Reinecke Fuchs (Schelmisch)

Kurzprosa zum Thema Liebe und Sehnsucht

von  Mondsichel

Tine schwebte seit einiger Zeit nur noch in Gedanken, sie konnte das einfach nicht abstellen. Selbst der Schlaf wollte ihr keine Ruhe geben, denn sie befand sich mehr in einem Dämmerzustand, in dem ihr Kopf trotzdem auf Hochtouren arbeitete. Worüber sie nachdachte? Über die wohl größte Versuchung aller Zeiten! Sein Name war Mike. Und Mike sah verdammt gut aus. Fast schwarze Haare, hellblaue Augen, Drei-Tage-Bart, schlank - ein Traumtyp eben. Und genau das machte ihr zu schaffen.

Erst vor kurzem hatte sich Tine aus einer langjährigen Beziehung gelöst. Und es erschien ihr nicht gerade passend, sich sofort wieder in ein neues Abenteuer zu stürzen. Da war die Angst. Ihr größter Traum war ihr zwar zum greifen nah, aber sie traute sich einfach nicht es mal drauf ankommen zu lassen, aus Angst vor Enttäuschung und aus Angst davor wie ihr Ex darauf reagieren würde. Der hatte eh hinter ihrem Trennungswunsch einen anderen Mann vermutet, so wäre eine neue Beziehung das gefundene Fressen für ihn. Von dieser Art Stress hatte sie in letzter Zeit eindeutig genug gehabt und dem wollte sie definitiv aus dem Weg gehen.

Außerdem war Tine nicht gerade die schlankeste, hatte viele Sommersprossen und dunkelbraune Wuschelhaare. Sie war ein schwieriger Charakter und ihr oftmals noch recht kindliches Gemüt hatte schon so manchem mächtig in den Magen geschlagen. Deshalb redete sie sich ein das ein Typ wie Mike eh nie auf sie stehen würde. Obendrein glaubte sie das dieser Mann sowieso nur eine Position als Trostpflaster bei ihr einnehmen könnte und dafür war er ihr einfach zu schade. Dennoch rumorte es immer mehr in ihrem Kopf.

Tine freundete sich mit Mike an, denn sie dachte das Freundschaft ein geringeres Problem darstellen würde. Und auch wenn die Sehnsucht im Geheimen wuchs, so tat sie doch immer so, als könnte sie nichts berühren was er sagte oder tat. Dabei trafen seine Worte sehr tief in ihr Herz. Denn Mike vertrat stets die Meinung das er lieber mit seiner kreativen Arbeit als mit einer Frau verheiratet sein würde. Frauen hätten bisher seine Lebensweise nie akzeptiert und immer versucht ihn nach ihrem Willen zu formen. Tine musste unweigerlich daran denken, dass sie ihn niemals in seinen Freiheiten beschneiden würde, aber sie wagte nichts zu sagen.

Ihre Gedanken rumorten immer mehr, denn er ließ keine Gelegenheit aus ihr zu sagen, dass er nie wieder eine Beziehung mit einer Frau eingehen würde. Das riss sie hin und her zwischen dem Verlangen ihm klar zu machen das sie nicht wie diese Anderen war und der Angst das sie sich mit nur einem Wort die enge Bindung zu ihm kaputt machen könnte.

Wenn sie zusammen waren tat sie alles dafür um ihm eine schöne Zeit zu bereiten, da sie sich irgendwie dazu berufen fühlte. Dann gab es das ganze Programm vom Festessen bis hin zum Video- und Gesprächeabend. Sie redeten viel miteinander, oft stundenlang bis in den frühen Morgen. Dazu reichte sie kleine Leckerbissen und Getränke. Die kleinen Berührungen die Tine dabei schon fast zu provozieren schien, ließen ihr Herz immer weiter aufgehen.

Mike erschien ihr mit der Zeit immer mehr wie ein Seelenverwandter und viele ihrer gemeinsamen Bekannten glaubten schon fast ein altes Ehepaar in ihnen zu sehen. Darüber musste Tine immer lächeln und sie wünschte sich immer mehr, das ihr Verlangen endlich Erfüllung finden würde. Denn irgendwie hatte sie das Gefühl das er derjenige war, den das Schicksal für sie bestimmt hatte. Doch wie sollte sie das anfangen? Würde er sie überhaupt wollen? Was würden jene sagen, die sowieso schon mit bösen Zungen über diese Verbindung redeten? Die Angst in ihr wollte einfach nicht schweigen.

Eines Tages war Mike mal wieder bei ihr zu Besuch und es ergab sich sogar, dass er die Nacht bei ihr schlafen wollte. Tine freute sich so sehr darüber das ihr kindliches Gemüt urplötzlich überschwappte und sie eine Kissenschlacht mit ihm begann. Die beiden beklopften sich mit den Kissen so heftig, das sie nach einer Weile erschöpft aber lachend nebeneinander liegen blieben. Ihre Angst völlig vergessend legte Tine ihren Kopf auf seine Schulter und schloss seelig ihre dunklen Augen.

