Schiffe gucken

Text

von  Oskar

Der Rücken hart von zu weichen Betten und keine digitalen Fotos zum Scrollen, die dem Ganzen nachträglich Sinn geben. Die Erinnerung spuckt nicht viel mehr aus, als ein manipulierter Spielautomat. Da waren ein paar sehr große Schiffe, die sich durchs Wasser eines Seitenarmes des Meeres schoben. Vorbei an einem kleinen Strand, der nach Haverie mit Rohölverlust roch und nicht wie die schmucken Werbebilder mit Sandburg, welche heute auf meiner Facebook-Startseite aufploppen, aussah. Ist recht beruhigend, dass irgendwer immer weiß, wo ich mich grade aufhalte. Hier guckten wir den Kindern beim Drachensteigen zu, amüsierten uns über einen kleinen bebrillten Jungen, der es nicht schaffte sein Gefährt Richtung Himmel zu bringen. Er gab heulend auf und wir ärgerten uns, kein eigenes Fluggerät dabei zu haben. Eine weiße Plastiktüte, wie man sie im Imbiss bekommt, um Dosenbier zu transportieren, machte sich ganz gut im Wind, langweilte aber nach zehn Sekunden. Irgendwann hörte der Junge auf zu heulen, seine Mutter brachte das Ding zum Steigen und übergab ihrem Sohn feierlich die Lenkschnüre.

Jeder Spot ist nur so lange interessant, bis die Biere leer und das erste High verflogen ist. Deshalb ist es nahezu egal, ob man auf einer Terrasse hockt, den Leuten beim Selfie machen zusieht oder am Strand mit den Möwen spricht, die einen nur böse anglotzen und Angst um ihren Stammplatz beim Wattwurmfressen haben. Es ist egal, ob man auf Bali den dressierten Affen beim Klauen, einem Papagei im Hinterhof eines Hotels oder den Menschen bei der schönsten Zeit des Jahres, die sich dann doch nur gegenseitig den Tag versauen, zuschaut. Immer bewegt sich was vor der Pupille und trotz verengtem Bierblick entsteht kein anders Bild, als ein leicht überbelichtetest Portrait eines fast stehengebliebenem Duracell-Hasen.

In jedem Urlaubsort findet der Mensch sein natürlichstes Habitat. Reduziert auf pickenpackenguckenkacken. Alles andere nehmen einem die überfreundlichen Kassierer, Kellner und Hotelangestellten ab. Der Sex macht nur bedingt mehr Spaß, da der Druck sehr groß ist, jetzt, in diesem scheiß teuren Hotel den besten des Jahres haben zu müssen. Dennoch vergisst man für kurze Momente das heimatliche Übereinanderrutschen und die Frage danach, was essen wir. Die kommt erst später, während man den romantischen Platz, den vorher noch nie jemand gefunden hat, sucht, um ihn mit seinem Arsch und auf google maps zu markieren. Naja, wir waren hier 2017 plus Herz mit einem Edding auf eine Parkbank zu schreiben, ist auch nicht besser. Verenden wird man dann im Hotelzimmer, da zu viele Kaassoufflés gegessen und freut sich über den überdimensionierten Flachbildfernseher.

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Kommentare zu diesem Text

toltten_plag (42)
(13.08.17)
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 Oskar meinte dazu am 14.08.17:
Habe den Satz geändert.
Die Idee mit dem Spielautomaten freute mich.
Ich befürchte, Grace wird nicht mit mir reden wollen.
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