Zehn Pfund Taubenfutter

Als ich zehn Jahre alt war, schickte mein Opa mich häufig in das Getreidesilo zum Taubenfutter Holen. Er war zu alt und zu schwach dazu, so machten wir Kinder das gerne für ihn. Und die Tauben sollten ja auch nicht verhungern.
Das Silo war ein imposantes Rundsilo aus dunkelrotem Backstein und ein Wahrzeichen der kleinen Hafenstadt. Ich weiß nicht mehr, wie teuer das Futter war, nur, dass ich einen 10 DM Schein von meinem Opa in die Hand gedrückt bekam. Das Taubenfutter bestand aus getrocknetem gelben Mais. Es wurde täglich auf dem Taubenhof an die Vögel verfüttert. Mein Opa schüttete es in eine hohe Holztonne, entnahm daraus mit einem Blechbecher die nötige Portion und streute es über den Hof auf das Katzenkopfsteinpflaster. Mit dem Becher klopfte er dann an den Türrahmen des Hofausganges, um die Vögel anzulocken.
Sie kamen jedesmal sofort und schlagartig in Scharen mit stiebenden Federn angeflattert. Meine Mutter war von dieser Prozedur eher weniger angetan. Die Beseitigung des Drecks blieb immer an ihr hängen.