Die epikursche Glücksformel - funktioniert sie wirklich?

Essay zum Thema Nachdenkliches

von  Bluebird

Ohne eine feste Jenseitshoffnung kann das Wissen um die eigene Sterblichkeit eine schwere Hyphothek darstellen. Dies kommt sehr gut in der folgenden wahren Geschichte zum Ausdruck:
  Der Schatten der Endlichkeit

Gibt es für Menschen ohne eine Jenseitshoffnung - also einen Naturalisten - aber  nur eine resignative Akzeptanz des Unvermeidlichen? Oder kann man versuchen dem Ganzen doch einen positiven "Dreh" zu geben?
Der griechische Philosoph Epikur (341 - 270 v.Chr.) beispielsweise wollte sich  keinen „Illusionen“ hingeben. Für ihn gab es kein Leben nach Tode. Es blieb ihm also nur das Leben vor dem Tode.
    Und er versuchte dem Tode mit folgendem Grundgedanken seine Macht zu rauben: „Wenn wir sind, ist der Tod nicht. Und wenn der Tod ist, sind wir nicht mehr.“  Also warum sich überhaupt mit dem Tode beschäftigen? Lebe!: „Die Erkenntnis, dass der Tod ein Nichts ist, macht uns das vergängliche Leben erst köstlich.“

Wie so ein köstliches Leben denn gelebt werden könnte, hat er dann auch gleich mitgeliefert: „Die Lust ist Ursprung und Ziel eines glücklichen Lebens.“ Wobei dies aber nicht als ungehemmte Ausleben der eigenen Triebe missverstanden werden sollte. Lust bezog sich für Epikur auf alle Lebensbereiche und war an die Vernunft und das rechte Maß gebunden.
    Er selber empfahl und vollzog den Rückzug in den eigenen Garten, um hier mit Freunden ausgiebige philosophische Gespräche zu führen. Ob Epikur so allerdings ein glücklicher Mensch geworden ist, ientzieht sich meiner Kenntnis.

Mein Fazit:
Der epikursche „Glücksformel“ hat einen gewissen Reiz, dem auch ich mich nicht ganz versagen oder entziehen kann. Ein Leben im Verborgenen zu führen, ein wenig Spaß im Leben und gute Gespräche mit Freunden, das gefällt mir auch.
    Allerdings glaube ich nicht, dass man so dem Tod seine Macht rauben kann. Der „Schatten der Endlichkeit“ ist immer zugegen, so sehr man ihn auch  gerne abschütteln würde.

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(01.06.16)
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 Bluebird meinte dazu am 01.06.16:
Danke für deine ausführlichen und sinnvollen Ergänzungen/Erläuterungen .... aber ob am Ende Epiikur wirklich diesen Seelenfrieden gehabt hat, wie uns der Brief glauben lassen könnte, wissen wir nicht ... vielleicht ist es ihm auch nur "erfolgreich" gelungen seine Angst zu betäuben mittels seiner Philosophie ... um so erstaunter dürfte er gewesen sein, wenn es nach dem Tode -wovon ich ausgehe - zu einem "Erwachen" gekommen sein sollte

 LotharAtzert (01.06.16)
Zu Deiner Überschrift:
Nein!
"„Wenn wir sind, ist der Tod nicht. Und wenn der Tod ist, sind wir nicht mehr.“"
Das ist für meinen Geschmack eine Kurzsichtigkeit, man kann auch Unwissenheit sagen, oder Dualismus. Der Tod ist allgegenwärtig. Wenn wir einatmen, wissen wir nicht, ob wir noch zum Ausatmen kommen. Und wenn wir ausatmen ...
Der Tod ist allgegenwärtig für den, der sich dessen bewußt ist. Solange aus der dualen Sichtweise kein Nondualismus wird, sieht oder bedenkt man immer bloß die (vergängliche) Hälfte.
"Er selber empfahl und vollzog den Rückzug in den eigenen Garten, um hier mit Freunden ausgiebige philosophische Gespräche zu führen."
- da bin ich ihm näher, auch wenn ich keine Empfehlung für niemand habe - aber so ein Garten und Philosophie mit Freunden hat was. Das Leben im Verborgenen ist allerdings nur bedingt: das Leben "entbirgt" sich dem Betrachter ja. Sitzt man längere Zeit in Andacht, so kommen immer mehr Tiere, die sich zuvor verbargen. Und nicht nur Tiere. Du siehst mehr und mehr Dinge, die sich dem "gewöhnlichen" Blick entziehen. Was das ist, ja schau einfach selbst ... Wer es nicht sieht, dem nutzt der Glaube letztlich auch nichts ...
Ein Spruch noch von Nicolaus Lenau (nicht von ihm, aber er hat ihn als bemerkenswert aufgegriffen):
"Wer stirbt, bevor er stirbt, stirbt nicht, wenn er stirbt"

 Bluebird antwortete darauf am 01.06.16:
Dein Garten-kommentar gefällt mir besonders gut, Lothar!
Absinth (62)
(01.06.16)
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 EkkehartMittelberg (01.06.16)
Es ist naheliegend, dass die Philosophie des Epikur mit ihrem Vertrauen auf die Ratio allein nicht immer in der Lage sein wird, die Schatten des Todes zu vertreiben. Dennoch ist sie mir sympathischer als das Christentum, weil sie darauf verzichtet, ihre Anhänger mit Versagensängsten zu bedrohen. In einer Zeit allgemeinen Relativierens gefällt es mir aber, dass du ruhig und unaufdringlich für deinen Glauben eintrittst.
LG
Ekki

 Bluebird schrieb daraufhin am 01.06.16:
Dies werde ich auch weiter in dieser Weise versuchen ... in der Hoffnung, dass ich vielleicht ein wenig mehr (verlorengegangenes) Vertrauen in das "wahre Christentum" wecken kann ... in das Substanziielle, was - meiner Ansicht nach - wirklichen Trost und Hoffnung (über den Tod hinaus) geben kann ... aber ich will nicht vorgreifen ... mein "Plädoyer" soll sich Schritt für Schritt entfalten ....
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