Schweizer Käseallerlei

Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze


Eine archivierte Kolumne von  Maya_Gähler

Montag, 22. Oktober 2007, 10:31
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Die Erste

Jetzt kommt sie wieder die Zeit der gemütlichen, wenn auch manchmal sehr stinkigen, Fondue- und Raclettefeste. Meist werden irgendwelche Räume in Schulen oder Mehrzweckhallen herbstlich oder winterlich dekoriert und man lockt die Gäste mit immer neuen Kreationen an. So einen Raum zu füllen ist keine Schwierigkeit, denn die Schweizer lassen sich da nicht lange bitten. Käse ist und bleibt nun mal eine Leib- und Magenspeise der Eidgenossen und der Schweizer.
Ja, es gibt tatsächlich einen Unterschied, aber den erkläre ich ein andermal. Zurück zum Fondue- oder Racletteplausch.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Erfahrung mit so einer Käseorgie. Es erschlug mich fast, als ich den Raum erwartungsvoll betrat. Toll dekoriert mit alten Skiern und sonstigen Wintersportgeräten der früheren Zeit, wo man sich schon fragt, konnte man auf diesen Dingern tatsächlich fahren?
Es war schon mächtig viel Betrieb, doch wir fanden Platz bei Leuten, die wir aus der Nachbarschaft kannten. Mit den Gepflogenheiten noch nicht so vertraut, sah ich mich interessiert um. Die Stimmung war sehr fröhlich und steckte richtig an. Auch das „Personal“ war total gut drauf und servierte recht flott. Meist sind es Vereine, die so einen Anlass durchführen, um die Vereinskasse aufzubessern. Dementsprechend sind es also selten Leute vom Fach. Damals war ich aber noch vom „Fach“. Schliesslich bin ich in einer richtigen deutschen Wirtschaft mit gutbürgerlicher Küche (Schnitzel so gross wie WC-Deckel) aufgewachsen. Meine Erfahrungen, über mehrere Jahre, in der Schweizer Hotellerie waren wertvoll und prägend.
So staunte ich dann nicht schlecht, wie unkonventionell serviert wurde. Aber schliesslich waren sie gut gelaunt und man sah über das eine oder andere grosszügig hinweg. Alles Erfahrungen, die man verdauen muss.
Da ich aber ein lernwilliger und auch lernfähiger Mensch bin, öffnete ich mich dieser für mich neuen Art, des Kundendienstes. Also kein Problem, wenn der unverpackte Würfelzucker aus der Hand freundlich auf den Tisch gelegt wird.

Ja und dass man den Löffel nach dem Rühren des Kaffees einfach hinter sich wirft und das Servicepersonal diesen mit lustigen Kommentaren suchen geht, das war schon grosses Kino. Vor allem Spass macht es, wenn es von einer ganzen Gruppe gleichzeitig zelebriert wird und plötzlich massenweise Kaffeelöffel durch die Gegend fliegen, da kommen richtige Kunstflüge zustande. Das Personal wird auch nicht müde, dies immer wieder zu beklatschen und mit noch lustigeren Sprüchen zu kommentieren. Besonders hohe Punkte erzielt man, wenn so ein Löffel plötzlich in einem Fonduecaquelon (so heisst die Käsefonduepfanne) landet. Man kann das Flugobjekt ja einfach mit den Fingern wieder herausnehmen, auch wenn man Gefahr läuft, sich die selbigen zu verbrennen. Selbst wenn es nicht die eigene Käsepfanne ist. Alles kein Problem.
Ich war wirklich positiv erstaunt, wie legere man mit solchen Aktionen umgeht. Die Stimmung wurde dadurch schliesslich erst so richtig angeheizt.
Und was glaubt ihr, wie die Stimmung steigt, wenn einer sein Brot im Käse verliert. Da werden dann noch lustigere Spiele gespielt, als Löffelweitwurf.

