Autistischer Burnout

Protokoll zum Thema Krankheit/ Heilung

von  Terminator

Natürlich ist die Ursache die Reizüberflutung, in erster Linie durch Kommunikation. Bei jeden Tag etwas zu viel Reizüberflutung habe ich einen chronischen autistischen Burnout, die letzten zwei wohl im Juli/August 2021 und Dezember 2022. Interessanter für mich ist der aktute autistische Burnout, der durch zu viel auf einmal entsteht, durch eine einmalige starke Reizüberflutung. Ich habe mich ja oft nach der Ursache des Stotterns gefragt, das mit 7 Jahren anfing und in der zweiten Hälfte der Schulzeit die Kommunikation fast unmöglich machte. Jetzt habe ich die Ursache gefunden.


Ich bin Autist; Kommunikation mit erfordert enorme kognitive und emotionale Anstrengung. Wurden die Kapazitäten übererschöpft, wehrt sich der ganze Körper dagegen, wieder in die gleiche Situation zu kommen. Vergewaltige ich mich dazu, trotz eines Rückzugsbedürfnisses, das so stark ist wie extremer Durst oder heftiger Schmerz, wieder mit einem Menschen zu kommunizieren, verweigert sich der Körper: ich muss Worte aus mir gewaltsam herauspressen, das Sprechen fällt schon auf der physiologischen Ebene schwer. Ich versuche zu kommunizieren, aber der Körper sagt Nein, und sabotiert das Sprechen. Kämpfe ich gegen meinen Körper, dann versuche ich, beim Einatmen zu sprechen, oder atme nach ersten Silbe wieder ein: so entsteht das Stottern.


Jetzt bin ja schlauer, als ein mit 33 diagnostizierter Autist. Durch eine aktuelle Erfahrung eines akuten autistischen Burnouts kam das Stottern phasenweise zurück, und da half auch nicht das Training mit den Atemübungen nach einer bekannten niederländischen Methode, denn es geht in so einer Situation nicht darum, einem undisziplinierten Körper das richtige Atmen beizubringen, sondern darum, dass sich der Körper gegen das Sprechen mit Menschen permanent wehrt (bis er sich von Burnout wieder erholt hat).


In der Schulzeit hatte ich permanent einen akuten autistischen Burnout, ich kam aus der Erschöpfung und Anspannung nie heraus. Es fühlte sich wie Folter an, zur Schule zu gehen. Dabei hatte ich nur das Bedürfnis, in Ruhe gelassen zu werden. Der Körper wollte mir die ganze Zet etwas sagen, und habe nicht zugehört. Ich hatte nicht das Wissen; ich wuchs in einer extranormativen Gesellschaft auf, die zudem alles nicht-neurotypische Verhalten negativ moralisiert hat. Und nun rollt der Konsequenzenzug auf festen Schienen.


Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 Augustus (04.05.24, 13:26)
Kinder sind sozial-pädagogisch unterentwickelt; aber sie spüren, wer anders ist, ohne es zu verstehen. Gut erzogene Kinder verhalten sich neutral, schlecht erzogene Kinder belustigen sich über das „Fremde“ und wollen es zerstören, weil es in ihr gleichheitsbild nicht passt. Die Aufklärung ist hier gescheitert. Sowohl von Elternseite aus als auch von pädagogischen Fachleuten. 

In Zeiten von fehlenden Lehrern in Schulen und überforderten Eltern, laden Kinder ihre „nicht selbstverschuldete Unmündigkeit“ gegen andere Kinder aus, die sich später als erwachsene ans mobbing und gehänselt werden usw. traumatisch daran erinnern werden.

Wohlhabende Eltern, vorausschauende Pädagogen gründen Privatschulen, die sehr teuer sind, um ihre Kinder dorthin zu schicken, um diesen Traumatan den Boden - so gut es geht - zu entziehen, wobei 100% Sicherheit nirgends existiert.

Kommentar geändert am 04.05.2024 um 13:28 Uhr

 Gabyi meinte dazu am 04.05.24 um 14:25:
Kenne so etwas auch. Ich entzog mich einfach dem Ganzen (in der Schule). Siehe auch mein Text "Systensprenger".

