Momente im Mai

Das Übel muss bei der Wurzel gepackt werden, denke ich, während ich missmutig den Efeu von der Wand reiße. Ich mag ihn, aber die Genossenschaft nicht. Er macht die Fassade kaputt, sie meinten, sonst schicken sie eine Firma auf Kosten der Mieter. 

Mit einer Drahtbürste entferne ich die Reste und dies wütend, wirklich wütend, wenngleich mich diese Arbeit, eigentlich die Bewegung, zufriedenstellt. Einerseits - andererseits, wie fast alles. 

Und, wenn ich schon dabei bin, schneide ich wegstehenden Äste der Thujen weg, den Strauch zurecht, zupfe das Unkraut aus den Rosen, befülle die Töpfe mit Kaffeesud, wegen der Blattläuse, setze in die leeren Töpfe Blumensamen für Sommerblumen, schmeiße die Reste des Vogelfutters weg, lasse die Asseln Asseln sein, gieße die Rosen, Erdbeeren und die Zitronenmelisse, stelle Wassergefäße für dìe Igel und Vögel auf, denke, dass ich Unordnung nicht mag, nur in meinem Garten stört mich das nicht, ich brauche keinen englischen Garten. Und dann erst höre ich auf. Über meinem Kopf ist noch Efeu geblieben, ich werde mir eine höhere Leiter kaufen, das kommt mir immer noch billiger als diese Firma, denke ich. 

Ein paar Maikäfer sind geschlüpft und surren wie eine Motor Guzzi durch den Garten. Es raschelt in den Zweigen, eine fremde Katze sieht mir zu, ich gehe in die Hocke und bitte sie zu mir, sie überlegt kurz, dann traut sie sich, ich streichle sie, sie schnurrt, wir kennen uns. 

Meine Katze sitzt auf dem Fensterbrett, ganz gerade und hat die Augen geschlossen. Sie lässt sich sonnen, ist dabei eingeschlafen. 

Eigentlich ist der Mensch nie alleine, das denke ich.