DUST

Sonett

von  ginTon

Worte zur Kunst: Zeitgenössisch
DUST (dt. Staub, Blankosonett)

verweht, verwischt, vergessen & so weiter
liegt metertief begraben unterm Staub
der Jahre und dem wüsten Wind dazwischen
um Reibungskraft und Sediment zu formen

das deinen Fußabdruck fest konservierte
zur vollen Größe im Quarzsandkristall
des Augenblickes, der dich hierher wehte
wie weißen Sand im Spiegelbild der Zeit

du, ich und du in einem Tanz der Lüfte
wo sich der Abrieb wund auf Farben legt
die übermalt nach neuen Worten klingen

im Codex: Rest Skript restlos aufgelesen
in Schichten aus Gefühl und Tast im Sinn
der Dauerspuren, die in dir verborgen liegen…



Anmerkung von ginTon:

*Text zum Bild:  Raphael Mazzucco DUST Rosenbaum Contemporary , Palm Beach und Boca Raton

Anmerkung: Der Text bezieht sich weitestgehend auf die im White-Sands-Nationalpark gefundenen Spuren anatomisch moderner Menschen, die circa vor 23.000 Jahren dort lebten, siehe:  hier. Somit musste die Besiedlung des amerikanischen Kontinentes neu umgeschrieben werden. Des Weiteren ist die Zeile »Codex: Rest Skript« eine Annäherung und Neuformulierung des lateinischen Codex Climaci Rescriptus, siehe:  hier einem sogenannten Palimpsest, also einer Übermalung bzw. Überschreibung eines bereits geschriebenen Textes, siehe:  hier. Als Metapher wurde dies ebenfalls synonym für den menschlichen Geist bzw. das Gedächtnis verwandt, wofür Freud als Beispiel den Begriff „Dauerspuren“ nutzte.

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Kommentare zu diesem Text


 IngeWrobel (21.10.23, 01:28)
Für mich geht durch Bild und erklärende Texte einiges vom Zauber verloren. 
Dennoch ist mir der dichterische Text eine Empfehlung wert. 
Liebe Grüße 
Inge

 ginTon meinte dazu am 21.10.23 um 01:40:
das sehe ich ganz anders. hätte T.S. Eliot als Beispiel sein Langgedicht "The Waste Land" nicht akribisch erklärt, wüsste so manch einer gar nicht, worum es überhaupt geht und dies ist hier auch der Fall. meines Erachtens geht dort auch nichts an Zauber verloren, zumindest dann, wenn dort vorher überhaupt schon welcher war, denn wäre es nicht so, warum sollte es überhaupt erwähnt werden?

 IngeWrobel antwortete darauf am 21.10.23 um 10:34:
Oops! Tut mir leid, dass das bei Dir so ankommt – es sollte ein Kompliment sein. 
Ich hab mir vorgenommen, Texte zu lesen und auf mich wirken zu lassen, ohne die Kommentare und folgende Erklärungen zu beachten. Diesem Prinzip bin ich in diesem Falle untreu geworden – was ein Fehler war, wie ich merke. 
Trotzdem stimmt, dass mir Dein Gedicht gefällt, weil es mehr mit meinen Sinnen als mit meinem Verstand gelesen wird. 
Lächelgruß von Inge

 ginTon schrieb daraufhin am 21.10.23 um 11:21:
Wie was bei mir ankommt? dass dir das Gedicht gefällt ist durchaus bei mit durchgedrungen, worüber ich mich natürlich freue. über die Erläuterung von Gedichten habe ich mir lange Gedanken gemacht, da ich vor einigen Jahren noch ähnlich dachte, da habe ich aber auch komplett andere Werke geschrieben. bei solcherlei Werken, wie dem vorliegenden, wo viele Montagen, Eigennamen und konkrete Hinweise verarbeitet wurden, ist eine Erläuterung die beste Wahl. der Leser oder die Leserin kann sich ja dann immer noch entscheiden, ob er es vorher liest oder nicht, mit dem Gedicht macht dies gar nichts, da es ja immer so bleibt, wie es ist. Lächelgruß zurück Gin
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