Finsterworld Jocks

Erzählung zum Thema Neuanfang/ -orientierung

von  toltec-head

Selbst hinterher frisch geduscht verdirbt mir ein Twink, und sei er noch so hübsch, den Rest des Dates, wenn er sich mit rasch wieder angetanen Jocks zu mir auf einen Plausch noch in die Küche setzt. Alter macht tolerant nach dem Motto Hauptsache jung. Ja, ich bekenne, es auch schon mit DW-Trägern gemacht zu haben, welche  oftmals bi, für doofe Schwuchteln unfassbar und gerade deswegen meist the best fuck in town. Außerdem besitzen dieselben anders als je hübscher desto eingebildetere Jock-Träger die Delikatesse, einen vorher zu warnen und nicht als ausgepackte Katastrophe dann auch noch in aller Seelenruhe ihr Poppersfläschlein an den Rand des Betts zu platzieren, woraufhin auch der versauteste Epikureer ganz stoisch sich  um seine Erektion kümmern mag.

Jocks sind neben Bären, Ottern, Twinks und Geeks eine der sogenannten Tribes auf Grindr. Und dass ausgerechnet die männlichsten, absolut bi aussehenden Männer, typischerweise gerne auch muskulöse Südländer als Tribe Jock angeben, wunderte mich überhaupt nicht. Ich dachte mir vielmehr eines dieser vermaledeiten Naturgesetze dahinter, nach denen ja auch die Organe der Schöpfung auf lyrischste Weise mit denen der Ausscheidung verbunden sind. Bis gestern. Ich hatte mich nämlich geirrt. Die Tribe der Jocks hat - ich danke, hélas,  dem großen, verheirateten Christian Kracht diesen Hinweis - mit der Rasse der  Jockträgern gar nichts oder in etwa so viel wie ein Internetliteraturforenautor mit Literatur zu tun.  In der ARD-Mediathek ist derzeit Finsterworld eingestellt, den ich richtig gut fand, so dass ich hinterher noch ein Interview in der Zeit mit Kracht dazu las.

ZEIT: Was sind Jocks?

Kracht: Im Schulwesen in den USA gibt es immer die Footballspieler, nicht wahr, die dann die Mädchen bekommen und das andere vernichten wollen. Ich erinnere mich noch gut, als ich in den achtziger Jahren in den USA studierte. Hennarot gefärbte, streng nach hinten gezogene Haare, möglichst Kajalstift unter den Augen, Ohrringe und extrem spitze Schuhe, auf dem Walkman Bauhaus und Violent Femmes und solche Sachen. Dann fuhren immer jene Jocks in ihren Pick-up-Trucks die Straße runter, haben mit Bierdosen nach einem geworfen und "Kill the faggots!" geschrien.

http://www.zeit.de/2013/42/film-finsterworld-christian-kracht

Hennarot? Kajalstift? Violent Femmes? Da hab ich mir doch endlich mal die Mühe gemacht, sogleich  noch Grindr und  Tribes bei Google einzugeben.

Das schwule Leben ist wirklich kompliziert. (...) Und da wir alle so unterschiedlich sind und verschiedenste Vorlieben und Sehnsüchte haben, erleichtert uns Grindr das Leben mit zwölf Kategorien, in die wir uns einordnen können. Oder erschwert es uns eher die Suche? Weiß jeder überhaupt, was diese zwölf „Grindr-Tribes“ im Einzelnen bedeuten? Wir klären die Unwissenden auf und räumen einige Vorurteile über die unterschiedlichen Typen auf Grindr aus dem Weg.

(...)

Jock
Hier handelt sich nicht um die Underwear Jockstrap, aber der Begriff „Jock“ stammt aus dieser Richtung. Jockstraps wurden ursprünglich in einigen Sportarten verwendet, in denen man einen Schutz für die Genitalien benötigt. Der „Jock“ ist also ein sportlicher schwuler Mann, der seinen Körper fit hält und einen großen Teil seiner Zeit dem Körperkult zuschreibt. Man sollte aber definitiv noch zwischen Sportlern und „Jocks“ unterscheiden, denn hier geht’s nicht um die reine sportliche Betätigung, sondern „Jock“ zu sein ist eine Art Lebenseinstellung. Mit einem „Jock“ Kontakt zu haben, bedeutet auch immer, dass man selbst Sportfan sein sollte und sich vieles im Leben um Bodybuilding und Körperertüchtigung dreht. Bei einem „Jock“ bekommt ihr auf jeden Fall Muskeln und drahtige Körper zu sehen und zu spüren, aber beim Date müsst ihr euch drauf einstellen, einen Protein-Shake serviert zu bekommen.

http://www.schwulissimo.de/life_und_style/147974/Grindr-TribeserklaertWassindOtterRuggedund.htm

Au weia.

Stellt sich nur die Frage, ob die durchschnittliche deutsche Blödschwuchtel beim Ausfüllen des Grindr-Formulas das immer auch so weiß. Die Welt ist immer viel zu viel für uns. Das Überlappen bestimmter Naturgesetze eröffnet Abgründe und so kommt es, dass jemand einen Jock haben will, der sogar auch noch  wie ein Jock aussieht, sich gleichwohl aber später als Jock-Träger entpuppt.  Christian Kracht mag mit seinen Hennarot gefärbten, streng nach hinten gezogenen Haare damals in den 80er kein Jock gewesen sein. Die Fotos, die ich vom nur etwas späteren jungen Faserland-Autor noch im Kopf habe, deuteten indes, sähe man sie heute bei Grindr eingestellt, ganz unzweitdeutig auf den allertypischsten  passiv-aggressiven Jockträger hin. Was im Bett wie das arrogant beiseite gestellte Poppersfläschchen absolut abtörnend wirkt, die passive Aggression an und für sich,  mag in der Literatur oder im Film die reizvollsten Effekte hervorzubringen oder sogar deren Essenz selbst sein.

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Kommentare zu diesem Text

ZUCKERBROToderPEITSCHE (60)
(19.12.17)
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 Isensee (19.12.17)
Schwules Gejammer like Grace mit eng anliegendem Hautanzug.
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