Persönlichkeit

Volksbuch zum Thema Maske

von  Terminator

Das Leben ist einfach: Geburt, Mühsal, Tod, danach Himmel/Hölle oder einfach nichts. Nichts ist langweilig, über nichts kann es keine zwei Meinungen geben, streng genommen nicht einmal eine. Wenn nach dem Tod nichts ist, geht von einen Moment auf den anderen das Licht aus, und es ist Schluss. Nein, du wirst nicht erleben, wie deine Freunde und Verwandte von dir Abschied nehmen, und wie sich die Welt ohne dich weiterdreht. Doch was, wenn nicht nichts? Vielleicht wird im Paradies gegessen, aber es wird ohne Stuhlgang verdaut. Wenn es im Himmel Sex gibt, kann er nicht die Unschuld nehmen, nicht entweihend und erniedrigend sein. Doch solche Überlegungen sind bloß technischer Art: sie betreffen nur die Optionen, die Spieleinstellungen, und tun so, als gäbe es bereits die Hardware, die Software und den Strom umsonst.

Die Guten kommen ins Paradies, die Bösen ins Paradies der anderen. Ist es so? Gibt es einen Kausalnexus zwischen Moralität und Karma? Es könnte auch zufällig sein, doch die gesunde Intuition hat wahrscheinlich Recht. Es gibt haufenweise Menschen, bei denen man sich überhaupt nicht vorstellen kann, dass sie nach dem Tod irgendwohin kommen. Jemand mit dem Gesichtausdruck einer Kuh kann doch gar keine unsterbliche Seele haben. Ein hässliches Gesicht mit geistreich funkelnden Augen ist sympathisch, ein hübsches Gesicht mit leerem Ausdruck ist abstoßend. Die Eier sind aus dem Sack: ja, es geht um die sogenannten dummen Menschen.

Was ist Dummheit? Warum ist sie noch abstoßender als Hässlichkeit? Liegen zwischen geistreichen und stupiden, phantasielosen Menschen nicht weltenweise Welten, wie zwischen Mensch und Tier? Nach Kant ist Dummheit nicht einmal ein Mangel an Verstand oder manipulativer, berechnender Intelligenz, sondern an Urteilskraft. Das urteilende Geistesvermögen heißt mit dem Fachbegriff Ich. Die Ur-teilung, die das Ich als erstes, präexistentielles, transzendentales Urteil vollzieht, ist die Trennung von Subjekt und Objekt. Das Objekt ist fremdbestimmt, das Subjekt ist selbstbezüglich und autonom. Wer kennt nicht solche, die auf Kommando kreativ sind, aber niemals aus eigenem Antrieb etwas ausdenken oder erschaffen? Wer hat nicht in der Schule von Auswendiglernmaschinen abgeschrieben? Wie viele sind sitzen geblieben oder haben mit schlechten Noten abgeschlossen, weil sie sich für so viel mehr interessierten, als das, wofür die Noten vergeben werden?

Das Ich bezieht sich unendlich auf sich selbst: wer ein Ich hat (besser: ein Ich ist), ist nicht nur seiner Selbst bewusst, sondern weiß auch von seinem Selbstbewusstsein. Die unreflektierte, primitive Selbstbezüglichkeit ist kein Ich, sondern lediglich ein Selbst. Beim Menschen äußerst sich das unreflektierte Selbst als Ego. Wer ein schwaches Ich hat, hat dafür ein großes Ego. Vereinfachen wir mal einfach der Einfachheit halber: ein Ego empfindet Selbstdisziplin als große Anstrengung, als ein Ringen mit einem fremdbestimmten Zwang, während ein Ich, das sich selbst zu etwas verpflichtet, darin seine Freiheit fühlt, da die selbstgegebene Pflicht nur der eigene freie Wille in Aktion ist. Ein Ego kann bloß narzisstisch sein, aber niemals moralisch, da Moralität eine Autonomie des Willens erfordert, eine Selbstbestimmung, für welche die unendliche Reflexion des Selbstbewusstseins erforderlich ist.

Ein Ego existiert immer in der Beziehung zu anderen, ein Ich bezieht sich wesentlich nur auf sich selbst. Ein Ego erwartet für gute Führung eine entsprechende Belohnung, und Egonauten stellen sich das Paradies als ein gestuftes System der Belohnungen vor. Ein Ich will auch im Paradies ein Ich bleiben, und stellt es sich als einen Ort vor, an dem sein Wille und die äußere Wirklichkeit in perfekter Harmonie übereinstimmen. Im Paradies des Ego tanzen Gerettete in verschiedenen Rangstufen um einen brennenden Busch, während in der Hölle die verlorenen Seelen auf verschiedenen Heizstufen brennen. Im Paradies des Ich gibt es kein Herrchen, welches dem Hunde Mensch Knochen zuwirft, und in der Hölle leidet das böse Ich nur an sich selbst, wie das gute Ich im Himmelreich sich an sich selbst erfreut.

Ein ichloser Mensch ist die Summe seiner Beziehungen, sprich an sich selbst ein Nichts. Zweifelhaft, dass ein Schein ohne Sein den Tod, die Rückkehr des Seins zum Wesen, im Zustand der Existenz übersteht. Ein Ich ist unendlich in sich reflektiert, und wenn sein Sein zu seinem Wesen zurückkehrt, sprich die Seele als Seiende zu dem, was sie ist, kehrt das Ich zu sich selbst zurück. Wenn Dummheit Ichlosigkeit ist, sterben die Dummen wie Zombies: die Lichter gehen einfach aus. Die Flut der Zombiefilme während der letzten Verdopplungsphase der Weltbevölkerung könnte mit der Ahnung zusammenhängen, dass es Menschen gibt, die gut und böse sein können, und Menschen ohne Persönlichkeit, in der Fernsehserie "The Walking Dead" etwa "die Beißer" genannt, - bestenfalls Statisten, und schlimmstenfalls Untote, die man beim Streit nicht geistig, sondern materiell ins Gehirn treffen muss. Moralisch wäre allemal, jedem menschlichen Wesen ein Ich auf Kredit zuzugestehen, denn jede Pauschalentmenschlichung trifft auch die Falschen. Erkenntnistheoretisch kann man niemals wissen, ob der andere wirklich eine Persönlichkeit hat, oder eine ichlose Gefahr für jeden darstellt, der gutgläubig davon ausgeht, man könnte an das moralische Gewissen jedes menschlichen Wesens mit Vernunft appellieren.

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