Im ungünstigen Fall lässt sich das Fortfahren nicht aufhalten.

Erzählung

von  Vaga

Eine von vielen, und darüber hinaus bereits unzähligen Konstellationssituationen, beschleunigte mich eines Tages mal wieder auf meinem autobiografischen Weg woher, um wohin zu kommen.

Der Tag dunkelte und zwielichtete längst im Wechsel. Darüber hinaus nadelten Tropfen auf die Windschutzscheibe und in die rhythmischen Bewegungen der Wischblätter. Seit ein paar Stunden schon befand und hielt ich mich opportunistisch mal rechts, mal innen, mal schneidig auf Linksaußen in wechselhaften Geschwindigkeitsstufen und Geschmeidigkeitsgraden. So war das Wiegen und Brechen meiner, zur Routine neigenden Füße und Hände quasi ein Ablenkungsmanöver der Extremitäten für meinen, gegen die Wachheit rebellierenden, restlichen Körper. Sinnesorganisch funktionierte ich ohne besondere Vorkommnisse. Bis zu der Aneinanderreihung einiger Zwischenfallen, in denen ich mich, unversehens und relativ urplötzlich, ruckartig fremd und -bestimmt befand.

Ein träger dreibahniger Fahrstrom saugt mich in seine Mitte. Ich mutiere zum peilenden Navigationssystem zwischen Lastkraftwänden mit mannshoher Bereifung. Riesenpneumatik bedrängt mich, beengt meinen, ohnehin schon beengten, Freiraum, drückt sich bedrohlich an mich. Meine Füße stehen in Bewegung auf Pedalen, eine Hand am Schalten und Walten, die andere am Lenken und Schwitzen, mein Rücken drückt, meine Brust ist festgeschnallt, mein Nacken einschließlich HWS im Liegestütz. Der Rückspiegel kegelt mir Scheinwerfer in die Sicht. Ich stagniere mich zwischen zwei Grenzwällen voran und stelle mir mich augenblicklich im Vordergrund vor.
Wohin greifen, wenn nicht zu einer meiner unzähligen Fähigkeiten, und hier explizit zu einer von ihnen, Intuition durch die Logik ersetzen zu können, dass, wenn Räder rollen, und seien sie auch noch so gigantisch, sich etwas bewegt. Wenn nicht weiter und fort, so doch direkt und vom Fleck weg.

Diese fixe Idee putschte mich förmlich auf - und davon profitierend neutralisierte sich langsam, aber stetig, meine Tachomanie bis hin zur erlösenden Gelassenheit. Zwar zähflüssig, aber kontinuierlich, entkam ich dem deckenlosen Tunnel und tauchte wieder ein in den ab- bis -normalen nächtlichen Ausgangsverkehr.

Ein Überbleibsel jedoch, potenziell zur öffentlichen Entlarvung dieser äußerst privaten Begebenheit geeignet, hielt sich tapfer noch viele Kilometer weit. Eine kleine, aber triftige und schwer wiegende Schweißperle auf meiner Stirn, die nur unverschämt langsam ins Rollen kam.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (42)
(19.02.11)
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 Vaga meinte dazu am 21.02.11:
Hingegen ist eine Maschine kein Mensch. Gruß und Dank.
janna (61)
(19.02.11)
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 Vaga antwortete darauf am 21.02.11:
Erinnerst du dich meiner Erkenntnis: "Wortspielraum ist in der kleinsten Hütte" - und hier explizit sogar im Auto Lb. Grüße dir, janna.

 princess (19.02.11)
Und dann lese ich hier so Sätze, Sätze wie
Der Tag dunkelte und zwielichtete längst im Wechsel.
oder
Sinnesorganisch funktionierte ich ohne besondere Vorkommnisse.
an denen ich einfach hängen bleibe und die sich wie von selbst in mir weiterspinnen und mich davon abhalten, dem Gedankengang deines Textes zu folgen... aber solche Sätze sind das halt. Halt intensiv und schön.
Liebe Grüße, Ira

 Vaga schrieb daraufhin am 21.02.11:
Ich hab' auch so eine Weiterspinne als Haustier . Danke, Ira u. lb. Gruß.

 Fuchsiberlin (19.02.11)
Klingt wie ein "funktionierender Roboter", wo bleibt hierbei das spontane Bauchgefühl? Oder überlas ich dieses? Meine Peilung als Leser versteckt sich leider momentan.

Dennoch ein empfehlenswerter Text, sehr kreativ-fantasievoll.

Ganz liebe Grüße
Jörg

 Vaga äußerte darauf am 21.02.11:
Wenn ich das richtig verstehe, hab' ich mit meinem Text nicht das Thema, sondern nur deine Peilung verfehlt. Ein durchaus zu verschmerzender Nebeneffekt . Danke für's Feedback.

 AZU20 (19.02.11)
Ein sehr intensiver Text, der durch eine Art "Überfrachtung" besonders wirksam ist. LG

 Vaga ergänzte dazu am 21.02.11:
Ja, je mehr ich hineinpackte, desto vergnügter wurde ich . Vielen Dank dir.
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