenmedien und das Verhalten der Eltern bei der Beurteilung mangelnder Leselust nicht übersehen.
Leseratten gelten unter Mitschülern als nicht besonders interessant und wenn die Eltern als Miterzieher nur vor der Flimmerkiste hängen, kann die Schule nicht alles rausreißen.
Damit leugne ich nicht, dass es fantasielose bequeme Lehrer gibt.

 monalisa (14.03.14)
Deine Rezension, lieber Ekki, hat mich nach Jahren wieder an eine alte Bekannte, Manguels Geschichte des Lesens, erinnert, die mich (2008 wars, glaub ich) geraume Zeit begleitet hat; hat mich auch daran erinnert, wie viel ich davon schon wieder vergessen habe, leider :( !
Nun hast du mir wieder wunderbar auf die Sprünge geholfen und vieles ist wie aus dem Nebel wieder aufgetaucht. Faszinierend fand ich damals die vielen Details und eingestreuten Anekdoten, etwa die Geschichte des Grafen Libri, des wohl größten Bücherdiebs aller Zeiten
Auch das autobiographische Eingangskapitel, in dem Manguel seine eigene 'Lesegeschichte' erzählt, ist mir noch recht gegenwärtig. Sinngemäß kommt er darin zum Schluss, dass letztlich 'die wahre Geschichte des Lesens wohl die eines jeden Lesers ist'. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, oder?

Vielen Dank, Ekki, für diese gelungene Besprechung. Vielleicht wandert das Buch ja jetzt aus aktuellem Analss wieder auf mein Nachttischchen.

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.03.14:
Grazie, Mona, insbesondere auch für den Verweis auf die interessanten Anekdoten und das motivierende autobiografische Eingangskapitel.
Die Geschichte des Grafen Libri hat auch mich fasziniert. Wohlverstanden, Diebstahl ist Diebstahl. Aber es gibt zwei Formen, die ich schon immer mit besonderem Verständnis betrachtet habe, nämlich Mundraub, wenn jemand wirklich Hunger hat, und das Stehlen von Büchern aus ästhetischer Leidenschaft. Aber Hand aufs Herz und Verstehen hin oder her. Als Richter wäre ich trotzdem gegenüber Bücherdieben konsequent.
Ja, jeder Leser hat seine eigene Geschichte des Lesens. Das bedeutet jedoch nicht, dass er sie nicht verändern könnte und vielleicht auch sollte.
MarieM (55)
(16.03.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.03.14:
Merci Marie, wie ich dich kenne, wirst du auf dem Buch viel Honig saugen.
Es ist ja keine verlorene Zeit, wenn man sich geistreich unterhalten fühlt. Das ist vermutlich bei jedem Leser von Manguel der Fall.
Wirklich spannend ist die Schilderung der einzelnen Lesarten, die in der Literatuwissenschaft Geschichte gemacht haben.
"das Buch als Gedächtnis, mit dessen Hilfe der interpretierende Leser einen neuen Text hervorbringt (Petrarca)"
Daraus ist eine Richtung hervorgegangen, die nicht mehr eine einzige, von allen mehr oder weniger akzeptierte Interpretation erwartete, sondern anerkannte, dass der Leser das Buch macht (Wolfgang Iser).
Das Lesen eines Buches auf verschiedenen Ebenen nach Art der Talmud-Gelehrten hat wohl die fruchtbarsten Diskussionen in der Literaturwissenschaft ausgelöst. Man hat zum Beispiel Kafka in seiner vollen Dimension erst entdeckt, als man anfing, ihn werkimmanent, theologisch, psychologisch, soziologisch, biografisch, historisch usw. zu interpretieren.
Herzliche Grüße
Ekki
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