Wenn einer zurückrudert

Persiflage zum Thema Moral

von  loslosch

Eis nunc praemium est, qui recta prava faciunt (Terenz, ~190 v. Chr. bis ~159 v. Chr.; Phormio). Für die gibt es nun Belohnungen, die Richtiges zum Falschen machen. Oder: Für die gibt es nun Belohnungen, die aus schwarz weiß machen.

Das gilt selbstverständlich nur für den Erfolgsfall. Wenn einer sich zum Unschuldsengel aufgeschwungen hat und dann unter der Last eidesstattlicher Erklärungen einknickt, hat er heutzutage ein Riesenproblem. Sein Zurückrudern entfaltet eine Eigendynamik, die der Teilgeständige nicht mehr kontrollieren kann.

So geschieht es dem Augsburger Bischof und Militärbischof Walter Mixa anno 2010. Erst bestreitet er gewunden, als Pfarrer und Seelsorger jemals gegen Kinder gewalttätig vorgegangen zu sein. Verdächtig schwadronierende Sprache: Wenn sich (angeblich) Betroffene nach so langer Zeit an körperliche Übergriffe erinnerten, sei das aus seiner Sicht sehr fragwürdig.

Mixa übersah, dass die, die Schläge einstecken müssen, sich in aller Regel besser erinnern als die, die Schläge austeilen.

Das wusste bereits der alte Naturforscher Brehm (Alfred Brehm, 1829 bis 1884): Elefanten, die in ihrer Jugend vom Tierhalter oder -pfleger misshandelt wurden und ihm erst viele Jahre später wieder begegneten, haben diesen schon mal platt gemacht.

Auch geschlagene Kinder entwickeln ein Elefantengedächtnis. Das kann sogar einen Bischof platt machen - in moralischer Hinsicht.

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Kommentare zu diesem Text


 Lala (18.04.10)
Hallo loslosch,

gefällt mir gut. Schöner Bogen und nicht ohne Biss. Ich, für meinen Teil, hoffe, wenn sich die Anschuldigungen bewahrheiten, das der Bischof seine Mita ablegen muss. Aber ich glaube inzwischen, dass, selbst wenn Gott Fehler einräumte, die katholische Kirche an der unmenschlichen Unfehlbarkeit ihres Jesuslehrlings und ihrer Institution festhalten würde. Anders gesagt: es wird keinen Elefanten, keinen Gott, geben, der sich an die Schandtaten erinnert. Herr Bischof wird weiter schlagen und ganz neutestamentarisch wird der Schutzbefohlene auch seine andere Wange hinhalten. Vielleicht passiert das alles nur, um den Schäfchen Jesus Botschaft im - wie es auf Pro7 Latein heißt - realitätscheck zu vermitteln?

Gruß

Lala

 loslosch meinte dazu am 18.04.10:
Danke fürs Kompliment. Es gibt ja schon den Elefantengott, Ganesha Ganesh. :)

Bei "Realitatscheck" musste ich mal schlucken und googlen. Mixa hat ein weiteres Probem. Ein Waisenhaus hatte in Mixas Auftrag (Mixa im Stiftungsrat) u. a. für etliche Tausend DM Weinrechnungen bezahlt. Jetzt kommts dicke: Im Waisenhaus herrscht striktes Alkoholverbot. Heute erst in der SZ vom WE gelesen. Lothar

 loslosch antwortete darauf am 18.04.10:
Mixa sollte wieder lateinische Messen lesen. Von Publilius Syrus der Satz:

Geminat peccatum, quem delicti non pudet. Seine Schuld verdoppelt, wer sich seines Deliktes nicht schämt [wörtl.: den die Scham ob des Deliktes nicht überkommt]. Lo

 Lala schrieb daraufhin am 18.04.10:
Hallo loslosch,

das (Wein)fass ist anscheinend bodenlos. Es ist zum heulen. Danke für den   Hinweis . Und ich befürchte, dass das schamlose Treiben ungesühnt bleibt - und das hat nur begrenzt mit der katholischen Kirche zu tun.

Spätdekadente Grüße

Lala

 loslosch äußerte darauf am 18.04.10:
Spätdekadent? Caligula, gen. Soldatenstiefelchen, machte sein Pferd zum Minister. In Thailand verpasste der Sohn von Bhumibol seinem Pudel den Offiziersrang, obwohl der statt zu salutieren nur zurückkläffen kann.

Davon ist die Kirche meilenweit entfernt. Die viel spannendere Frage: Glauben die Öberen das, was sie verkünden, eigentlich selbst noch? Lo
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