Neugierig? Dann erzähle ich dies gerne mal bei anderer Gelegenheit.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 AZU20 (22.10.07)
Witzig erzählt, liebe Gudrun. Ich fahre oft zum Skifahren in die Schweiz und liebe Raclette.
Ich hatte allerdings auch Probleme, als der Kellner mich zum ersten Mal fragte: Sind Sie bedient? Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Eigentlich hatte es mir geschmeckt.
Beim Raclette ließ ich mich einmal darauf ein, einen Preis dafür zu bezahlen, essen zu dürfen, so lange ich wollte. Ich schaffte aber nur zweieinhalb Portionen und zahlte so mehr als ich bei Einzelabrechnung bezahlt hätte. Das wussten die geschäftstüchtigen Schweizer ganz offensichtlich.
Du siehst, deine Erzählungen sind sehr anregend, eigene Erlebnisse aus dem Gedächtnis hoch zu holen.
Weiter so!!!

LG Armin

 GillSans (22.10.07)
Erstmal: herzlichen Glückwunsch zu Deiner, wie ich meine, herrlich ironisch und gelungenen ersten Kolumne.
Ich selbst liebe Käsefondue, aber ich habe beim Genuss desselben noch keinerlei Spielerreien vollführt. Aber mal schauen, wenn ich dann den nächsten Text hier von Dir lese, komme ich vielleicht auch auf den Geschmack
LG die Gill

 tulpenrot (22.10.07)
Das ist ja wirklcih herrlich! so also isst man Käsefondue? Mit Kaffelöffeln!! Na, da hab ich aber noch viiiel Nacholbedarf!
Aber Käsefondue ist ein Bestandteil meiner internationalen Küche. Und es ist immer ein Höhepunkt - ich ess es lieber als Fleischfondue.

Jetzt schau ich dann mal öfter hier über die Grenze .... grins.
Angelika, die sich allerdinsg fragt, wieso sie jetzt im Moemnt sooo furchtbar viel Appetit auf einen Kaffeelöffel hat ... äähmm einen Kaffee hat? Liegts an der der Uhrzeit? 12.57 Uhr.

 Isaban (22.10.07)
Mit Vergnügen gelesen, liebe Maya, deine höchst informative Kolumne.
Ich muss wohl Schweizer Vorfahren haben, zumindest in meinen Söhnen scheinen die Gene noch ab und an durch zuschlagen.

Liebe Grüße aus Essen,
Sabine
Lena (58)
(22.10.07)
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 Theseusel (22.10.07)
Ist schon ein Schmarrm midm Käs'*g* kein Klischee wird ausgelassen:

Die Peitsche, die Peitsche!!
Oder war es in den Zürichsee mit einem Gewicht an den Füßen?

Kuckuck...viel Glück:)
eprom† (77)
(23.10.07)
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 souldeep (23.10.07)
man sagt ja vom käse, dass er fäden zieht - bezieht man das auf
andere dinge, sieht es nicht gut aus, dann ist eine klebrige und
unangenehme hafteigenschaft gemeint. beim schweizer fondue
jedoch sind solche fäden nur für neue spiele anregend...und der
spruch FIGUGEGEL, der hat schon was, vorausgesetzt, man mag
fondue.

es stinkt. das ist wahr.
und ich würde es niemals in einer halle essen. mir würde der
apetit nicht nur wegen des gestankes vergehen...

meine mutter kam ganz jung als dänin in die schweiz und hätte
fast erbrechen wollen beim ersten fondue...wie in aller welt
können die das essen? hat sie sich gefragt. aber weisst du was?
mit jedem weiteren fondue über die jahre hat sie es lieber gewonnen.
heute liebt sie es und kriegt es viel zu wenig...-ich glaube, ich lade
sie demnächst dazu ein.

*grinsegrüsse dir*

ich finde, du hast den ton und einige episoden, die so eine kolumne
interessant machen - also weiter so.
:)))
herzlichst
kirsten

 telephassa (23.10.07)
Sehr gerne gelesen. Weiter so.
Grüße Telephassa
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