Gefangennahme, Prozess und Tod

Essay zum Thema Ansichtssache

von  Bluebird

Wie wir gesehen haben, ist Johannas geradezu komentenhafter Aufstieg zur Retterin Frankreichs - ihrem eigenen Bekunden nach - ein Werk der sie übernatürlich lenkenden und beratenden Stimmen gewesen. Angesichts ihrer erstaunlichen militärischen Erfolge und präziser Vorhersagen spricht Einiges dafür, dass es auch tatsächlich so war.
    Diesen Stimmen teilten ihr nun mit, dass sie bald in Gefangenschaft geraten würde. Sie sollte sich aber nicht besorgen, Gott würde sie auch wieder daraus befreien, wenn sie sich als standhaft erweisen würde. Diese Botschaft der Stimmen teilte sie dann auch einem engeren Zirkel mit. 

Tatsächlich war es dann so, dass sie wenig später bei einer Strafaktion gegen das burgundische Städtchen Compiegne in Gefangenschaft geriet. Sie war im Kampfgewühl auf ein sumpfiges Gelände geraten, wo ihr Pferd steckenblieb und sie überwältigt wurde.
  Vier Monate blieb sie in burgundischer Gefangenschaft und wäre sicherlich, bei Zahlung eines Lösegeldes oder aber eines politisch-vorteilhaften Angebots, nach Frankreich zurückgeschickt worden.  Aber König Karl VII verhielt sich ausgesprochen zögerlich und verhandelte so halbherzig, dass die Burgunder die Geduld verloren und sie an die Engländer überlieferten.
    Die waren natürlich hocherfreut hatten dann nichts Eiligeres zu tun, als ihr einen Prozess wegen Hexerei zu machen. Jetzt endlich sollte der Beweis erbracht werden, dass es bei der englischen Niederlagenserie nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Johanna mit dem Teufel im Bunde gewesen war.
  Johanna wurde schließlich zum Tode durch Verbrennen verurteilt, weil sie standhaft an ihrer Version einer göttlichen Sendung festhielt und wie gefordert, ihre Ketzerei nicht eingestand!

Das ganze Drama mit Fluchtversuchen und starken psychischen Stimmungsschwankungen spare ich hier aus, weil es nicht zu meinem eigentlichen Thema gehört. Ich setze stattdessen erst wieder am 30. Mai 1431, ihrem Hinrichtungstag, ein:

Die Ersten, die an diesem Tag Johannas Zelle betraten, waren Pierre Maurice und Nicholas Loiselleur. Sie waren gekommen, um sie noch einmal zu ermahnen und um einen letzten Versuch zu unternehmen, etwas mehr über ihre Erscheinungen zu erfahren.
  Dies wird nicht nur reine Neugier gewesen, sondern auch zur Gewissensberuhigung geschehen sein. Nicht dass man am Ende vielleicht doch eine Heilige und keine Ketzerin dem Feuer überlieferte!?
  Johannas Antwort war eindeutig und überraschend: "Ob sie nun gute oder böse Geister waren, sie sind mir erschienen!"
 
Als wenig später ein Mann namens Cauchon im Beisein einiger anderer Männer in die Zelle kam, und sie wegen ihrer Stimmen und der von ihnen vorhergesagten Freilassung ansprach, schrie sie ihn an: "Die Wahrheit ist, dass sie mich getäuscht haben!"
    Am Ende empfing sie die heilige Kommunion:

Ladvenu, der die Hostie in den Händen hielt, fragte sie: "Glaubst du an den Leib Jesu Christi?" Johanna antwortete: "Ja, und er ist der Einzige, der mich retten kann!" ... Dann fragte Ladvenu: "Glaubst du noch an deine Stimmen?" und Johanna antwortete: "Ich glaube allein an Gott und will meinen Glauben nicht mehr auf diese Stimmen richten, weil sie mich getäuscht haben."
Dieser Vorgang ist dokumentiert und amtlicherseits bestätigt. So scheinen ihr zuletzt doch gewisse Zweifel an der Göttlichkeit ihrer Stimmen gekommen zu sein.
 
Das Ende sei dann noch kurz erzählt. Gegen Mittag wurde sie zur Hinrichtungsstätte gebracht, wo eine beträchtliche Menschenmenge schon auf sie wartete: 

Das Feuer wurde entfacht, und die Flammen und der Rauch begannen das Opfer immer dichter einzuhüllen ... Die Zuschauer hörten, wie sie Gott und die Heiligen, besonders den heiligen Michael und die heilige Katherina, anrief . ...
Und als endlich von ihrer Qual erlöst, schrie sie noch einmal auf: "Jesus!", dann ließ sie den Kopf sinken


Anmerkung von Bluebird:


Teil 9 meiner analytischen Dokumentation des Lebens von Johanna von Orleans
Alle Zitate stammen aus: "Johanna von Orleans"" von  Edward Lucie-Smith

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