Jeder Mensch ist ein Künstler

Kritik zum Thema Literatur

von  toltec-head

Der Mensch ist eine umgedrehte Blume. Sein Kopf steckt in der Erde, seine Wurzeln reichen zum Himmel. Ein Energietransformator. Die zum Himmel reichenden Wurzeln saugen die Energie des Universums und leiten sie über den Kopf an die Erde weiter. Weil jeder Mensch ein Energietransformator ist, deshalb ist jeder Mensch ein Künstler. Seine Materie ist das Universum. Seine Form das Erdhafte.

Die bürgerliche Kunstauffassung vom Künstler, der wie der Bäcker, Schreiner, Arzt, Jurist ein besonderes Handwerk erlernt hat, ist daher radikal falsch. Die Kunst ist das Wesen des Menschen. Jedes Menschen.

Trotzdem gibt es falsche Kunst, ist sogar die allermeiste Kunst falsch. Denn richtige Kunst ist nur dort, wo die universellen Energiezusammenhänge spürbar werden. In zwei Sorten Kunst ist dies nicht der Fall: Der rein bürgerlichen, die nach Art der bürgerlichen Handwerksberufe als Spezialisierung betrieben wird, und in der anti-bürgerlichen Kunst, welche die bürgerliche Kunst entweder nur negiert oder schlecht imitiert.

Der Anthroposoph Beuys hat die umgedrehte Blume mit den Wurzeln in der Luft mehrmals gezeichnet. Sein Satz "Jeder Mensch ist Künstler" wird beinah immer bürgerlich missverstanden. Was die Dichtkunst angeht, so kommt das richtige Verständnis in diesem Vers Hölderlins zum Ausdruck:

"Voll Verdienst, doch dichterisch, wohnet der Mensch auf dieser Erde."

Eine Ars Poetica muss daher von diesem dichterischem Wohnen als Primärtatbestand und nicht von einem bürgerlichen Formenkanon ausgehen, den es gut oder schlecht zu imitieren oder zu zerstören gilt.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (19.01.13)
"Ars Poetica muss daher von diesem dichterischem Wohnen als Primärtatbestand"

Interessante Anregung. Dein Bild der umgedrehten Blume ist sehr schön, wenn auch nicht botanisch sinnvoll.

Was hältst du von der antiken Idee dichterischer Inspiration durch Götter? Demnach äußert sich ein Dichter, wenn er recht spricht/schreibt nur dann, ist er Gefäß einer Gottheit bzw. dient er/sie einem Gott, einer Göttin als Maske. Die "Person" ist dann die Maske Gottes.

Per-sonare. Hindurch-klingen.

Sakrale Kunstauffassung, zugegeben.
(Kommentar korrigiert am 19.01.2013)

 toltec-head meinte dazu am 19.01.13:
Ja, wobei im Laufe der Zeit "Person" ja immer mehr zur Charaktermaske verkommen ist. Denke, unmittelbar kann man daher an die usprüngliche sakrale Herleitung nicht anknüpfen. Mittelbar vielleicht schon, man muss aber dafür erst die Charaktermaske wenigstens etwas ankratzen. Ein bischen zerstörerisch muss Kunst deshalb heute doch auch sein.

Ach ja, das in der Tat etwas "schiefe" Bild von der umgedrehten Blume ist O-Ton Beuys.
(Antwort korrigiert am 19.01.2013)

 Dieter Wal antwortete darauf am 21.01.13:
Von Charaktermasken fällt im Lauf der Zeit eh der Lack ab.

Beuys, der alte Schamane. Im Candomblé werden in rituellem Rahmen Initiierte von Gottheiten "geritten". Ist dies der Fall, wird jener "Ritt" als Ehre für den Gerittenen von Kultmitgliedern angesehen. Die Gerittenen waren in Ekstase und können sich später an nichts davon mehr erinnern. Schreibt jemand inspiriert, ist er nicht zwingend religiös motiviert. Mir haben Zusammenhänge zwischen Segen und Fluch, sakraler Poesie und Metrik antiker und weniger antiker Autoren verschiedener Literaturen immer gefallen. So halte ich eine alte deutsche Grammatik, die tiefere grammatikalische Zusammenhänge germanischer Zaubersprüche verschiedener Zeiten erörtert, für anregend. Notizen über Filids der Druiden begeistern. Selbst ma. Zaubersprüche üben als Textarten Reiz aus. Kunst und Kult gehören zusammen, wobei ich Kultapologetik uninteressant finde.
(Antwort korrigiert am 21.01.2013)

 toltec-head schrieb daraufhin am 21.01.13:
Über Candomblé las ich zuerst bei Hubert Fichte. Wollt das immer mal vertiefen. Gibt´s eigentlich unter den Zeitgenössischen noch jemand, der so war verarbeitet, Candomblé und Merseburg mein ich?

 Dieter Wal äußerte darauf am 21.01.13:
 Das geht in die Richtung.

 toltec-head ergänzte dazu am 21.01.13:
stimmt :)
ichbinelvis1951 (64)
(19.01.13)
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 toltec-head meinte dazu am 19.01.13:
Ui! Das ist ja kein Kommentar sondern ein Gedicht, das Du da geschrieben hast.

Schöner Gedanke, dass Bakterien und Viren nicht ohne Bedeutung auch für das Kunstschaffen des Menschen sind.

"Lasst daher die Kunst im Menschen leben damit der Mensch sterben kann."

Das zieht rein!
(Antwort korrigiert am 21.01.2013)
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