Ist sie niemand?

Text zum Thema Krankheit/ Heilung

von  Feuervogel

In der Stille eingebettet, liegt sie reglos.
Niemand da. Ist sie niemand?
Vom Kopf abwärts bis zu den Zehen gleitet der Schmerz. Er pulsiert. Er zieht.
Doch sie atmet still ein und aus.
Das ist gerade alles was zählt. Der Atem.
In solchen Momenten erinnert sie sich.
Die Erinnerungen sind nicht schlecht.
Sie sind auch nicht traurig.
So wandert sie durch ihr Leben.
Innerlich ist nichts reglos.
Doch die Schmerzen fesseln sie.
Nur die Gedanken sind frei.
Sie lenken sie fort von dem was ihren Körper martert.
Was soll sie tun? Geduldig sein. Es wird wieder besser werden.
Es wurde immer wieder etwas besser.
In der Wohnung herrscht Stille.
Absolute Ruhe. Niemand ist da.
Niemand außer sie selber. Ist sie niemand?
Vielleicht ist sie ja ein Niemand.
Aber ist ein Niemand nicht auch Jemand?
Sie ist jemand anders.
Tagelang ohne Menschen liegt sie da.
Manchmal wäre es schön, wäre da Einer.
Doch es ist auch gut, dass da Keiner ist.
Denn Einer kann auch Keiner sein.
Es reißen die Knochen. Die Haut ist heiß.
Durch das geöffnete Fenster haucht der Wind Kühle auf ihre heiße Haut.
Die Hände reiben die kalte Bettdecke, dass entspannt. Das Herz klopft zu schnell, es rennt vor der Marter davon. Doch die Marter ist schneller.
Wenn die Schmerzen so schlimm sind, ist sie erstaunlich ruhig.
Da ist kaum Angst. Die Angst schaut von Ferne.
Sie hält sich zurück.
Manchmal verlässt sie das Bett. Die Schritte schmerzen.
Es ist nicht weit zur Toilette oder in die Küche, aber es strengt an.
In ihren Beinen stechen Nadeln.
Sie ist froh, dass sie sich um niemanden kümmern muss.
Ihr Kind ist in Ferien.
Sie aber kann nicht in Ferien gehen. Ferien von sich selber wäre manchmal nicht schlecht. Vorallem dann, wenn die Schmerzen wieder zu schlagen.
Die Tage sind lang. Die Nächte erst recht.
Nun hat sie schon 4 Nächte nicht geschlafen.
Die Schmerzen sind zu laut, sie kommt dann nicht zur Ruhe. Obwohl sie still ist.
Sie lauscht.
Sie lebt innen. Ein Außen gibt es nicht.
Dazu reichen die Kräfte nicht.
Heute ging das Essen aus. So ging sie zum Türken um die Ecke.
Ganz langsam. Still. Wie eine alte Frau.
Was solls, denkt sie sich.
Ich hab mir das nicht ausgesucht.
Es geht vielleicht morgen schon wieder besser.
Das denkt sie täglich.
Es muss wieder besser werden.
Wenn der Schwindel sie beherrscht und sie nicht liegen kann, versucht sie im Sitzen Frieden zu finden.
Sie denkt an so vieles. Sie denkt an so Viele.
Aber sie ist lieber allein.
Allein ist gut.
Allein ist still.
Doch allein ist niemand.
Ist sie niemand?

Ela

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Kommentare zu diesem Text


 Fuchsiberlin (03.08.10)
Liebe Ela,

mir fehlen die Worte...Doch ein Mensch, der so gefühlvoll schreibt, ist niemals ein Niemand sondern ein besonderer Jemand!

Ganz liebe Grüße
Jörg
SigrunAl-Badri (50)
(03.08.10)
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