Ein sokratischer Dialog: Matze (6.9.2014)

Dialog

von  Hamlet

Sokrates: Mensch, hallo Matze, mein Freund, wo hin so gemächlich. Deinen Schritt abmessend, schließe ich darauf, dass Du sicher ein wenig Zeit für mich hast.

Matze: Ach Sokrates, worum geht’s denn wieder mal. An meiner guten Kleidung musst Du doch sehen, dass ich was Wichtigeres vorhabe, als mit Dir altem Schwätzer Belanglosigkeiten auszutauschen.

Sokrates: Ach was! Wohin geht es denn so feierlich, Matze?

Matze: Jetzt aber nicht neidisch werden, Sokrates. Nimm’s mir nicht übel, aber so wie Du aussiehst, kommst Du da sowieso nie rein.

Sokrates: Ach Matze, nun werde ich immer neugieriger! sag, was ist das für ein Ort?

Matze: Tsia, Sokrates, den Namen des Clubs sag ich Dir nicht. Aber begnüge Dich mit dem Wesentlichen: dort gibt es nämlich die schönsten Weiber, wovon Du nur träumen darfst.

Sokrates: Vortrefflich, Matze, o vortrefflich!

Matze: Was freust Du dich denn so, Alter? Du tust ja gerade so, als ob du was davon hättest.

Sokrates: Das nicht, Matze. Aber ich freue mich, weil Du mir das Wesentliche erklärst und vom Schönen sprichst. Sag: Was ist denn das Wesen des Schönen, wovon Du mir gerade Andeutungen gemacht hast, Matze?

Matze: Du stellst dumme Fragen, Sokrates. Aber gut, jetzt habe ich mich schon auf Dich eingelassen. Also kurz: Das Schöne ist, wenn die Weiber aussehen wie Topmodells. Und genau dahin bin ich eingeladen.

Sokrates: Das leuchtet ein! – Aber Matze, was ist denn mit dem Gärtner, der von schönen Blumen spricht?

Matze: Ich höre wohl nicht recht, was willst Du mit Blumen, Alter?

Sokrates: Naja, Matze, wenn Du vom Wesen des Schönen sprichst, musst Du doch alle Aussagen zum Schönen unter einen Begriff bekommen. Denn es geht doch nicht um die Mädchen, sondern um das Schöne.

Matze: Du willst mich wohl für blöd verkaufen, Sokrates, mich, der ich Abitur habe. Aber warte, ich gebe Dir die Definition des Schönen.

Sokrates: Das freut mich, Matze.

Matze: Du hast doch sicher schon vom Goldenen Schnitt gehört, Sokrates. Daraus leitet sich auch ab, dass das Schöne eine ebenmäßige Proportion ist.

Sokrates: Aha! Das klingt schon besser als ein bloßes Beispiel. Das nenne ich eine allgemeine Definition, Matze. Aber – würdest Du auch den Plattenbau in Marzahn als schön bezeichnen?

Matze: Auf keinen Fall, ich bin doch nicht geschmacksverirrt! Du etwa?

Sokrates: Ruhig Blut, Matze. Ich folge doch nur deiner eigenen Aussage. Wenn Du sagst, das Schöne sei eine ebenmäßige Proportion, dann ist der Plattenbau schön, weil die Betonsteine alle genormt sind und auch alle Fugen in gleichmäßigen Abständen gezogen sind. Also entweder Du findest den Plattenbau schön oder Du musst deine Definition ändern. Alles andere ist logisch unmöglich.

Matze: Als vernünftiger Mensch muss ich Dir zustimmen, Sokrates. Dennoch habe ich es nicht nötig, meine Definition zu ändern – sondern muss sie nur um einen Zusatz ergänzen. Das Schöne ist also eine ebenmäßige Proportion mit dem Zusatz, dass der Gegenstand (wie etwas das Mädchen und die Blume) von einer organischen Qualität ist, also nicht anorganisch wie ein Betonklotz. Verstehst Du?

Sokrates: Mensch Matze, ich wusste gar nicht, dass Du Vogelspinnen schön findest. Denn die sind doch organisch und haben mit ihren Haaren und ihren acht Beinen usw. eine ebenmäßige Proportion. Oder etwa nicht?

Matze: Du Sokrates, leider habe ich keine Zeit mehr für Dich. Und quatsch mich bloß nicht mehr an. Das war das letzte Mal.





Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (06.01.24, 15:41)
Gern gelesen ist zwar eine Floskel, aber leider hab ich auch keine Zeit, bin unterwegs zur Clublounge der AWs, der Alternativen Walküren.

 Quoth meinte dazu am 07.01.24 um 16:19:
Dieser Matze ist offenbar ein Verwandter desjenigen, der sich beklagt, das erträumte schöne Mädchen (oder auch eine Blume) sei ein "Lockvogel Gottes". 
Liebenswerte Erscheinung, dieser durch Berlin und die Gegenwart strolchende Sokrates, der den so ganz anders gearteten Matze zwingt, über das Wesen des Schönen nachzudenken ... Ich fände es gut, wenn sie einander nochmals über den Weg liefen!

Antwort geändert am 07.01.2024 um 16:22 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram