Die träumende Venus

Kurzprosa zum Thema Mystik

von  Mondsichel

"Wie lang willst noch verweilen Du in Deinem Sinnen?
Selbst die Sterne schon wissen wo Dein Herze verweilt.
Und der Mond singt ihren Namen in Deinen Gedanken stets,
umarmt von Deiner Seele, die nicht loslassen mehr mag.
Wie lang willst noch verweilen Du in Deinem Schatten?
Ihr Antlitz ist schon längst dem Tod anheim gefallen,
der vor den Traualtar der ewigen Stille sie führen wird.
Wenn Du nicht aussprichst, was selbst der Knöcherne weiß,
wird er sich rücksichtslos nehmen, was niemals ihm gebührte",
sprach die Nacht zu jenem der Liebe in seinem Herze trug.

"Hat sie nicht gehört das laute Schlagen meines Herzens,
nicht in meinem Aug' die Meere sie umschlingen gesehen?
Hat sie nicht vernommen die Sehnsucht in meinem Worte,
nicht mein Begehren gespürt, das ihren Nacken küsste?",
rief verzweifelt er in den Wind, der ihn umschmeichelte.
Und jener trug seine Stimme hinauf zum Himmelszelte,
wo sie verhallte und die Leere in sein Innerstes führte.
"Oh sie hat verspürt was Deine Seele ihr flüstern wollte,
doch Dein Schweigen war nicht Liebe genug für ihr Herze.
Kein einzig mal hast Du Dein Fühlen ihr wahrhaft offenbart,
so glaubte sie nur in Träumen ein Teil von Dir zu werden."

"Soll nicht die Liebe das magische Band des Herzens sein,
so dass allein in der Anwesenheit des Geliebten wir fühlen,
welch Worte auf der Zunge nur schwer zu offenbaren sind,
weil wir fürchten, am End' gar uns selbst zu verlieren?"
Fragend blickte er hinauf zum diamantenen Kleid der Nacht,
inständig hoffend noch einmal ihren Rat vernehmen zu können.
Doch sie schwieg und ließ einsam zurück den Verliebten,
der ruhelos durch die Dunkelheit der Welten streifte.
Im Sinnen, auf der Suche nach seinem verlorenen Selbst,
in Gestalt der Venus, nach der schweigend er sich sehnte.

So kreuzte er alsbald den Weg des knöchernen Angesichtes,
das mit der grausamen Maske der Schönheit die Nacht erhellte.
In seinem dunklen Mantel gut verborgen die träumende Venus,
die der süßen Sinnlichkeit des Unsterblichen verfallen.
Welcher ein Spiegel seiner Selbst dem liebenden Jüngling war,
dass er verstand, in welchem Netze die Träumende gefangen.
Und so trat er vor sie hin, vor den Abgrund des Lebens,
streichelte sanft mit seiner Hand über ihre bleiche Haut.
So dass ihre Augen sich öffneten und mit strahlendem Glanz,
ihn als ihren Liebsten im Bann der Dunkelheit erkannten.

Doch der Tod wollte nicht scheiden von ihrem Seelenschein,
er ward eins mit der Göttin seines Verlangens und wandelte sie.
Auf das ihr ewiger Name Glück und Verderben in sich vereinte,
und ihr sachter Kuss Honig und Bitterkeit auf das Fleische hauchte.
Und immer wenn sie sich der Liebe ihrem leuchtenden Engel ergab,
da starb sie im lodernden Feuer stets von neuem einen kleinen Tod.
So dass ein flackerndes Licht des Lebens in ihrem Seufzen erlosch,
um dem zweigeteilten Innersten ihrer Seele gebührend zu huldigen.
So ward sie die Göttin der Liebe und die Führerin der Verwesenden,
in die Erinnerung gebrannt, als Spiegelbild des bebenden Verlangens...

(c)by Arcana Moon

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