Die Fliege

Geschichte zum Thema Liebeskummer/ Liebesleid

von  leorenita

Quo vadis, fragte die Fliege, bekam aber keine Antwort.
Die Tür wurde geschlossen, die Fliege war allein. Annette verstand kein Latein und mochte keine Fliegen
sie verstand sich auf Männer und mochte Wein.
Die Fliege wusste Bescheid…
Annette leugnete die Lebensgemeinschaft, ging wann und wohin sie wollte, brachte Männer mit und nie richtete sie auch nur ein Wort an die Fliege.
Bei den Mahlzeiten, wenn die Fliege sich am Rand des gemeinsamen Tellers niederließ, schlug Annette nach ihr.  Natürlich vergeblich.
Jetzt war sie gegangen und die Fliege stammelte: quo, quo, quo vadissssssssssss und flog in tröstlichen Mäandern durchs Zimmer um ihren Schmerz zu stillen. Es half nicht. Die Eifersucht wühlte du schaukelte sich hoch weshalb sie immer wieder gegen die Fensterscheibe raste und wünschte, sie hätte sich beim Mittagessen erschlagen lassen.
Dann schlief sie vor Erschöpfung ein.
Der Schlüssel drehte sich im Schloss, die Fliege erwachte. Augenblicke der Andacht.
Kam sie alleine?
Ja. Die Fliege zog zwei Begrüßungsspiralen, näherte sich dem geliebten Gesicht und wurde verscheucht.
Annette gierte nach Wein, zog sich aus, legte sich nackt aufs Bett, trank und räkelte sich.
Tapfer verbarg die Fliege ihre Enttäuschung und zog sich auf den Lampenschirm zurück um dort ihr Lebenswerk ein Stückchen seiner Vollendung näher zu bringen. Sorgfältig fügte sie ein weiteres Exkrement an den ersten i-Punkt von "ich liebe dich", der damit zu drei Achteln fertig war.
Sinnend blickte sie zu ihr, wie sie dalag und duftete. All die nackte Haut... an manchen Stellen traten Schweißperlen aus der Tiefe ihrer Poren, glitzerten, verlockten und erregten die Fliege. Sie rieb sich die Augen und sah nicht hin, bis sich in irgendeiner Facette wieder das Gefunkel fing und ihr eindeutig zuzwinkerte. Nur ein Gedanke beherrschte ihren Kopf: Hochzeit machen! Sie putze sich, schön wollte sie sein, die Flügel sollten schimmern. Annettes Körper wollte es doch auch.
Inzwischen bei der dritten Flasche Wein angelangt, wehrte sich Annette nicht als sich die Fliege auf ihr duftendes Dreieck setzte, und zum ersten Mal in ihrem Leben bedauerte, keine Mücke zu sein. Einen Stachel tief in Annettes Haut zu bohren: deren Blut mit dem eigenen Saft vermischen, es kosten... sich saugend von ihr zu nähren, das müsste höchste Wonne sein.
Nun, war sie aber eine Fliege... doch sie konnte küssen. Zart und doch fordernd trank sie mit ihrem Rüssel den Schweiß, der eigens für sie quoll, tupfte das Salz auf, ließ sich von den feinen Härchen im Vorbeigehen streicheln und ergriff kosend von jedem Millimeter der nackten Haut Besitz. Die Düfte mehrten sich, sie näherte sich gerade von der Innenseite des rechten Oberschenkels her wieder dem  Dreieck, als Annette die Liebkosung spürte und, lang ersehntes Glück, der Fliege direkt in die Augen sah, die Lippen bewegte und sprach. Das Herz der Fliege trommelte zum Klang dieser ersten an sie gerichteten Worte. Komisch, sagte Annette, irgendwie erinnerst du mich an meinen alten Lateinlehrer, reichte ihr die Hand und erschlug die Fliege.

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Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (24.09.05)
Das ist ja mal eine interessante Perspektive. Eine sehr kreative Idee, finde ich, gefällt mir. Und - ich finde nicht, dass der Text P 18 sein muß. Das gibt es wildere Sachen ohne P 18. Willkommen bei kV und Grüße von Brigitte.

 leorenita meinte dazu am 24.09.05:
Danke für das Willkommen und deinen positiven Kommentar, manchmal wächst mir diese Sichtweise einfach zu. Übrigens finde ich auch nicht, dass die Geschichte unbedingt P18 ist, aber ich war mir nicht sicher und da ich noch ganz neu hier bin und manches erst herausfinden muß habe ich ihn halt mal so eingestuft und wer weiß, vielleicht wird er dadurch ja sogar häufiger gelesen.
pyrieth (53)
(24.09.05)
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 leorenita antwortete darauf am 24.09.05:
Hallo Pyrieth, versuchsweise Umdenken kann ja nicht schaden, oder? LG leorenita

 Traumreisende (24.09.05)
einfach klasse! lg silvia

 leorenita schrieb daraufhin am 24.09.05:
danke und Gruß zurück leorenita

 Aguaraha (26.09.05)
Was für eine wundervolle Idee, ... und so schön umgesetzt.
Ich fühlte mit der armen Fliege, ... und ich konnte sie so gut verstehen, ... mir tat sie leid.
Sind alle Lateinlehrer (bzw. Männer) wirklich so lästig?

 leorenita äußerte darauf am 26.09.05:
Hallo Aguaraha, erstmal danke für das Lob... nein, nätürlich sind weder alle Männer so, noch alle Lateilehrer. Ich sehe das so, dass derjenige, der in einer Beziehung von zwei Menschen mit Nähe-Distanz-Problemen den bedürftigen Part übernimmt schnell als so lästig empfunden wird. ... und das Nähe-Distanz-Problem ist sehr weit verbreitet. Wobei mensch durchaus in einer Beziehung den Part der Fliege übernehmen kann und in einer neuen dann den Part von Annette. ... sagt frau die beide Seiten kennt. glg Regine

 Ravna (29.09.05)
wunderbar. phantastisch. gelungen. interessant. neu.

 leorenita ergänzte dazu am 29.09.05:
wow, ich danke dir, glg Regine
Sebastian (37)
(28.05.06)
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 leorenita meinte dazu am 30.05.06:
danke dir fürs Lesen, mögen und anregen, den Gedanke mit den Mäandern in meinen Bildern muß ich mal näher betrachten, Gruß dir, Regine
Lebenslust (63)
(29.05.06)
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 leorenita meinte dazu am 30.05.06:
Oh, dankeschön, dein Enthusiasmus freut mich, ja das Leben einer Fliege kann voll von Abenteuern sein liebe Grüße, noch aus Berlin, Regine
Sanatanas (43)
(24.02.08)
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 leorenita meinte dazu am 25.02.08:
Hallo Sanatanas, das ist eine sehr schöne Idee von Dir, ich glaube ich werde sie übernehmen, danke. Regine
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