Auf einmal spürte sie Mikes warme Hand langsam über ihre Schulter und ihren Arm streicheln. Sie schluckte. Was war das? Träumte sie oder war es Realität? Tatsächlich! Sie hatte sich nicht geirrt. Er streichelte sie noch immer. Sie wagte es nicht die Augen zu öffnen und doch stieg ein leises Hoffen stieg in ihr auf. Schließlich begann sie ihn ebenfalls zu streicheln. Erst zögernd, doch dann liebevoll und zärtlich. Sie spürte seine Hand in ihren Haaren und in ihrem Nacken. Genießend entwich ihr ein verliebtes Schnurren.

Als sie die Augen wieder öffnete sah sie Mikes Gesicht ganz nah an dem Ihren. Einen Moment lang zögerte sie, tausende Gedanken rasten durch ihren Kopf, doch dann suchten ihre Lippen automatisch die Seinen. Und dann vereinten sie sich zu einem langen und leidenschaftlichen Kuss, der Tine vollkommen ihrer Sinne beraubte. Überrascht schaute sie Mike an, der sie mit seinen hellblauen Augen und einem schelmischen Grinsen anblickte und sagte: "Ich habe mich schon gefragt wie lange Du noch dafür brauchst."

Tine lachte innerlich über ihr Zögern und zückte das Kissen.
"Du hinterhältiger Fuchs! Du wusstest es von Anfang an, oder?", jauchzte sie und warf ihm das Kissen ins Gesicht. Mike fiel in sein Kissen und lachte.
"Na klar, Du hast Dich in allem was Du getan hast verraten. Die kleinen zufälligen Berührungen, die Einladungen, Deine sexy Outfits, die Gespräche."
"Arrrgh, wie gemein! Verdammt, und ich muss mich ausgerechnet in Dich verknallen." Er grinste.
"Irgendwie musste ich Dich ja auch der Reserve locken. Und ja, ich habe es geliebt Dich zu sehen, wie Du Dich hin und her gewunden hast. Vor allem als ich Dir sagte, dass ich nie wieder eine Beziehung eingehen würde." Tine lachte laut auf. All die nervösen Gedanken waren plötzlich von ihr abgefallen.
"Oh Mann und ich hab mir Sorgen gemacht ob jemand wie Du mich überhaupt haben will."
Mike richtete sich wieder auf und streichelte ihr Gesicht. Bevor er sie küsste, sagte er die Worte nach denen sie sich so gesehnt hatte: "Ich liebe Dich Du verrücktes Huhn!"

(c)by Arcana Moon


Anmerkung von Mondsichel:

Eine weitere Geschichte aus der "Reinecke Fuchs" Reihe. Diesmal geht es um die langsame Entwicklung von Gefühlen und den Mut sich zu offenbaren. Eine kleines schelmisches Lehrstück das zeigen soll: Es kann sich lohnen zu seinen Gefühlen zu stehen.

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Kommentare zu diesem Text

yodafan (47)
(30.09.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Mondsichel meinte dazu am 30.09.09:
Hehe, vielen lieben Dank. Ja manchmal ist es schwer zu vertrauen, vor allem wenn man schon einmal vertraut hat und bitter enttäuscht wurde. Fehlendes Selbstbewusstsein ist schon eine schwierige Hürde, aber nichts was einen für immer und ewig aufhalten sollte. ^^

Liebe Grüßle
Dat Arcy

 franky (30.09.09)
Hi liebe Arcy,

Das hast du verdammt gut hinbekommen!!!
Mit der Liebe geht es wie mit dem Schreiben,
man darf niemals aufhören.
Jede neue Liebe bringt Stoff
aus dem die Träume gemacht werden.
Gefällt mir ausserordentlich gut!

Viele herzliche Grüsse

von

Franky

 Mondsichel antwortete darauf am 01.10.09:
Jupp, das ist wohl wahr: Man darf niemals aufhören. :)
Momentan hab ich ziemlich viel Stoff an dem ich arbeiten könnte, wenn nur nicht so viele Kisten noch in meiner Bude stehen würden *lach* :)))
Aber es wird wieder mehr von mir zu lesen geben in nächster Zeit...

Liebe Grüßle
Deine Arcy

 Fuchsiberlin (30.09.09)
Ich finde Deine Geschichte klasse. Sie liest sich flüssig und als Leser wird man einfach von der Atmosphäre eingefangen, und die Neugier wie das Ende ausschaut, wächst mit dem Lesen.

Ich denke auch, dass ein anderer es spürt/bemerkt, wenn mehr als "nur" freundschaftöiche Gefühle für den anderen vorhanden sind.

Ganz liebe Grüsse
Jörg

 Mondsichel schrieb daraufhin am 01.10.09:
Ganz lieben Dank Dir für Deine Worte Jörg. Ich höre sehr oft das mein Stil zu schreiben die Neugier aufs Ende immer weiter steigert. Darauf bin ich auch ein bisschen stolz *lach*

Oh naja, manchmal glauben wir unsere Gefühle verstecken zu können. Doch genau dieser Versuch, sich nichts anmerken zu lassen, ist es, der uns verrät. Es sind immer die Kleinigkeiten ^^

Liebe Grüßle
Dat Arcy
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