 Terminator antwortete darauf am 11.05.24 um 04:37:
Nicht das Verhalten der anderen war (und ist immer noch) das Problem, sondern ihre Zwangsgesellschaft. Wenn der Körper mein Sprechen sabotiert, dann ist mir furzegal, wie die anderen reagieren: das Abartige ist, dass ich zwangsweise deren Gesellschaft ertragen muss. Ich brauche mindestens 80% meiner wachen Zeit als time alone. Das hätte ich als Kind/Jugendlicher wissen müssen. Als mit 33 diagnostizierter Autist bin ich so schwer traumatisiert, dass ich einem frühzeitigen Tod quasi entgegenfiebere. In der Hölle brennen soll, wer mir das übel nimmt.

 Kardamom schrieb daraufhin am 11.05.24 um 07:41:
Das tragische ist, dass phsychische Traumata von außen nicht so sichtbar sind wie körperliche Verletzungen. Trotzdem können das sehr schwere Verletzungen sein.

 Terminator äußerte darauf am 11.05.24 um 22:00:
Der eigene Umgang mit Traumata und Verletzungen ist entscheidend. Ich habe mich, nachdem ich wieder mal, wie in der Schulzeit, heftig gestottert habe, gefreut, denn ich sah es im Entstehen: der Körper wehrte sich gegen Kommunikation, es war eine Qual, die Worte aus mir herauszupressen. Die situative Abneigung gegen die zufälligen Kommunikationspartner in der Situation war groß: "Geht weg!" schien meine Psyche im Entsetzen zu schreien. Jetzt weiß ich halt, wo das Stottern schon damals herkam.

 Kardamom ergänzte dazu am 12.05.24 um 06:48:
Ich denke, Rückzug und der entspr. Rückzugsort sind elementar. Der Mensch braucht das. Das fasziniert mich an der Navajo-kultur. Die bauten/bauen ihre Häuser in sehr großem Abstand, um sich gegenseitig nicht zu stören. Leider wurde das hier zum elitärsten Luxus gemacht. Die Häuser der Navajos waren primitiv, ihre Lebensqualität war trotzdem hoch, eben wg. des Raumes den sie frei geniessen konnten.
Du hast zum Thema des Traumas einmal vom posttraumatischen Wachstum geschrieben. Ich finde, das ist ein Schlüsselwort.

 Terminator meinte dazu am 12.05.24 um 22:26:
Wir leben (als Zivilisation) halt in der Massenmenschenhaltung. Selbst für Menschen weit jenseits des autistischen Spektrums ist dieses Aufeinanderhocken oft zuviel, besonders in Großstädten.

Instinktiv würde ich immer den größtmöglihen Rückzug suchen, und diesen Zustand für immer sichern wollen. Die Gefahr der Komfortzone liegt aber darin, dass das posttraumatische Wachstum verhindert wird. Darum lasse ich mich absichtlich auf Überforderungen ein: was mich nicht umbringt, befähigt mich zu posttraumatischem Wachstum.

 FrankReich (11.05.24, 07:54)
Leider ist folgender Artikel zu schon, um wahr zu sein:

https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article152795956/Warum-die-Psychoanalyse-ein-Comeback-feiert.html#:~:text=Die%20Psychoanalyse%20galt%20lange%20als,nachhaltiger%20als%20alle%20anderen%20Therapien.

denn therapiert wird auch aktuell nahezu ausschließlich mit Psychopharmaka, letztlich gibt es Psychiater wie Sand am Meer, Verhaltenstherapeuten, besonders aber Psychotherapeuten sind dagegen rar gesät, aber nicht nur, weil die Psychotherapie zu teuer, weil zu zeitintensiv wäre, sondern auch, weil sie eine besondere Begabung erfordert, nämlich eine analytische Fähigkeit, die auch vor sich selbst nicht halt macht, mit langem Atem, der unerschütterlichen Überzeugung an diese Gabe sowie einer Reisebereitschaft- und begeisterung durch die inneren Abgründe einer jeden menschlichen Seele, vorwiegend der eigenen. Dazu kommt noch die Fertigkeit, auch andere von dieser Kunst überzeugen zu können, ja, diese quasi anwenden zu können, ohne dass sich der Patient schon nach kurzer Zeit erniedrigt, gequält und überfordert fühlt.
Langer Rede kurzer Sinn: Finde eine solche Koryphäe, bzw. prüfe, inwiefern Du über die Eignung verfügst, Dich selbst zu therapieren. 👋🙂

 Terminator meinte dazu am 11.05.24 um 22:03:
Bis zum letzten Halbsatz: Mit 17 wäre ich deinem Rat gefolgt.

Das hier
prüfe, inwiefern Du über die Eignung verfügst, Dich selbst zu therapieren
ist bereits geschehen; ich therapiere mit großem Erfolg mich selbst.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram