künstlerpech

Sonett zum Thema Achtung/Missachtung

von  monalisa

als nasser klumpen fällt es zwischen uns:
ein tonwort mehr, das letzte einer reihe.
warum ich es dir diesmal nicht verzeihe?
ich schweige, habe keinen blassen dunst

- so sagst du oft genug - von deiner kunst,
sei unbedarft und unbegabt, ein laie.
doch ich verzichte auf die meisterweihe
durch dich, auf deine zweifelhafte gunst.

bei licht besehn sind deine spröden sprüche
ja nichts als hohler plunder, oberflächlich
rau, darunter wenig kultiviert.

wärst du ein topf, ich hätt dich abserviert.
ich tat es nicht, und du hieltst mich für schwächlich.
was da auch war, ging längst schon in die brüche.

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Kommentare zu diesem Text


 Irma (02.11.14)
Zu dumm, wenn die uneingeschränkte Bewunderung schwindet, wenn der treueste Fan irgendwann zum kritischen Beobachter mit eigener Meinung heranreift.

ER fühlt sich vom Sockel gestoßen: SIE schaut nicht mehr zu ihm auf, sondern ist plötzlich auf Augenhöhe mit ihm. Das ist ganz sicher etwas, was vielen Männern Probleme bereitet.

Durchgehende Kleinschreibung in Gedichten mag ich an und für sich nicht so gern, aber hier ist sie natürlich ein geeignetes Stilmittel, um dieses ständige 'Kleinmachen' der Partnerin zu veranschaulichen. LG Irma
(Kommentar korrigiert am 02.11.2014)

 monalisa meinte dazu am 03.11.14:
Ja, Liebe Irma, ich wollte hier, wie du sehr anschaulich ausgeführt hast, ins Bild des 'Tonkünstlers' verpackt, von einer Beziehungsschieflage schreiben, so wie ein LI das subjektiv empfindet und daraus Konsequenzen zieht.

Vielen herzlichen Dank fürs Mitteilen deiner Gedanken und natürlich die funkelnden Sternchen :)
Liebe Grüße,
mona
Graeculus (69)
(02.11.14)
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 Matthias_B antwortete darauf am 02.11.14:
In den anderen drei Kommentaren bisher ist nicht so differenziert worden, wobei in zweien zudem eine Geschlechterzuweisung mit oppositärer Verhaltensattribuierung samt jeweiliger Bewertung dessen vorgenommen worden ist, was der Text eigentlich nicht zwingend hergibt, denn in dieser Verfasstheit kann er ebengleich ein eher unbeholfenes kompensatorisches Geblaff eines lyrischen Ich mit 08/15-Stilgefühl widerspiegeln, das aus dessen Gekränktheit, im Hinblick auf Kunstfertigkeit und das Verhältnis zum lyrischen Du nicht (um die merklich hineingedrechselte Metaphorik aufzugreifen) den Ton angeben zu können, resultiert.

 monalisa schrieb daraufhin am 03.11.14:
Hallo Graeculus,
wie ich schon oben an Irma schrieb, ging es mir um die subjektive Beschreinung einer Beziehungschieflage. Das lässt sich, denke ich, auf den Umgangston in einer Partnerschaft, einer Freundschaft, wie unter Künstlerkollegen übertragen. Mein Thema war nicht, welcher der beiden Protagonisten der bessere 'Künstler' ist, oder gar darum, wer an den 'Brüchen' Schuld hat. Mir gings um den Ton zwischen den beiden, der nicht von gegenseitiger Achtung, Unterstützung und Förderung geprägt ist, sondern davon, dass einer den anderen schlecht macht, um selbst besser dazustehen.
Dass dem LI das weibliche Geschlecht zugeordnet wird, hängt wohl einerseits damit zusammen, dass ich als Autorin ebenfalls Frau bin, andererseits scheint es immer noch weitverbreitet zu sein, dass ER die Hosen anhat und den Ton angibt. Doch soll es auch Frauen geben, die ständig an IHM heriumkritisieren, ihm jede Kompetenz absprechen und ihn kleinhalten.
Als Autorin sollte ich jetzt den Mund halten und es den LeserInnen überlassen, sich selbst ein Bild zu machen.

@Matthias,
so könnte es natürlich auch sein ;). Die 'merklich hineingedrechselte Metaphorik' nehme ich als subtilen Hinweis, das Kunsthandwerk noch etwas zu verfeinern.

Dankeschön für eure Beiträge,
liebe Grüße,
mona

 Jorge (02.11.14)
Ich sehe das Paar vor mir.
Der Titel ist sehr treffend für das, was ich da herauslese.

LG Jorge

 monalisa äußerte darauf am 03.11.14:
das ist schön, Jorge, danke dir :)

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg (02.11.14)
Selbsternannte Künstler haben oft das krankhafte Bedürfnis nach Frauen, die zu ihnen aufschauen , sie anhimmeln.
Was von dem Werk solcher Egomanen zu halten ist, das sagt die dritte Strophe und die vierte zeigt, wie man solche Sauertöpfe abserviert.
Hybride Egomanen der Literatur haben ein schwaches Selbstbewusstsein und es gelingt ihnen nur, ichschwache Frauen länger in Abhängigkeit zu halten. (dritte Strophe)
Die erste Strophe setzt mit originellen Formulierungen (Nasser Klumpen-Tonwort) den Moment ins Bild, in dem die Unterjochte sich klar wird: Bis hierhin und nicht weiter!
Die Emanzipation der Frau, die gesamtgesellschaftlich gesehen, noch nicht an ihr Ende gekommen ist, scheint mir auf dem Gebiet der Künste besonders erfolgreich gewesen zu sein. Ist das aus deiner Sicht so, Mona? und meine zweite Frage wäre: Gibt es inzwischen auch Künstlerinnenpech?

Hier wäre noch ein Beispiel für die Anfänge der Frauenemanzipation in der Literatur:

Dorothea Schlegel
(1763-1839)


[Draußen so heller Sonnenschein]

Draußen so heller Sonnenschein,
Alter Mann, laß mich hinaus!
Ich kann jetzt nicht geduldig sein,
Lernen und bleiben zu Haus.

Mit lustigem Trompetenklang
Ziehet die Reuterschar dort,
Mir ist im Zimmer hier so bang,
Alter Mann, laß mich doch fort!

Er bleibt ungerührt,
Er hört mich nicht:
»Erlaubt wird, was dir gebührt,
Tust du erst deine Pflicht!«

Pflicht ist des Alten streng Gebot;
Ach, armes Kind! du kennst sie nicht,
Du fühlst nur ungerechte Not,
Und Tränen netzen dein Gesicht.

Wenn es dann längst vorüber ist,
Wonach du trugst Verlangen,
Dann gönnt man dir zu spät die Frist,
Wenn Klang und Schein vergangen!

Was du gewähnt,
Wonach dich gesehnt,
Das findest du nicht:
Doch bleibt betränt
Noch lang dein Gesicht.

Liebe Grüße
Ekki

 monalisa ergänzte dazu am 03.11.14:
Lieber Ekki,
so emanzipatorische hatte ich mir diesen Text gar nicht gedacht und staune jetzt, aber natürlich lässt sich auch das herauslesen, wenn man die Szene nicht als Einzelphänomen sondern gesellschaftlich sieht. Wenn man sie in 'Tonkünstlerkreisen' ansiedelt und dem getöpferten Wort (der Literatur) sein Augenmerk schenkt, ist gut nachvollziehbar, wie du zu weiterführenden Fragen gelangst. Und du lässt mir da auch ein Hintertürchen offen, indem du mich subjektiv nach meiner Sicht fragst, nicht etwa, ob das so ist, dass 'die Emanzipatin der Frau auf dem Gebiet der Künste besonders erfolgreich war'.
Ich weiß nicht Ekki, ich glaube, dass es Frauen in diesem Bereich ebenfalls schwer haben, sich gegen ihre männlichen Kollegen zu behaupten, da kommt ihnen auch keine Quotenregelung zugute ;)
Einzelne außergewöhnliche Frauen haben sich zu allen Zeiten in den verschiedensten Gebieten hervortun und Großes erreichen können, allerdings mit sehr hohem Einsatz. Es scheint jedoch so, dass 'Extreme' im Künstlermilieu eher geduldet werden als sonstwo, was starken, unabhängigen, erfolgreichen Frauen, die ja auch heute noch gelegentlich als Exoten gehandelt werden, vielleicht zugute kam und kommt.

Künstlerinnenpech gibts natürlich auch, Ekki, keine Frage ;)

Vielen Dank für den Hinweis auf Dorothea Schlegel, sie ist mit ihrer Biographie ein gutes Beispiel für eine 'starke Frau', die sich nicht um Konventionen kümmert, die selbst immer wieder aufbricht in den 'hellen Sonneschein' (oder das, was sie gerade dafür hält) ...

Dankeschön für deinen ausführlichen Kommentar,
liebe Grüße,
mona

 Didi.Costaire (02.11.14)
Deutliche Worte, die letztendlich die Inkonsequenz flankieren. Durchaus menschlich...
und sehr gut verreimt, abgesehen vielleicht von kulti-/abserviert.
Liebe Grüße, Dirk

 monalisa meinte dazu am 03.11.14:
Ach, Dirk, mit dem scharfen Blick :)!
Natürlich ist kultiviert/abserviert ein identischer (also kein wirklicher) Reim. Mir gefiel gerade dieser Fauxpas an der Stelle, weil es dem 'abserviert' noch mehr Härte gibt, meine ich. 'Distinguiert' wäre alternativ möglich gewesen, hab ich aber ausgeschieden. Würdest du das besser finden?
Etwas dürfte deinem Blick aber entgangen sein, oder du scheigst dich höflich darüber aus ;). Auch das 'uns' im ersten Vers ist reimtechnisch zu bemängeln (Dunst, Kunst, Gunst !), das fehlende 't' für mangelnde Sorgefalt, um das grobe patzige des Tonworts abzubilden, hätt ich gedacht.

