Undine

Gedicht

von  Quoth

War es nicht am Main, dass wir
uns zum Angedenken trafen
an die allzu früh Verblichne,

die uns über lange Jahre
dichtend, freundlich kommentierend,
unterm Mantel kluger Güte

hielt zusammen, eine Schäfrin,
doch wir selbstverliebten Schafe
ahnten nicht, was sie uns war?

Jetzt am Ufer jenes Flusses
hoben wir die grünen Römer,
tranken herben Frankenwein,

riefen: „Alma, warum hast
du verlassen deine Herde?
Kehre wieder, Alma, Alma,

lehre uns, auf Brücken gehen
statt von Ufer uns zu Ufer
hässlich hassend zu verachten!“

„Gerne käme ich zurück!“,
sprach da, plötzlich zu uns tretend,
ganz in mandarin gehüllt,

blitzend, funkelnd und so kalt
eine ungeladne Fremde,
„doch der Preis wär allzu hoch!

Ich bin froh, der Angst enthoben
und vom Schmerz befreit zu sein,
all die Wechselbäder von

Hoffen, Leiden, wieder Hoffen,
wieder leiden und verzweifeln,
liegen hinter mir, drum lasst uns

auf das gut Vergangne trinken,
das ja nicht verloren ist!“
Ließen wir uns etwa lumpen?

Nein, wir stießen mit der Fremden
an, ein Alter, schon besäuselt,
rief: „Du gingst uns nur voraus,

liebe Alma, bald schon folgen
wir dir nach, du treue Hirtin,
denn wo du bist, ist es schön!“

Trunken warn wir und verzaubert,
gurgelnd grüßte uns der Main,
eine goldene Undine,

kehrte sie ins Element
ihres Nichtmehrseins zurück,
Trost und Schrecken hinterlassend.



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (23.04.24, 17:40)
Lieber Quoth,

alles, was die Erinnerung an diese großartige Frau lebendig hält, ist mir eine Empfehlung wert.

LG
Ekki

 Quoth meinte dazu am 23.04.24 um 21:07:
Vielen Dank dafür!
Gruß Quoth
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