Rechtspsychologie

Text

von  Mondscheinsonate

Pfui, Teufel, wie widerlich es doch ist, Psychologie zu lernen. Dabei habe ich nur einen kleinen Ausschnitt über das Gedächtnis, Wahrnehmung und Verarbeitung. Ein Experiment jagt das nächste, die muss der Student alle wissen und dann das "Ich bin dem Rest der Welt so erhaben"-Geschwafel mit Fachausdrücken, damit es wichtiger klingt. Das ist schlichtweg langweilig. Und ja, ein jeder könnte mir nun kontern, meinen, das hätte ich doch auch in den Rechtswissenschaften. Richtig, aber das interessiert mich, somit ist mein Urteil rein subjektiv. 

Was mir aber gerade gefiel, dass die Forscher Vorurteile (=Schubladendenken) messen können, dies mit dem IAT-Test, den Harvard Implicit Association Test. Sie fanden heraus, dass die, die Vorurteile gegenüber bestimmter Gruppen haben, schnell denken. Die, die das nicht haben, langsamer. Das amüsierte mich sehr. Auf Deutsch: Sie denken nicht mehr nach, quatschen nur noch. 

Auch lernte ich, dass das Lügen einer kognitiven Höchstleistung bedarf (was man dann etwas verpatzt, wenn man nicht denken kann). Schon Voltaire sagte:"Ein Lügner muss ein gutes Gedächtnis haben." 

Die Vernehmungspraktiken und diese vorallem bei Kindesmissbrauch nimmt den Hauptteil meines Lernens ein. Interessant, die Wormser Prozesse, die hatte ich schon fast vergessen und dann die Beeinflussung in der Rechtssprechung. 

Eigentlich, 70% unserer Erinnerungen sind bereits verfälscht, wenn wir uns wieder erinnern. Es war fast nie so wie wir es glauben, das ist traurig. Sich das Leben erfinden, auch nicht schlecht, besonders Kinder und ältere Menschen sind anfälliger darauf, Dinge zu erfinden, die nie stattgefunden haben. Sie lügen nicht, sie glauben es fest. Sehen irgendwo eine Doku über XY und glauben, selbst dort gewesen zu sein. Wie hieß schon Calderóns Stück: "Das Leben ein Traum."

Es ist dann aber schwierig, mit diesen Gruppen im Zeugenstand zu agieren, sie beharren darauf, natürlich, weil sie es glauben. 


Oh, ich wäre eine denkbar ungeeignete Zeugin, weil ich mir fremde Personen nie merke, grundsätzlich sind sie mir egal. Vorbeigegangen, aus dem Kopf. 

Die Professorin sagte, das sei nicht weiter schlimm, sie habe das auch. Zumeist passiert mir das Überlappen, auch das habe ich gelernt, ich beschreibe nicht die Person, sondern die, die ich zuvor gesehen habe. Woher die plötzlich kam, weiß ich nicht. Letztens beschrieb ich eine Kellnerin, dann sahen wir sie wieder, sie sah ganz anders aus, dafür sah die Verkäuferin vom Bäcker so aus wie ich die Kellnerin beschrieb. Spannend. 

Menschen, die mir wichtig sind, präge ich mir aufmerksam ein, da weiß ich jedes Merkmal, funktioniert das Gehirn noch Jahrzehnte, was der Besuch von Andi im Spital bewies. 

Es wäre nicht uninteressant, was ich lernen muss, wenn es mich interessieren würde. Ernsthaft. Ich hasse Stichworte lernen, brauche ganze Sätze. Die gab sie uns nicht, die Frau Professor und so mache ich einen "Recall" ("ich erinnere mich") aus der Vorlesung, die ich mir volle 20 Stunden ansah, wobei die Hälfte eigentlich nur Experimente lieferte (wo wir mitmachen mussten), wo herauskam, dass der Großteil Pfosten sind, uncharmant ausgedrückt, unsere Aufmerksamkeit beläuft sich fast nie auf 100%. Wie auch? Wir sind zu fokussiert auf bestimmte Dinge, den Rest blenden wir aus. 


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Kommentare zu diesem Text


 franky (05.05.24, 11:14)
Hi liebe Cori
 
sie uns nicht, die Frau Professor und so mache ich einen "Recall" ("ich erinnere mich") aus der Vorlesung, die ich mir volle 20 Stunden ansah,“
In zwanzig Stunden wäre ich schon bewusstlos!
 
Liebe Grüße nach Wien von Franky  

 Mondscheinsonate meinte dazu am 05.05.24 um 14:25:
So öd, aber nicht in einem Rutsch, es waren 3 Vorlesungen.

 Maroon (05.05.24, 13:38)
Ich finde das Thema "Rechtspsychologie" als Laie sehr interessant - gerade was Wahrnehmung und Zeugenbefragung betrifft. Aber ich muss es halt auch nicht lernen und mich mit den genannten Lernmethoden herumschlagen.

Schön, dass die Harvard-Studie bestätigt, wovon ich im Grunde meines Herzens schon immer überzeugt war ... ;)

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 05.05.24 um 14:24:
https://www.zeit.de/zett/2017-12/dieser-test-zeigt-dir-welche-vorurteile-du-wirklich-hast

Also, lernen ist mühsam, wirklich. Es gibt wirklich viele Experimente. Letztens sah ich wieder Die 12 Geschworenen - deutsche Version. Wie schnell Vorurteile erkannt wurden, wenn darüber diskutiert wird, ist bezeichnend gewesen.

 Maroon schrieb daraufhin am 15.05.24 um 09:44:
Interessanter Link, den ich gerne ausprobiert habe. Danke! :)

lg
Maroon
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