DER ARME POET - Spitzweg in Versen

Gedicht zum Thema Schreiben

von  harzgebirgler

Illustration zum Text
Der arme Poet
(von Carl Spitzweg)
Mit der Brille auf der Nase
liegt am Tag er noch im Bett,
nein, er hebt sich nicht vom Lager,
der Poet, der mehr wohl hätt´
an Besitz, Kultur des Wohnens,
würd´ er reüssiern im Fach,
doch wies ausschaut haust teutsch Michel
unterm scheints undichten Dach.
Dachschräg ist die karge Kammer,
die der Musensohn bewohnt
und du ahnst, daß sich sein Mühen
bislang herzlich wenig lohnt.

Spärlich die Habseligkeiten
solchen Lebens für das Wort,
dennoch liegt Idyllenschimmer
überm schrägen Dichterort.
Auf dem Boden die Matratze,
unverhüllt auf blankem Holz -
dies stört Spitzwegs Michel wenig,
weil dem Dichten gilt sein Stolz.
Gehrock, Stiefel und Zylinder,
Schirm, Stock, Bücher, greifbar nah,
dicke, alte, große Schinken
hat der Schlafmützträger da,

nur nichts Essbares in petto,
was bei Hunger füllt den Bauch,
selbst an Brennholz herrscht ein Mangel -
Manuskripte tuns ja auch.
Oh, die Kunst birgt manche Hürde,
ehe mal ein Werk gelingt
und im Schatten wahrer Meister
einer was zustande bringt;
auf den Durchbruch mag er hoffen
und die Jahre gehn ins Land -
glücklich wer auch ohne diesen
dann im Tun Erfüllung fand.

Oft wills sich partout nicht reimen –
irgend etwas hemmt den Fluß
und im Versmaß faßt der Arme
häufig erst arg strauchelnd Fuß.
Deshalb, als Gedächtnisstütze,
stehts mit Kreide an der Wand:
Emsig folgt dem klass´schen Muster
prüfend des Poeten Hand;
zwischen Lippen klemmt die Feder,
kritisch wird das Blatt beäugt,
obs am Ende noch für andres
denn als Ofennahrung täugt!

Tinte geht im Faß zur Neige,
Feder faßt geneigten Rest,
doch so sehr die Not umdroht ihn,
aus der Ruhe bringen läßt
sich der nicht mehr junge Künstler
offensichtlich niemals nicht -
eifrig sucht er weiter Reime
in des Sonnentages Licht.
In der Tat zählt, Kurs zu halten,
sei Erfolg auch ziemlich fern -
folge stetig deinen Sternen,
tue was du tust stets gern...

Doppeldeutig ist die Armut,
die der Maler illustriert,
denn wo Können groß am Werk ist,
hat es meist zum Ruhm geführt
immerhin zu Lebenszeiten,
die wohl anfangs oftmals schwer,
pures Unvermögen indes erntet
selbst posthum kaum Ehr´!
Spitzwegs Bild mag man betrachten
mit gewisser Nostalgie,
sich zutiefst zu überschätzen
scheint modern aber wie nie!

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Kommentare zu diesem Text


 Moja (19.12.18)
Ganz schön gut gereimt, berichtet und gedichtet.
Lieben Gruß, Monika

 harzgebirgler meinte dazu am 19.12.18:
...und mich freut dein kommentar
wirklich sehr, das ist doch klar.

herzliche dankesgrüße
henning
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