An der Elbe

Kurzprosa

von  uwesch

Das letzte Jahr in Hamburg war oft langsam und planlos. Ich schaute und horchte: Suchte auf langen Spaziergängen an der Elbe Erinnerungen und ein Fundament für Entscheidungen. Zuoberst lagen die älteren, denen ich manchmal misstraute. Ich hielt sie für unbrauchbar im Hinblick auf das, was zu tun war.

Es gab Nebelmorgen, die alles infrage stellten. Die Regeln, in denen ich mich normalerweise bewegte, und alles Tagtägliche waren aufgehoben: Kein Diesseits mehr gegenüber dem Jenseits. Nur die Nebelhörner der wenigen nichtsichtbaren Schiffe tuteten verloren im Nichts.

Es gab Herbsttage, an denen Hochwasser jede Ordnung unterspülte. Die Sturmfluten stiegen langsam. Schwappten über die Uferkanten und Weidenbüsche. Griffen nach Dingen, die unantastbar und fest verankert schienen. Nach Bänken, Tischen, kleinen Kiosken und an Land gelagerten Booten. Dort, wo die Uferwege und Lagerplätze noch gepflegt waren. Das Wasser holte weg und brachte anderes. Abfälle, Plastikteile, Flaschen, Hölzer, allerhand Fremdes. Wenn es mit der Ebbe fiel, blieb ein Streifen des Verheerens zurück.

So ähnlich ging es mir vor meiner Flucht aus Hamburg, wie man es auch nennen könnte. Ich wollte alles hinter mir lassen und ein neues Leben beginnen. Zurück auf LOS, wie es beim Monopoly-Spielen so schön heißt.

Ich wusste, dass meine großstädtische Weitläufigkeit und die vielen Reisen in andere Weltregionen mich für Ernstfälle ausgestattet hatten – und für die Liebe. Denn wer sich nie in Ungewissheiten begeben hat wird niemals erfahren wer er ist.



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Kommentare zu diesem Text


 franky (03.03.24, 10:41)
Hi lieber Uwe
 
Vor Entscheidungen und Problemen kann man nicht fliehen,
sie holen Dich immer wieder ein.
 
Grüße von Franky

 uwesch meinte dazu am 03.03.24 um 11:55:
Ja, so ist das nun mal. Irgendwann kapieren das die meisten Menschen, aber wohl einige nie.
Dank Dir für deine Empfehlungen und LG Uwe

 Tula (03.03.24, 11:46)
Moin Uwe
Reisen bildet. Was die Ungewissheiten der Liebe angeht, lernt man allerdings wohl nie aus. 

Grüße an die Elbe
Tula

 uwesch antwortete darauf am 03.03.24 um 11:56:
Da ist was dran. Dank Dir für Kommi und Empfehlung. LG Uwe

 harzgebirgler (03.03.24, 14:28)
so absolut stimmt das eher nicht:
kant blieb zeitlebens in königsberg
schaffend dort ein geistgigantenwerk
aus quasi grenzenloser einsicht. :D lg vom harzer

 uwesch schrieb daraufhin am 03.03.24 um 16:37:
Klar, man  kann natürlich nicht alles verallgemeinern. Dank für Deine Empfehlung und LG von Uwe

 Agnetia (03.03.24, 18:35)
oh ja, im kalten Meer lernt man schwimmen, nicht in der Badewanne... Schmunzeln von Agnete

 uwesch äußerte darauf am 03.03.24 um 18:50:
Leider kann man das nicht so lange aushalten, sodass man dann öfter üben muss. Das war zu meiner Zeit in der Flensburger Förde nicht allzu angenehm, aber ich habe es einfach durchgezogen und nie bereut.
Dank Dir für Kommi und Empfehlung. LG Uwe
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