Ich schätze deine Kommi sehr, Dirk, weil sie auch immer das Handwerkliche mithinein nehmen. Danke.

Liebe Grüße,
mona

 Didi.Costaire meinte dazu am 03.11.14:
Danke für die Blumen, mona!
Wenn schon, hätte ich etwas wie blasiert oder borniert gewählt, und statt weniger relativ, beispiellos oder gradezu eingesetzt. Da die Wiederholung der Endung aber deinem Plan entspricht, solltest du es dabei belassen.

 Fuchsiberlin (02.11.14)
Kommt vielleicht öfters vor als man denkt. Dennoch gehören immer zwei Menschen dazu. Wenn ein Teil dieses Zweier-Gebildes aufwacht, und für die Zukunft daraus lernt, umso besser. Wie oft mag jedoch diese Lernbereitschaft vorkommen? Und wann? Wenn es manchmal fast zu spät ist?

Dein Text lädt hierzu zum Nachdenken ein.

Liebe Grüße
Jörg

 monalisa meinte dazu am 03.11.14:
Vielen Dank, Jörg, freut mich, wenn die Zeilen zum Nachdenken einladen; kann ja nie schaden.

Liebe Grüße,
mona

 Nachtpoet (03.11.14)
Irgendwie habe ich hier den Eindruck, dass du mit Clevernis und passenden Argumenten deinen gekränkten, leicht weinerlichen Unterton verbergen willst, was dir meines Erachtens nicht ganz gelingen will. Aber im Vergleich mit anderen Gedichten dieses Themas ist es noch sehr gut. Ich bin mit solchen Sachen schon übel gescheitert. Langsam bin ich fast der Meinung, man sollte bei diesem Gefühl entweder schweigen, oder es völlig anders schreiben. Z.B. Experimentell.

Liebe Grüße
Ralf
(Kommentar korrigiert am 03.11.2014)

 monalisa meinte dazu am 04.11.14:
Ich bin sehr überrascht, Ralf, dass du hier einen gekränkten, weinerlichen Unterton ausmachst, hätte nie gedacht, dass es so rüber kommt. Für mich klingt es eher ein wenig trotzig und aufmüpfig. Ich versuche gerade zu ergründen, woraus dieser Ton resultieren könnte? Des Weiteren frage ich mich, von welchen Thema, Gefühl du sprichst, über das man entweder schweigen oder völlig anders schreiben sollte? Vielleicht kannst du das noch ein wenig präzisieren, denn dass du generell meinst über Beziehung, Beziehungskonflikte, -schieflagen, Trennung, solle man nicht mehr oder höchstens experimentell schreiben, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Liebe Grüße,
mona

 Nachtpoet meinte dazu am 04.11.14:
Z. B. der Satz: "bei licht besehn sind deine spröden sprüche
ja nichts als hohler plunder, oberflächlich rau, darunter wenig kultiviert." klingt wie eine Retourkutsche, die aus einer Gekränktheit heraus geschrieben wurde. Vereinfacht könnte man auch sagen: "Guck dich mal an!" Man gibt sich immer eine gewisse Blöße, wenn der Leser merkt, dass man "angepisst" ist, um es mal im kneipendeutsch zu sagen. ich würde dem Gegenüber, der mich herabwürdigt, noch nicht einmal die Genugtuung geben, zu sehen, dass ich gekränkt bin. Gerade von dir hätte ich eher einen versöhnlichen Text erwartet, nicht unterwürfig versöhnlich, sondern entwaffnend versöhnlich. So könnte vielleicht ein Text dieser Art abgesehen vom Experimentellen aussehen. Aber das ist schwer.

Liebe Grüße
Ralf
(Antwort korrigiert am 04.11.2014)

 monalisa meinte dazu am 04.11.14:
'entwaffnend versöhnlich' halte ich, lieber Ralf, bei dieser Konstellation, die zugegebenermaßen sehr klischeehaft ist, für recht unrealistisch ;)

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.11.14:
Vielleicht hast du hier missverstanden Ralf, dass es sich nicht um Monas Reaktion handelt, sondern um die eines lyrischen Ich, das repräsentativ für viele spricht, die sich in einer Beziehung von einem Überheblichen gegängelt fühlen und diesem schließlich deutlich zu verstehen geben, dass sie seine Anmaßung nicht mehr ertragen können.
LG
Ekki
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